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# taz.de -- Bericht zu Berliner Antiziganismus: Zu viel bleibt im Dunkeln
> Nicht einfach abhaken: Der Dokumentationsbericht Antiziganismus ist ein
> weiteres Indiz für tiefsitzende Vorurteile in Behörden. Ein
> Wochenkommentar.
Bild: Seit Jahren protestieren Menschen am internationalen Roma Day gegen Antiz…
Ist das kein Grund zur Besorgnis? 137 Diskriminierungsfälle hat die
Dokumentationsstelle Antiziganismus [1][diese Woche in ihrem Jahresbericht
2021] veröffentlicht. Die Versuchung ist groß, sie als 137 bedauerliche
Einzelfälle abzuhaken. Bis zum nächsten Jahresbericht.
Wir könnten aber auch einmal innehalten und die Indizien dafür wahrnehmen,
dass der Antiziganismus in dieser Stadt ein so tiefsitzendes Phänomen ist,
dass er nicht einmal ausreichend problematisiert wird. Und wenn 137 Fälle
dafür nicht genügen, dann muss die Konsequenz sein: Eine systematischere
Erfassung antiziganistischer Einstellungen in allen staatlichen
Einrichtungen, die über das Leben von Menschen entscheiden.
Die im [2][Jahresbericht] dokumentierten Fälle durchziehen alle
Lebensbereiche: Wohnen, Arbeiten, Bildung, Freizeit. Und immer wieder wird
auch von Seiten der Behörden diskriminiert: Sachbearbeiter:innen in
Jobcentern, bei Familienkassen, in der Kinder- und Jugendhilfe, bei der
Polizei, beim Schulamt. Sie erfassen widerrechtlich Roma-Hintergründe,
verlangen zusätzliche Unterlagen, verzögern die Erbringung
existenzsichernder Leistungen oder verwehren diese ganz.
Die Fälle aus dem Dokumentationsbericht können dabei nur einen Hinweis
darauf geben, wie tief verankert, ja selbstverständlich antiziganistische
Vorurteile sind. Wie viel von „Stimmt doch auch irgendwie, ich kenn da die
und die Geschichte“ steckt in dem Misstrauen und dem Generalverdacht des
vermeintlichen Leistungsbetrugs? Wie wenig werden diese Stereotype
ernsthaft in Frage gestellt und mit der Wirklichkeit abgeglichen?
Dass die bundesweit einzigartige Dokumentationsstelle mit gerade mal drei
Halbtagsstellen arbeitet und in Pandemiezeiten wesentliche Meldemechanismen
weggebrochen sind, deutet außerdem darauf hin, dass die dokumentierten
Fälle nur der offensichtlichste Bruchteil einer Vielzahl von Ereignissen
ist.
## Betroffen sind oft Menschen auf der Flucht
Die Stigmatisierung trifft vor allem Menschen, die sich – häufig auf der
Flucht aus Ländern, in denen sie ebenfalls diskriminiert wurden – in
existenziellen Notsituationen befinden. Dass wiederholte Benachteiligung
nicht genau zu den Phänomenen Abschottung, Verarmung und Kriminalisierung
führt, aus denen sich das vermeintlich begründete Misstrauen zehrte, liegt
in der Verantwortung der Politik. Es ist Aufgabe des Senats, eine
umfangreiche Sensibilisierung von Entscheidungsträger:innen in allen
relevanten Behörden und Institutionen anzustoßen, Roma-Selbstvertretungen
weiter zu stärken und niedrigschwellige Beschwerdestrukturen etwa im
Schulbereich einzurichten.
Wenn die Hinweise aus dem Dokumentationsbericht dafür nicht ausreichen,
dann ist es Zeit für eine systematische Erfassung antiziganistischer
Ressentiments in allen relevanten Behörden und Einrichtungen – so wie wir
es aus Polizeistudien zu rassistischen Einstellungen kennen. Es ist zu
viel, was bislang im Dunkeln bleibt.
2 Apr 2022
## LINKS
[1] /Diskriminierung-von-Berliner-Roma/!5841794
[2] https://amaroforo.de/wp-content/uploads/2022/03/DOSTA-Kurzbericht-1.pdf
## AUTOREN
Manuela Heim
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