# taz.de -- Die Kunst der Woche für Berlin: Am Viertelmorgen | |
> Innere Landschaften, farbenreiche Gärten, ein Wald bei Nacht: Die Galerie | |
> Soy Capitán zeigt Gezeichnetes und wie gut sich Malerei und Papier | |
> verstehen. | |
Bild: Installationsansicht „The Innerworld of the Outerworld of the Innerworl… | |
Im Innern der Nacht. Daußen, im Außen, das Licht – oder doch ganz im Kern | |
der Farbe: Die Gruppenausstellung [1][„The Innerworld of the Outerworld of | |
the Innerworld“] vereint farbenreiche Landschaftsmalerei mit zeichnerischen | |
Spielen aus Helligkeit und Dunkelheit. In der von Heike Tosun, Sophie | |
Prager und Christian Malycha konzipierten Schau bei Soy Capitán sind neben | |
Grace Weaver als Künstlerin der Galerie noch sieben Gastpositionen | |
vertreten. Mit diesen ausgezeichneten Werken auf Besuch wird die Galerie | |
für einen magischen Moment zum Museum. Zeigt sich hier doch, welche enge | |
Beziehung Malerei und Papier eingehen können. | |
Allein das wäre schon ein Thema für sich. Bei André Butzers satten Linien | |
zum Beispiel verbinden sich Acryl, Lack und Wachskreiden. Hinzu kommt die | |
einladende Farbigkeit der Werke. Lee Piechockis Arbeiten entstanden spürbar | |
en plein air. Auf „Invasive Plants in Yard“ (2017) sind nicht nur die | |
Pflanzen vor einem Gartenzaun frei gewachsen, die Farben sind – wie auch | |
ganz fantastisch bei Mònica Subidè – satt, invasiv, leuchtend. | |
Und wie viel Farbe bleibt sichtbar bei Nacht? Auf Piechockis „This Weird | |
Fence I Saw While on A Walk in Los Angeles: On The Fourth of July, Near a | |
Cementery“ (2017) taucht der Zaun wieder auf, die Blätter und Pflanzenteile | |
sind in Dunkelheit getaucht, doch vor den grau-schwarzen Schwaden treten | |
Linien in kräftigem Buntstift ins Bild, Farben der Nacht, die sich | |
vielleicht tagsüber aufgeladen haben. | |
Bei Matt Jones leuchten die Baumstümpfe und Pilze selbst am Waldboden | |
weiter. Auf „Eighteen tree stumps and various fungi at night“ (2020) | |
verbinden sich Stangentusche und Wasserfarbe zu einem dichten Getummel, das | |
an kurz in Licht getauchte Tiefseetiere erinnert. | |
## Magischer Morgen, magische Stunde | |
Hauchdünne Transparenz auch auf Sophie von Hellermanns „The Dawn of | |
Everything“ (2022) auf dem die Figuren sich gerade so hinter zwei | |
hochragenden Nadelbäumen andeuten. Bei Grace Weaver, Dana Schutz und Eric | |
P.S. Degenhardt ist es wiederum die Abwesenheit der Farbe, die den Blick zu | |
binden weiß. | |
Degenhardts abstrakte ‚palindromatische‘ Arbeit aus Tinte auf Papier, | |
„untitled (Rood-Door)“ von 2021, formt vier zarte Netze aus Licht und | |
Schatten und wirkt auf den ersten Blick wie ein Siebdruck. Tatsächlich | |
experimentiert der Künstler aber mit dem direkten Auftragen der Tinte und | |
erzeugt so einen seriellen Vierklang auf ein und demselben Bogen Papier. | |
„Rood“, das könnte ein Kreuz in einem Fensterrahmen andeuten (wie widerum | |
eines bei Weaver zu sehen ist) – oder die anglo-amerikanische | |
Flächeneinheit, auf Deutsch auch „Viertelmorgen“ genannt. Vielleicht ist es | |
auch einfach an der Zeit, die Zeit als Fläche zu denken. Viertelmorgen, das | |
ist die Stunde, zu der die hier gezeigten Arbeiten ihr Publikum | |
zusammenrufen. „The Magic Hour“ hat Tacita Dean das einmal genannt. | |
12 Apr 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://soycapitan.de/exhibitions/the-innerworld-of-the-outerworld-of-the-i… | |
## AUTOREN | |
Noemi Molitor | |
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