# taz.de -- Die Kunst der Woche für Berlin: Dreh- und Angelpunkt der Malerei | |
> El Hadji Sy ist performativer Maler und räumlicher Freidenker. Seine | |
> erste Einzelaustellung bei Barbara Thumm folgt einer großartigen | |
> Choreografie. | |
Bild: El Hadji Sy malt Bilder, die von selbst stehen. Aktuell zu sehen bei Barb… | |
Bilder, die sich jederzeit wieder zusammenklappen könnten, verschließen | |
sogar, wären sie nicht an den Außenseiten bemalt. In seiner Ausstellung in | |
der Kreuzberger [1][Galerie Barbara Thumm] stehen die Gemälde El Hadji Sys | |
mitten im Raum, mal als aufgeklapptes Bildpaar, mal mobil wie Drehtüren, | |
wie die beiden Arbeiten, die im Türrahmen zum Hauptraum der Galerie ihren | |
Platz eingenommen haben. | |
Um ihre Verwandten zu sehen, muss man zwischen ihnen hindurch schreiten, | |
fast streift man sie, was dem Künstler, der die Regeln der Distanz zwischen | |
Publikum und Werk, die in Museen herrschen, grundsätzlich in Frage stellt, | |
vielleicht gerade Recht ist. Wie der Text zur Ausstellung andeutet, tritt | |
El Hadji Sy hier als „Künstler-Szenograf“ auf. | |
Künstlerische Selbstbestimmtheit und eine [2][postkoloniale | |
Kunstgeschichte], die queer zu jeglicher Homogenisierung verläuft, | |
beschäftigen El Hadji Sy schon lange. In den 1970ern begründete er das | |
erste Village des Arts (1977–1983) bei Dakar – ein Ort des | |
Experimentierens, vor allem aber der künstlerischen Solidarität und | |
Kollektivität, des Commons, wie die Ausstellung [3][„Freistaat Barackia: | |
Landscapes of Liberation“] im Kunstraum Kreuzberg letzten November | |
eindrücklich dokumentierte. | |
Das Freistehende seiner Arbeiten, die hier in Berlin unter dem Titel | |
„Silhouettes Critiques“ ausgestellt sind, verleiht ihnen räumliche Präsen… | |
etwas Wesenhaftes, wobei es hier neben dem Anthropomorphen in der Form auch | |
deutlich um das Wesenhafte der Malfarben und -gründe geht, um die Präsenz | |
des Materials. | |
El Hadji Sy malt mit Öl und Acryl, Teer und Wachs, mal auf Holz wie bei den | |
über zwei Meter hohen aufgeklappten Gemälden. Dann wieder auf | |
galvanisierten Stahl wie bei den Wandarbeiten, auf denen sich die | |
Schnelligkeit der Geste und die Sättigung mit schwarzem Teer eindringlich | |
verdichten. | |
Das Ablaufen, das Hin- und Hertasten zwischen den Koordinaten der Werke | |
ergibt eine eigene Choregrafie. Dieses körperliche Eingebundensein, das | |
Bewegen nach den räumlichen Rhythmen der Werke, formt einen Spiegel zum | |
performativen Malstil El Hadji Sys, der früh begann, mit den Füßen zu | |
malen. Und so dürfen wir ihn hier in Kreuzberg auch als | |
Künstler-Choreografen erleben. | |
31 May 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://bthumm.de/ | |
[2] /Postkoloniale-senegalesische-Kunst/!5017434 | |
[3] /Ausstellung-zu-Dekolonialem-Urbanismus/!5823452 | |
## AUTOREN | |
Noemi Molitor | |
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