| # taz.de -- Ostermärsche in Berlin: Frieden schaffen, auch mit Waffen | |
| > Der Berliner Ostermarsch stellt sich gegen jede Aufrüstung. Eine | |
| > syrisch-ukrainische Gegenveranstaltung wirbt für das Recht auf | |
| > Verteidigung. | |
| Bild: 1967 demonstrierten viele für den Frieden beim Ostermarsch in Berlin | |
| Berlin taz | Beim Berliner Ostermarsch will man sich in diesem Jahr sehr | |
| deutlich gegen die [1][100 Milliarden Euro für die Bundeswehr] | |
| positionieren. Diese Summe hatte die Bundesregierung im März als Reaktion | |
| auf Russlands Angriff auf die Ukraine beschlossen. Das Geld solle | |
| stattdessen in „soziale, ökologische, kulturelle und völkerverbindende | |
| Projekte“ fließen, heißt es bei der Friedenskoordination Berlin, die zum | |
| Ostermarsch am Samstag aufruft. Darüber hinaus soll das Nato-Ziel, 2 | |
| Prozent des Bruttoinlandsprodukts ins Militär zu investieren, nicht | |
| zugesagt werden. | |
| Gerade jetzt sei es wichtig, in der Öffentlichkeit für Friedenspolitik und | |
| Abrüstung einzustehen, sagte Laura von Wimmersperg eine Vertreterin der | |
| Initiative bei einem Pressegespräch am Mittwoch. „Der Krieg hat nicht am | |
| 24. Februar begonnen, sondern bereits vor 10 bis 15 Jahren“, sagte sie. | |
| Seitens der Nato seien die Sicherheitsbedenken Russlands ignoriert und | |
| Abrüstungsverträge gebrochen worden. „Die Angst auf russischer Seite ist | |
| groß.“ Von Wimmersperg fügte hinzu, dass man natürlich auch gegen den Krieg | |
| sei, aber eben seine „Genese verstanden werden“ müsse, um „vernünftig �… | |
| Lösungen nachdenken zu können“. | |
| In den Fragen nach der Schuld am Krieg in der Ukraine sowie nach seinen | |
| Lösungsmöglichkeiten sieht sich [2][die Friedensbewegung vor der | |
| Zerreißprobe]. „Es gibt viele unterschiedliche Positionen zum Krieg“, sagte | |
| Christiane Reymann, die beim Ostermarsch eine Rede halten wird. „Die | |
| Debatten laufen, wir müssen dabei großherzig bleiben.“ Von Wimmersperg | |
| betonte, eine „Dämonisierung des Feindes“ sei nicht zielführend. | |
| Nationalflaggen seien auf dem Ostermarsch nicht verboten, sagte die | |
| Initiative auf Nachfrage. Deswegen würde man auch nicht einschreiten, wenn | |
| Teilnehmer*innen die russische Flagge tragen würden. Banner mit | |
| Aufschriften wie „Putin der Aggressor“ seien hingegen nicht erwünscht, sie | |
| würden nicht zu den Positionen des Ostermarschs passen. | |
| ## Besonders stark in den 1960ern und 1980ern | |
| Ostermärsche gegen Krieg und Militarisierung gibt es schon seit den 1950er | |
| Jahren. Besonders stark waren sie in den 1960ern und 1980ern. Seit der | |
| Wende verloren sie an Bedeutung. Damals sei die „Hoffnung der Menschen noch | |
| groß gewesen, auf der Straße etwas gegen das weltweite Wettrüsten und | |
| Kriegstreiben ausrichten zu können“, sagte von Wimmersperg. Die Zeit nach | |
| der Wende sei ein kurzer Lichtblick für einen möglichen Frieden in Europa | |
| gewesen. Viele hätten sich damals aus der Friedensbewegung zurückgezogen, | |
| da sie das Ziel erreicht sahen. | |
| Die Sprecher*innen der Friedenskoordination beklagen, dass sich die | |
| Gesellschaft mehr und mehr an Militarismus gewöhnt habe, auch durch die | |
| „indirekte Kriegsbeteiligung Deutschlands durch Waffenexporte in alle | |
| Welt“. Sie selbst sehen sich in der Rolle, für ein friedliches Bewusstsein | |
| in der Bevölkerung zu werben. Von Wimmersperg zieht in Betracht, dass | |
| möglicherweise durch die aktuelle Kriegssituation mehr Menschen als in | |
| anderen Jahren am Ostermarsch teilnehmen könnten. | |
| Bei der Initiative Adopt a Revolution hat man für die Positionen der | |
| Friedenskoordination kein Verständnis. Die Initiative setzt sich in | |
| Deutschland für die syrische Zivilgesellschaft ein. Insbesondere das | |
| Verständnis für Russland sehen sie dort kritisch. Adopt a Revolution | |
| mobilisiert deshalb zum „Alternativen Ostermarsch“. Konkret kritisieren | |
| sie, dass der Aufruf des „Berliner Ostermarsches“ die russische Aggression | |
| und das [3][Recht auf Selbstverteidigung] mit keinem Wort erwähnt. | |
| „Das entsetzt uns und bewegt uns“, schreiben sie in ihrem eigenen Aufruf. | |
| Sie kündigen an, gemeinsam mit ukrainischen und syrischen | |
| Aktivist*innen und mit solidarischen Unterstützer*innen auf die | |
| Straße zu gehen. Auf dem alternativen Marsch wolle man für Frieden, | |
| Freiheit und Gerechtigkeit und gegen russische Angriffskriege | |
| demonstrieren. | |
| „Radikaler Pazifismus ist nicht unbedingt friedensförderlich. Das haben wir | |
| schon in Syrien gesehen“, sagte Ferdinand Dürr, ein Sprecher der | |
| Initiative, der taz. „Wir beziehen uns nicht positiv auf Waffenlieferungen, | |
| schließen sie aber auch nicht aus“, sagte er auf die Frage, ob auf ihrem | |
| Ostermarsch auch zu Waffenlieferungen in die Ukraine aufgerufen würde. „So | |
| können unterschiedliche Gruppen im Demobündnis Unterschiedliches fordern.“ | |
| Gemeinsame Position sei es, der Zivilbevölkerung zuzuhören. Sie seien | |
| diejenigen, die beschossen werden und ihre Häuser verlieren. „Wenn sie | |
| einen militärischen Arm zur Verteidigung fordern, ist das legitim“, sagte | |
| Dürr. | |
| 14 Apr 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Tobias Bachmann | |
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