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# taz.de -- Linke Bewegung und der Ukraine-Krieg: Solidarität, aber richtig
> Ob Widerstand gegen russische Invasoren oder Unterdrückung von LGBTQI:
> Die Grundlage für solidarisches Handeln ist oft, erst einmal zuzuhören.
Bild: Klingt erst mal vernünftig, doch der Krieg kam diesmal zuerst
Fast vier Monate ist es nun her, seitdem dem Putin seinen ausgewachsenen
Angriffskrieg auf die Ukraine begann. [1][Im Osten des Landes tobt ein
brutaler Abnutzungskrieg], bei dem nur wenig Geländegewinne gemacht werden,
aber täglich hunderte Soldaten im russischen Artilleriefeuer getötet oder
verwundet werden. Auch auf russischer Seite dürften die Verluste immer
weiter steigen, auch wenn keine genauen Zahlen bekannt sind.
Für viele Linke in Deutschland scheint es jedoch auch nach über hundert
Kriegstagen schwer zu fallen, [2][eine solidarische Haltung gegenüber den
Menschen in der Ukraine zu entwickeln].
Gegen Losungen wie „Gegen jeden Krieg“ und der „Hauptfeind steht im eigen…
Land“ ist angesichts der vielen NATO-Kriege der Vergangenheit nichts
einzuwenden, jedoch bieten diese Positionen kaum Ansätze für politisches
Handeln, das die Situation in der Ukraine konkret verbessert. Würde [3][die
umstrittene US-Airbase in Ramstein] morgen geschlossen werden, würden nicht
weniger Menschen in der Ukraine sterben.
## Praktische Solidarität statt Oberlehrerhaftigkeit
Die Forderung nach einem durch diplomatischen Druck erwirkten
Waffenstillstand scheint da eine elegantere Lösung. Sie krankt aber daran,
dass ukrainische Perspektiven in den meisten Fällen weitesgehend ignoriert
werden. Da wird schonmal empfohlen, [4][einfach den Osten des Landes
russischer Besatzung zu überlassen,] um den Krieg zu beenden. Doch die
Entscheidung, ob sie kämpfen oder unter Besatzung leben wollen, können nur
die Menschen in der Ukraine selbst treffen.
Wie lassen sich vor allem die progressiven Kräfte vor Ort praktisch
unterstützen? Ein erster Schritt wäre es, linken Stimmen aus der Ukraine
zuzuhören. Aus diesem Grund veranstaltet der Arbeitskreis Geschichte
sozialer Bewegungen Ost-West [5][die Diskussions-veranstaltung „Der Krieg,
die Ukraine und das Dilemma der Linken mit der Solidarität“]. Eingeladen
sind neben ukrainischen Linken auch zwei deutsche Journalist:innen, die vor
kurzem vor Ort bei einem Vernetzungstreffen in Lwiw waren (Mittwoch, 22.
Juni, 20 Uhr, Buchhandlung Schwarze Risse, Gneisenaustraße 2).
Eine möglichst klare linke Positionierung zum Ukraine-Krieg ist nicht nur
wichtig, um der beispiellosen Aufrüstung, die unter dem Vorwand des Krieges
betrieben wird, etwas entgegenzustellen, sondern auch eine Vereinahmung von
rechts zu verhindern.
Beispielsweise versuchen Corona-Leugner:innen seit einiger Zeit
antimilitaristische Proteste zu vereinahmen. So wollen die [6][„Freien
Linken“], eine Querfront-Gruppe aus dem Querdenken-Umfeld, am Samstag am
Pankower Anton-Saefkow-Platz eine Kundgebung gegen die US-Airbase in
Ramstein veranstalten.
Um das rechtsoffene Treiben der angeblichen „Linken“ nicht unwidersprochen
zu lassen, rufen die [7][Antifa-Nordost], [8][Geradedenken] und die
[9][Antiverschwurbelte Aktion] zu einer eigenen [10][Demo „Gegen Krieg,
Faschismus und Querfront“] auf (Samstag, 25. Juni, 12:30 Uhr, Antonplatz).
## Kampf um das Recht, existieren zu dürfen
Besondere Aufmerksamkeit und Solidarität verdient dieser Tage auch die
Situation von Queers in Osteuropa. Lesbische, Schwule, Bisexuelle und
trans* Menschen sind in Russland seit Jahrzenten brutaler staatlicher
Repression ausgesetzt. In EU-Ländern wie Polen und Ungarn gibt es einen
[11][homophoben Backlash], der die Situation von LGBTQI-Menschen ständig
verschlechtert. [12][In der Ukraine kämpfen Queers mit an vorderster
Front].
Um den queeren Widerstand in Osteuropa sichtbar zu machen, [13][zieht am
Samstag die East Pride Demo durch Berlin]. Treffend heißt es in dem Aufruf:
„Diesen Kampf können wir nicht an bestimmte Institutionen wie etwa den
Staat delegieren, sondern wir selber müssen uns in die Auseinandersetzung
begeben.“ (Samstag, 21. Juni, 14 Uhr, Gethsemanekirche).
Auch hierzulande sind LGBTQI-Rechte nicht einfach vom Himmel gefallen,
sondern wurden mühsam erkämpft. Und können auch wieder verloren gehen,
sollten sie nicht gemeinsam verteidigt werden. So sprechen
religiös-fundamentalistische Bewegungen wie die im Wedding beheimatete
Gruppe „Christen im Widerstand“ queeren Menschen nicht selten das Recht zu
existieren ab.
Auch in den Moscheen des von der türkischen Regierung kontrollierten
muslimischen Vereins DiTiB wird häufiger gegen Homosexualität gewettert.
Dazu gesellen sich [14][Antisemitismus] und staatliche AKP-Propaganda, mit
der die türkischen Angriffskriege auf die Kurd:innen gerechtfertigt
werden.
[15][“Keine netten Nachbarn. Gegen jeden Fundamentalismus, gegen jeden
Antifeminismus“], heißt die für Freitag angekündigte Demo, die den
fundamentalistischen Umtrieben im Wedding etwas entgegenstellen soll. Die
Initiator:innen werfen den Fundamentalist:innen vor, die sozialen
Probleme des Weddings für ihre Ziele ausschlachten zu wollen (Freitag, 24.
Juni, 18:30 Uhr, Leopoldplatz).
21 Jun 2022
## LINKS
[1] /Krieg-in-der-Ukraine/!5861918
[2] /Ostermaersche-in-Berlin/!5844922
[3] /Deutscher-Friedensaktivist-ueber-Biden/!5745767
[4] /Harald-Welzer-zum-Offenen-Emma-Brief/!5847657
[5] https://geschichtevonuntenostwest.wordpress.com/2022/03/22/der-ak-wird-2021…
[6] https://www.belltower.news/freie-linke-die-anti-impf-anti-imps-121205/
[7] https://antifa-nordost.org/
[8] https://www.geradedenken.net/
[9] https://www.instagram.com/antischwurb/?hl=de
[10] https://antifa-nordost.org/13162/demo-in-weissensee-gegen-krieg-faschismus…
[11] /LGBT-Bewegung-in-Polen/!5611184
[12] /Marzahn-Pride/!5859317
[13] https://www.facebook.com/events/1050409439213963/?ref=newsfeed
[14] /Streit-wegen-Moschee-Verband-Ditib/!5752884
[15] https://stressfaktor.squat.net/node/232338
## AUTOREN
Jonas Wahmkow
## TAGS
taz Plan
Kolumne Bewegung
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Gay Pride
Fundamentalismus
Queer
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Ukraine
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