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# taz.de -- Wahlen in Ungarn: Fußballmatch auf abschüssigem Feld
> Ungarns Premier Viktor Orbán beeinflusst Justiz und Presse. Zu den Wahlen
> am Sonntag schickt die OSZE erstmals in der EU eine große
> Beobachtermission.
Bild: In Ungarn sind viele Menschen, abweichend von Orbáns Linie, mit der Ukra…
Wien taz | Ungarn sei keine Demokratie, urteilte Péter Márki-Zay bei einer
internationalen Pressekonferenz wenige Tage vor den Parlamentswahlen in
Ungarn. Der Herausforderer von Premier Viktor Orbán hatte einen
symbolträchtigen Ort für seine Botschaft gewählt. Hatvanpuszta ist ein
Schloss, eingebettet in einen englischen Garten und ein Landgut von 13
Hektar Fläche.
Das fürstliche Anwesen, das sich einst Erzherzog Joseph erbauen ließ,
gehört heute offiziell Győző Orbán, dem Vater des selbstherrlichen
Premierministers. Die oppositionelle Presse vergleicht es mit dem
[1][gigantischen Alterssitz, den sich Wladimir Putin am Schwarzen Meer
bauen ließ,] und mutmaßt, dass es in Wahrheit dem Premier gehört, der laut
Vermögenserklärung fast mittellos ist.
[2][Die Korruption, die Leuten im Umfeld von Orbán über Nacht
unermesslichen Reichtum bescherte], war das zentrale Thema der zur Allianz
zusammengeschlossenen sechs Oppositionsparteien, die erstmals mit einem
gemeinsamen Kandidaten antreten. Eine der ersten Maßnahmen, die der
konservative Bürgermeister der südostungarischen Provinzstadt
Hódmezővásárhely im Falle eines Sieges verspricht, ist der Beitritt Ungarns
zur europäischen Staatsanwaltschaft.
Orbán hat als Generalstaatsanwalt einen Parteigenossen installiert, der
verlässlich alle Untersuchungen gegen die Familie Orbán oder Funktionäre
der Regierungspartei Fidesz niedergeschlagen hat. So auch von der
EU-Betrugsbehörde OLAF angestoßene Ermittlungen gegen Orbáns Schwiegersohn
István Tiborcz wegen eines Skandals um die Installation von
Straßenbeleuchtung. „Fidesz hat per Gesetz dafür gesorgt, dass der
Generalstaatsanwalt mit Zweidrittelmehrheit bestellt wird“, sagt
Gabriella Nagy von der Anti-Korruptions-Organisation Transparency
International: „Wenn es für seine Nachfolge keine Zweidrittelmehrheit gibt,
wird seine Amtszeit auf Lebenszeit verlängert.“ Selbst wenn die Opposition
an die Macht kommen sollte, werden Orbáns Leute den Ton angeben.
Die Opposition vergleicht den Wahlkampf gerne mit einem Fußballmatch, bei
dem ihre Mannschaft bergauf spielen muss. Orbán kontrolliert 80 Prozent der
Medien. Márki-Zay hat im öffentlich-rechtlichen Fernsehen knappe fünf
Minuten bekommen, um seine Positionen darzustellen. Die restliche Zeit
läuft Regierungspropaganda.
## Orbán gibt sich als Putin-freundlicher Vermittler
Orbán hat es verstanden, den Ukrainekrieg zu seinen Gunsten zu vermarkten.
Er positioniert den Nato-Mitgliedsstaat als neutral [3][und lässt keine
Waffenlieferungen über sein Territorium] zu. Der deklarierte Putin-Freund
präsentiert sich als Vermittler und starker Mann, der Ungarn den Frieden
erhält: „Bewahren wir Ungarns Frieden und Sicherheit!“, fordert ein neues
Plakat, auf dem Orbán mit Sorgenfalten in die Ferne blickt. Die
Regierungspresse berichtet über den Konflikt durch Putins Brille. Der
Opposition, die klar auf Seiten der Ukraine steht, wirft sie vor, Ungarns
Soldaten in den Tod schicken zu wollen. Die Betreuung von Flüchtlingen wird
der Zivilgesellschaft und den Kommunen überlassen.
Auch in Brüssel beobachtet man die Wahlen in Ungarn sorgenvoll. Die
[4][Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE)] hat
die Wahlen 2018, die Orbán mit knapp 50 Prozent der Stimmen eine
Zweidrittelmehrheit brachten, als „frei, aber nicht fair“ klassifiziert.
Erstmals in einem EU-Land schickt sie nun eine große Beobachtermission. Das
unebene Spielfeld wird sie nicht begradigen können.
1 Apr 2022
## LINKS
[1] https://www.bbc.com/news/world-europe-56007943
[2] https://www.srf.ch/news/international/korruptionsvorwuerfe-in-ungarn-das-ge…
[3] https://www.reuters.com/world/hungary-will-not-allow-lethal-weapons-ukraine…
[4] https://www.osce.org/odihr/elections/hungary
## AUTOREN
Ralf Leonhard
## TAGS
Ungarn
Schwerpunkt Korruption
Wahlen
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