# taz.de -- EU-Sanktionen gegen Ungarn: Orbán den Geldhahn abdrehen | |
> Die EU-Kommission geht nach der Wahl in Ungarn wegen | |
> Rechtsstaatsverstößen doch noch gegen Budapest vor. Das könnte massive | |
> Mittelkürzungen bedeuten. | |
Bild: Der ungarische Premierminister Viktor Orbán am Mittwoch in Budapest | |
BRÜSSEL taz | Ungarn muss als erstes EU-Land mit Kürzungen aus dem | |
Gemeinschaftsbudget rechnen. Die EU-Kommission in Brüssel bestätigte, | |
[1][dass sie den neuen Rechtsstaatsmechanismus auslösen werde.] Dieser | |
erlaubt nach einem mehrstufigen Verfahren die Kürzung von EU-Geldern. Die | |
Regierung in Budapest sprach von einem „Fehler“. | |
„Es geht um Korruption“, sagte Kommissionschefin Ursula von der Leyen zu | |
dem blauen Brief der Kommission, der nun an Budapest geht. Die Brüsseler | |
Behörde wirft Viktor Orbáns Regierung vor, EU-Mittel in dunklen Kanälen | |
versickern zu lassen. Angaben zum genauen Inhalt des Briefes machte von der | |
Leyen nicht. | |
Auch der Zeitpunkt blieb unklar. Der Brief sei noch nicht unterwegs, sagte | |
ein Sprecher von der Leyens am Mittwoch. Die politische Entscheidung sei | |
jedoch gefallen. Warum die EU-Kommission bis [2][nach der Wahl in Ungarn] | |
gezögert hat, konnte er nicht erklären. Man habe die Antwort aus Budapest | |
noch prüfen müssen, sagte er. | |
Das Europaparlament fordert seit Monaten, dass Brüssel gegen Budapest | |
vorgeht. Von der Leyen habe wohl noch die Wahl in Ungarn abwarten wollen, | |
heißt es aus Parlamentskreisen. Damit habe sie Regierungschef Orbán einen | |
Gefallen getan, der am Wochenende mit einer satten Mehrheit wiedergewählt | |
wurde. | |
## Schonfrist zu Ende | |
Von der Leyen war 2019 mit der Stimme Orbáns zur Kommissionspräsidentin | |
gewählt worden. Seither hat die CDU-Politikerin Ungarn ebenso geschont wie | |
Polen, wo es auch massive Verstöße gegen die Rechtsstaatlichkeit und die | |
europäischen Werte gibt. Doch nun geht die Schonfrist zu Ende – und prompt | |
gibt es Angriffe aus Budapest. | |
Orbáns Kabinettschef Gergely Gulyás forderte die EU-Kommission auf, „die | |
ungarischen Wähler nicht dafür zu bestrafen, dass sie bei den Wahlen am | |
Sonntag, die von der Regierungspartei deutlich gewonnen wurden, keine | |
Meinung nach dem Geschmack von Brüssel geäußert haben“. Ungarn dürfe nicht | |
benachteiligt werden. | |
Für das Land geht es um viel Geld. 2020 flossen 4,6 Milliarden Euro mehr | |
nach Ungarn, als von dort in den EU-Haushalt gezahlt wurden. Brüssel behält | |
schon jetzt Zahlungen aus dem Corona-Wiederaufbaufonds zurück – rund 7 | |
Milliarden Euro. | |
Der für das Budget zuständige EU-Kommissar Johannes Hahn sagte, im Streit | |
mit Ungarn gehe es vor allem um das öffentliche Beschaffungswesen. Er | |
rechne mit einer Entscheidung während der nächsten Sitzung der | |
EU-Kommission, die wegen der Osterpause erst Ende April stattfindet. Danach | |
erhielte Ungarn eine offizielle Mitteilung, die den | |
Rechtsstaatsmechanismus formal auslöste. | |
Ungarns Regierung kann auf diese „Notifizierung“ antworten, dann würde | |
wieder die Kommission entscheiden. Werden die Bedenken nicht ausgeräumt, | |
legte die EU-Behörde einen Vorschlag zur Kürzung von Haushaltsmitteln vor. | |
Das letzte Wort hat der Ministerrat, der mit qualifizierter Mehrheit | |
entscheidet. Das Verfahren dauere sechs bis neun Monate. | |
6 Apr 2022 | |
## LINKS | |
[1] /EU-und-die-Parlamentswahl-in-Ungarn/!5845951 | |
[2] /Parlamentswahl-in-Ungarn/!5845923 | |
## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
## TAGS | |
Viktor Orbán | |
Ungarn | |
Fidesz | |
EU-Kommission | |
EU | |
Schweden | |
Ungarn | |
Ungarn | |
Ungarn | |
Ungarn | |
Ungarn | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Neue schwedische Mitte-rechts-Regierung: Kein orbanesker Regimewechsel | |
Kristersson braucht die Rückendeckung der Rechtspopulisten. Was er er ihnen | |
im Gegenzug anzubieten hat, steht auf einem anderen Blatt. | |
Ungarn verhängt „Gefahrenzustand“: Orbán kann besser durchregieren | |
Nach Corona zieht Ungarns Premier jetzt den Krieg in der Ukraine für | |
Sondergesetze heran. Erste Maßnahme: eine Sondersteuer für Großunternehmen. | |
EU und die Parlamentswahl in Ungarn: Eisiges Schweigen | |
Statt Premier Orbán zum Sieg zu gratulieren, will Brüssel Ungarn jetzt doch | |
die Mittel kappen. Dafür soll der Rechtsstaatsmechanismus genutzt werden. | |
Parlamentswahl in Ungarn: Frei, aber nicht fair | |
Viktor Orbáns Sieg ist ein Rückschlag für Ungarns Demokratie. Auch für | |
Europa ist er eine schlechte Nachricht – denn die Attacken aus Budapest | |
werden weitergehen. | |
Ausgang der Parlamentswahl in Ungarn: Wahlsieg für Orbán | |
Ungarns rechtsnationaler Regierungschef erringt bei der Wahl erneut eine | |
Zweidrittelmehrheit. Die Opposition fährt eine verheerende Niederlage ein. | |
Wahlen in Ungarn: Fußballmatch auf abschüssigem Feld | |
Ungarns Premier Viktor Orbán beeinflusst Justiz und Presse. Zu den Wahlen | |
am Sonntag schickt die OSZE erstmals in der EU eine große | |
Beobachtermission. |