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# taz.de -- Einrichtungsbezogene Impfpflicht: Ungeimpft? Macht nischt!
> In Sachsen sind ein Drittel der Beschäftigten im Gesundheitswesen
> ungeimpft. Deswegen gilt dort das Primat der Versorgungssicherheit.
Bild: In Sachsen sind ein Drittel der Beschäftigten im Gesundheitswesen ungeim…
Leipzig taz | Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hat
versucht, den Freistaat vor dem Gesetz zu bewahren, über das bundesweit,
aber vor allem in Sachsen seit Wochen heftig diskutiert wird: die
[1][einrichtungsbezogene Impfpflicht]. Mehrmals hatte der Regierungschef
gefordert, das Bundesgesetz zu verschieben, zumindest um ein paar Monate.
Man müsse die Bedenken aus dem Gesundheits- und Pflegewesen ernst nehmen,
sagte der CDU-Politiker. Gelungen ist es ihm nicht: die
einrichtungsbezogene Impfpflicht greift ab dem 15. März.
Der Grund für Kretschmers Unmut ist die niedrige Impfquote im sächsischen
Gesundheitswesen. 100.000 von 300.000 Beschäftigten, die in Sachsen unter
die einrichtungsbezogene Impfpflicht fallen, sind laut sächsischem
Gesundheitsministerium ungeimpft. Da Sachsen noch immer die mit Abstand
niedrigste Impfquote Deutschlands hat, überrascht dies nicht – gerade mal
64 Prozent der Menschen sind hier grundimmunisiert und 47 Prozent
geboostert.
In anderen Bundesländern ist die Impfquote unter Mitarbeiter:innen im
medizinischen und pflegerischen Bereich deutlich höher. In Bremen sind
schätzungsweise nur 10 Prozent derer, die unter die Impfpflicht fallen,
ungeimpft, in Nordrhein-Westfalen 5 bis 10 Prozent, in Rheinland-Pfalz und
Niedersachsen jeweils 5 Prozent. Das teilten die Gesundheitsministerien auf
taz-Anfrage mit.
Von der Gesundheitsverwaltung Berlin hieß es, die Impfquote in den Berliner
Krankenhäusern liege zwischen 82 und 100 Prozent, in den Berliner
Pflegeeinrichtungen bei rund 90 Prozent. Die übrigen Bundesländer konnten
zwar keine Angaben dazu machen, wie viele Beschäftigte unter die Impfquote
fallen und wie viele davon ungeimpft sind, dafür aber zu den Impfquoten in
der Pflege. Diese liegen überall über 80 Prozent.
## Gesundheitsämter haben „Ermessensspielraum“
Angesichts der niedrigen Impfquote in Sachsen stellt sich die Frage:
Inwieweit kann der Freistaat die einrichtungsbezogene Impfpflicht überhaupt
umsetzen, ohne die Versorgung in Krankenhäusern und Pflegeheimen zu
gefährden? Und wie reagieren die Mitarbeiter:innen im Gesundheitswesen
auf das Gesetz? Droht eine Kündigungswelle?
Petra Köpping (SPD), Sachsens Gesundheitsministerin, ärgert die
[2][niedrige Impfquote im Gesundheitswesen]. Sie verstehe nicht, warum sich
angesichts der vielen Coronatodesfälle nicht mehr Beschäftigte impfen
ließen, sagte die SPD-Politikerin vergangenen Dienstag bei einem Gespräch
mit Ärzt:innen und Bürger:innen im Dresdner Uniklinikum.
Fest steht: Würde Sachsen die Impfpflicht konsequent durchsetzen, dürfte
ein Drittel der Beschäftigten nicht mehr arbeiten – der Versorgung würde
der Zusammenbruch drohen. Daher will der Freistaat das Gesetz „mit Mitte
und Maß“ umsetzen. Laut Köpping habe die Versorgungssicherheit die höchste
Priorität. Das heißt: Legt ein:e Mitarbeiter:in in vier Wochen keinen
Impfnachweis vor, droht zwar ein Betretungsverbot oder ein Bußgeld bis zu
2.500 Euro. Die Gesundheitsämter haben bei der Entscheidung aber einen
„Ermessensspielraum“. Gefährdet ein Betretungsverbot die Versorgung, soll
ungeimpftes Personal weiterarbeiten dürfen.
Ministerpräsident Kretschmer hatte schon Mitte Februar, als sich Bund und
Länder auf die genaue Umsetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht
einigten, kritisiert, dass die Verantwortung auf die Gesundheitsämter
abgewälzt werde und diese zwischen Infektionsschutz und
Versorgungssicherheit abwägen müssten. Ebenso kündigte er an, den
Gesundheitsämtern in Sachsen „den Rücken stärken“ zu wollen.
## Pflegerat begrüßt Primat der Versorgung
Michael Junge, der Vorsitzende des sächsischen Pflegerates, begrüßt es,
dass die Sicherstellung der Versorgung in Sachsen oberste Priorität haben
soll. Allerdings erzeugten die Regelungen „weiterhin eine hohe Unsicherheit
bei den Einrichtungen und den beruflich Pflegenden“, sagte er der taz.
Aufgrund der ohnehin angespannten Personalsituation könnten bereits
einzelne Betretungsverbote die Versorgung gefährden. Der Grund für die
„emotional geführte Debatte“ über die Impfpflicht, sagte Junge, sei nicht
die Impfpflicht als solche, sondern die jahrelange Versäumnis der
Pflegepolitik. Eine Kündigungswelle, wovor die Pflegebranche im Vorfeld
warnte, sehe der Pflegerat derzeit aber nicht.
Laut der Regionaldirektion Sachsen der Bundesagentur für Arbeit haben sich
seit Dezember 2021 etwa 8.800 Beschäftigte im Gesundheits- und Sozialwesen
arbeitssuchend gemeldet. Das seien rund 6.000 mehr als üblich, wie ein
Sprecher der taz mitteilte. Ihre Entscheidung begründeten die Beschäftigten
häufig damit, dass sie sich nicht weiter dem Infektionsrisiko aussetzen
wollten, sie im zweiten Pandemiewinter die Grenze ihrer Belastbarkeit
erreicht hätten, sich beruflich umorientieren – oder sich nicht impfen
lassen wollten.
15 Mar 2022
## LINKS
[1] /Impfpflicht-Entwuerfe-eingereicht/!5840837
[2] /Corona-Impfpflicht-in-der-Pflege/!5826909
## AUTOREN
Rieke Wiemann
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