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# taz.de -- Vorwurf der Vetternwirtschaft: Sachsens Innenminister unter Druck
> Roland Wöller (CDU) muss zurücktreten, finden Polizeigewerkschaften. Er
> wollte einer Bekannten wohl einen Job an einer Polizeischule verschaffen.
Bild: Innenminister von Sachsen Roland Wöller
Leipzig taz | Der Druck auf Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU) ist
hoch, vielleicht so hoch wie nie. Wegen umstrittener Personalentscheidungen
werfen die Polizeigewerkschaften GdP und DPolG ihm Vetternwirtschaft vor
und fordern seinen Rücktritt. Wöller, der den Vorwurf zurückwies, wollte
sich mit den Polizeigewerkschaften versöhnen und hat sie am
Dienstagnachmittag zur Aussprache ins Innenministerium geladen. Die
Gewerkschaften hielten jedoch auch nach dem 90-minütigen Treffen an ihren
Rücktrittsforderungen fest.
Es sei ein intensives und sachliches Gespräch gewesen, in dem es vor allem
um fehlende Kommunikation bei Wöllers Personalentscheidungen ging, sagte
Hagen Husgen, Chef der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Sachsen, der taz.
„Das Gespräch führte zu keinem Zeitpunkt dazu, die Forderung nach einem
Rücktritt des Innenministers zurückzunehmen“, sagte Husgen.
Das Vertrauen zwischen Wöller und der Gewerkschaft sei „einfach nicht mehr
da“ und könne auch durch ein 90-Minuten-Gespräch nicht wieder hergestellt
werden. „Nun müssen andere die Entscheidung treffen“, sagte Husgen, und
spielte damit auf Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) an. Sollte
Wöller Innenminister bleiben, sei die Gewerkschaft aber professionell
genug, um weiter mit ihm zusammenzuarbeiten.
Auch die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) blieb nach dem Gespräch bei
ihrer Rücktrittsforderung. Es gebe kein Verständnis für Wöllers Vorgehen,
sagte die sächsische Landesvorsitzende Cathleen Martin.
## Verdächtige Personalwechsel „still und heimlich“
Bei dem Konflikt zwischen den Polizeigewerkschaften und dem Innenminister
geht es insbesondere um die Neubesetzung des Chefpostens an der sächsischen
Polizeihochschule in Rothenburg im Landkreis Görlitz. Dort soll Manja
Hussner neue Kanzlerin werden – eine frühere Kommilitonin von Wöllers Frau.
Die Gewerkschaften warfen dem Innenminister Vetternwirtschaft vor, er wies
den Vorwurf zurück und erklärte dazu, dass Stellenbesetzungen „nach
Eignung, Leistung und Befähigung“ erfolgten. Etwaige Bekanntschaften
spielten dabei keine Rolle, seien aber auch kein Ausschlusskriterium für
Bewerber:innen.
Die Gewerkschaften sehen das anders und weisen daraufhin, dass Wöller schon
mehrmals Spitzenposten mit ihm vertrauten Kandidat:innen besetzt habe.
Anfang April etwa hat Wöller seinen Parteifreund Florian Oest zum Sprecher
der sächsischen Polizei ernannt. Die GdP kritisiert, dass es „keine
fachliche Notwendigkeit“ für den Personalwechsel gegeben habe und dieser
„still und heimlich“ vollzogen worden sei.
Wöller räumte am Dienstag Fehler bei der Kommunikation ein, sieht aber von
einem Rücktritt ab. „Wir haben vereinbart, zukünftig öfter und regelmäßi…
miteinander zu kommunizieren“, sagte er nach dem Gespräch mit den
Polizeigewerkschaften.
## Lange Reihe an Polizei-Skandalen
Die Koalitionspartner SPD und Grüne drängen auf Aufklärung. Albrecht
Pallas, innenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, verlangte am Dienstag
„volle Transparenz“ und das Offenlegen aller Hintergründe von Wöllers
Personalentscheidungen in der sächsischen Polizei. Valentin Lippmann von
der Grünen-Fraktion betonte, dass es ein „sehr deutlicher Vorgang“ sei,
wenn die zwei größten Polizeigewerkschaften, allen voran aber die GdP, kein
Vertrauen mehr in den Innenminister hätten. Auch er erwarte nun
vollständige Transparenz.
Die Linken im sächsischen Landtag fordern Ministerpräsident Kreschmer schon
lange dazu auf, Wöller von seinem Amt zu entfernen. Die CDU-Fraktion sieht
dagegen derzeit keinen Grund für einen Rücktritt Wöllers.
Der Innenminister stand in den vergangenen Jahren schon mehrmals in der
Kritik. Nicht nur für seine [1][harte Abschiebepraxis] und [2][seinen
Umgang mit den Corona-Protesten]. Er wurde auch heftig kritisiert, als bei
einer Spezialeinheit der sächsischen Polizei Tausende Schuss Munition
verschwanden, als eine Leipziger Polizistin sichergestellte Fahrräder
illegal an Kolleg:innen verkaufte oder als kürzlich brutale
Aufnahmerituale in einer Leipziger Spezialeinheit bekannt wurden.
20 Apr 2022
## LINKS
[1] /Kurs-der-Keniakoalition-in-Sachsen/!5836447
[2] /Diskussion-ueber-Corona-Einschraenkungen/!5823797
## AUTOREN
Rieke Wiemann
## TAGS
Schwerpunkt Korruption
Sachsen
Innenminister
Vetternwirtschaft
Schwerpunkt Coronavirus
Schwerpunkt Rassismus
Flüchtlinge
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