Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Demonstrationen in Russland: Achtjährige Staatsfeinde
> Die russische Polizei nimmt alle fest, die gegen den Krieg protestieren –
> selbst Seniorinnen und Grundschüler mit Friedensplakaten.
Bild: Die russische Polizei schlägt rabiat jegliche Demonstration nieder
Berlin taz | Umringt von einigen wenigen Demonstrierenden, die „Nein zum
Krieg“ skandieren, führen russische Polizisten in Kampfmontur eine alte
Frau ab. [1][Es ist eines der eindrücklichsten Videos] von den russischen
Protesten, die derzeit bei Twitter kursieren: Russlands berüchtigte
Bereitschaftspolizei geht mit aller Macht gegen Demonstrierende vor und
machen dabei Halt vor niemandem. Nicht vor einer Handvoll versprengter
Protestierender, nicht vor Alten, und selbst Kinder werden zu Staatsfeinden
erklärt, wenn sie mit Friedensplakaten erwischt werden.
Seit dem Beginn der Proteste in Russland mit dem Angriffskrieg Russlands
auf die Ukraine vor mehr als einer Woche wurden im ganzen Land nach Angaben
der unabhängigen russischen Menschenrechtsorganisation OWD-Info etwa 7.700
Menschen festgenommen. Die Moskauer Bürgerrechtsgruppe organisiert
Rechtsbeistand für Festgenommene, doch auch ihre Arbeit wird von der
russischen Regierung behindert; seit September wird OWD-Info als
„ausländischer Agent“ in Russland diskreditiert.
Bei der alten Frau soll es sich um die 77 Jahre alte Jelena Ossipowa
handeln. Auf zwei handgemalten Plakaten forderte sie in Sankt Petersburg
ein weltweites Verbot von Atomwaffen und kritisiert, dass Russland im
Gegensatz zur Ukraine noch immer welche habe. Als sich zwei Polizisten
nähern, die fast zwei Köpfe größer als die alte Frau sind, bleibt sie
stoisch stehen. Sichtlich konsterniert reden die Beamten auf die zierliche
Frau ein, die sich aber weiterhin nicht bewegen will. Nach wenigen Sekunden
greifen die Beamten sie unter den Armen und führen sie ab. Mehrere weitere
Polizisten begleiten die Festnahme.
In einem anderen Fall sollen Polizisten in Moskau Kinder festgenommen
haben. Einem Bericht des britischen Sender Sky News zufolge [2][wollten sie
dort vor der ukrainischen Botschaft Blumen niederlegen.] Aufnahmen zeigen
einen Jungen in einem Gefangenentransporter sowie ein Mädchen auf einer
Polizeiwache. Vor ihr liegen auf einem Tisch mit bunten Farben beschriftete
Blätter mit der Aufschrift „Nein zum Krieg“ und eine simple gemalte
Gleichung: eine russische Flagge plus eine ukrainische Flagge ergeben ein
Herzchen.
Die Mutter der Kinder habe wegen der Nachrichten aus der Ukraine die Füße
nicht länger stillhalten können, heißt es in dem Bericht von Sky. Weil
niemand auf die Kinder zu Hause habe aufpassen können, seien sie zu ihrem
kleinen Protest mitgekommen. „Unsere Absichten waren die friedlichsten“,
wird die Mutter Jekaterina Savision zitiert.
Allein am vergangenen Sonntag wurden nach Angaben von OWD-Info in mehr als
50 Städten mindestens 2.710 Menschen bei Friedensdemonstrationen
festgenommen. Die Antikriegsproteste hatten am Donnerstag begonnen, nachdem
russische Truppen in die Ukraine einmarschiert waren.
Die Kinder und ihre Mütter wurden dem Bericht von Sky zufolge aus dem
Gewahrsam entlassen und warten auf einen Gerichtstermin. Zu dem Verbleib
der 77-jährigen Ossipowa war zunächst nichts bekannt.
3 Mar 2022
## LINKS
[1] https://twitter.com/aperegarom/status/1499067632749797385?s=20&t=d0rKRr…
[2] https://news.sky.com/story/russian-police-detain-children-and-old-women-as-…
## AUTOREN
Cem-Odos Güler
## TAGS
IG
Demonstration
Russland
Ukraine
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Protest
Wladimir Putin
Kolumne Krieg und Frieden
Russland
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Kolumne Grauzone
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Schulstreik
## ARTIKEL ZUM THEMA
Schuldgefühle im Krieg: Krieg bringt Hass in die Welt
Müssen Russen sich schuldig fühlen? Wie verhalten sie sich jetzt angesichts
des Krieges gegenüber ukrainischen Freunden? Und im eigenen Land?
Aktivist über Antikriegsproteste in Russland: „Der harte Kern ist jung“
Immer mehr bisher unpolitische Menschen beteiligen sich an den
Antikriegsprotesten in Russland, sagt der Philosoph Greg Yudin.
Waffenexperte über Russlands Aggression: „Das wäre der völlige Wahnsinn“
Russische Atomstreitkräfte in Alarmbereitschaft? Friedensforscher Ulrich
Kühn befürchtet eine nukleare Eskalation – und warnt vor Rufen nach der
Nato.
Die Ukraine nach Russlands Einmarsch: Einfach unvorstellbar
Ich möchte an eine Zukunft glauben, in der Putin der Verlierer ist und
Ukrainer:innen in ihr Land zurückkehren können. Nur: Es geht nicht.
Völkerrechtler über russische Invasion: „Gesamter Krieg ist rechtswidrig“
Den Haag, Straßburg, die deutsche Justiz: Es gibt viele Möglichkeiten,
Russland juristisch zu verfolgen, sagt der Völkerrechtler Christian
Marxsen.
Antikriegsproteste in Russland: Putins Lügengebäude wackelt
So wenig, wie Putin die Ukrainer*innen kennt, die sich nicht „befreit“
fühlen, so schlecht kennt er offensichtlich auch seine eigenen Landsleute.
Fridays-for-Future-Demo gegen den Krieg: „Einfach Solidarität zeigen“
Die Klimabewegung ist Donnerstag gegen den Krieg in der Ukraine auf die
Straße gegangen. Viele Schüler*innen waren dabei. Fünf Protokolle.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.