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# taz.de -- Equal Pay im Fußball: In einer anderen Liga
> Frauenfußballerinnen haben mit ihren Forderungen nach gleicher Bezahlung
> die repräsentativ-symbolische Ebene erklommen. Und jetzt?
Bild: Perfekter Luftstand: Sollte es für Einlagen wie diese von Alyssa Naeher …
Das eine ist ein Erfolg, der durch die Weltpresse geht. Das andere wird nur
in ein paar Fachblättern vermeldet. Das US-Fußball-Nationalteam der Frauen
hat sich mit dem Verband auf Equal Pay geeinigt, die Spielerinnen erhalten
Prämien (plus Nachzahlungen) in derselben Höhe wie ihre männlichen
Kollegen. Die zweite Meldung lautet: Mit „Delta Air Lines“ konnte [1][die
National Women’s Soccer League (NWSL) der USA einen neuen Sponsor]
gewinnen.
Die erste Meldung bezieht sich auf die Auswahl, und da es um nationale
Repräsentanz geht, kann man den Fußballverband ruhig für so etwas wie einen
Staat halten. Der Verband und seine Aushängeschilder, die Nationalteams,
stellen schließlich die internationale Wettbewerbsfähigkeit sicher, und
damit übernehmen sie eine klassische Staatsaufgabe.
Das Geld aber wird vor allem in den Ligen verdient. Angestellt sind die
Spielerinnen bei der NWSL beziehungsweise bei Klubs. Die Prämien, die es
etwa für einen Titelgewinn gibt, stellen nur so etwas wie Boni dar,
zusätzliche Einnahmen.
Nehmen wir das Beispiel Deutschland: Für die letzte Frauen-WM 2019 hatte
der DFB eine Titelprämie von 75.000 Euro pro Spielerin ausgelobt. [2][Für
die WM der Männer 2018] waren jeweils 375.000 Euro versprochen worden, das
Fünffache. Dass die Frauen im Viertelfinale ausschieden, die Männer schon
in der Vorrunde, hat mit der Prämienregelung genauso wenig zu tun wie die
letztlich erreichten TV-Quoten.
## Prekäre Lage in unteren Ligen
Nach Zahlen von 2016 (also nicht mehr ganz neu, aber auch nicht ganz
veraltet) beträgt das Jahresdurchschnittsgehalt von männlichen Profis in
der Ersten Bundesliga etwa zwei Millionen Euro. Dass es enorme Schwankungen
gibt zwischen einem Weltstar und dem nur sporadisch auflaufenden
Reservespieler eines Abstiegskandidaten, dürfte offensichtlich sein. Doch
gerade die Nationalspieler, denen die WM-Prämien winken, bewegen sich fast
durch die Bank im Ü-zwei-Mille-Bereich.
In der Frauenbundesliga erhielten die Profis 2018 durchschnittlich 40.000
Euro pro Jahr. Um eine Ahnung davon zu bekommen, wie unterschiedlich die
Ausübung desselben Berufs entlohnt wird, lohnt ein Blick in die unteren
Männerligen: In der zweiten Liga gibt es durchschnittlich noch 350.000
Euro, in der dritten 111.000 Euro, also noch fast das Dreifache wie bei den
besten Frauen, doch in der vierten, teils auch in der dritten Liga, wird
nicht selten unter Mindestlohn bezahlt. Und von dem, was in der zweiten
Frauen-Bundesliga gezahlt wird, kann keine Kickerin leben.
Wir haben also einerseits die Erfolge in Equal Pay, wie sie jetzt vom
US-Nationalteam gefeiert werden, wie sie vorher schon in Norwegen und
anderen Ländern durchgesetzt wurden und wie sie für den DFB durchaus auch
möglich wären – und hoffentlich bald auch sind. Und wir haben andererseits
den unglaublich großen Gender Pay Gap, der dort besteht, wo der Fußball
wirklich als Beruf ausgeübt wird. Geht, lässt sich fragen, von den
Nationalteams die Botschaft aus, dass die Liga mehr zahlen sollte? Oder ist
es nicht vielmehr so, dass Positivmeldungen aus der Welt der Repräsentanz
einer Nation die Misere kaschieren, die dort herrscht, wo das wirkliche
Leben spielt?
Viel spricht für die letztgenannte Annahme. Um beim Vergleich von Staat und
Gesellschaft zu bleiben: Es wäre, als konterte man die gut begründete Klage
über materielle Schlechterstellung von Frauen mit dem saloppen Hinweis,
eine Frau sei doch 16 Jahre lang Kanzlerin gewesen und dort angemessen
bezahlt worden. Wir können den Ball drehen, wie wir wollen: Der Fußball
zeigt uns immer viel vom wirklichen Leben.
10 Mar 2022
## LINKS
[1] https://justwomenssports.com/nwsl-soccer-delta-airlines-official-sponsor/
[2] https://www.dfb.de/news/detail/wieder-leistungsbezogene-wm-praemien-179581/
## AUTOREN
Martin Krauss
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