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# taz.de -- Fifa-Wahl zur Weltfußballerin: Frontfrau mit Reichweite
> Alexia Putellas wird von der Fifa zur weltbesten Fußballerin
> ausgezeichnet. Beim famos spielenden FC Barcelona ist sie Dreh- und
> Angelpunkt.
Bild: „Sie strahlt unglaubliche Passion aus“: Alexia Putellas am Ball
Barcelona taz | Angst hatte Alexia Putellas nie. Als kleines Mädchen kickte
sie auf den Straßen ihrer katalanischen Heimatstadt Mollet del Vallès, alle
anderen waren Jungs, aber die Mannschaften wählte sie. „Ich habe schon
damals gern die Ansagen gemacht“, erklärt sie, aber natürlich hätte sie
nicht geahnt, für wen sie das in ihrem Leben noch so alles tun würde. Mit
27 ist sie Kapitänin der dominanten Fußballerinnen vom FC Barcelona und
Frontfrau eines rasant wachsenden Sports. Nach ihrer Auszeichnung vor
Weihnachten mit dem Goldenen Ball der Weltfußballerin erhielt die
Mittelfeldspielerin nun die Fifa-Trophäe „The Best“.
Die Veranstaltung am Weltverbandssitz in Zürich kam aus Pandemiegründen
zwangsweise aseptisch daher, kürte bei den Männern anders als beim Goldenen
Ball den Bayern-Stürmer Robert Lewandowski vor Lionel Messi, produzierte
teils absurde Resultate wie eine Frauen-Jahreself ohne Spielerin von
Champions-League-Sieger Barcelona oder eine Männerelf im real inexistenten
3-3-4-System und ließ die fortschreitende Gesichtsmumifizierung des mit
einem Ehrenpreis für seinen internationalen Torrekord ausgezeichneten und
persönlich anwesenden Cristiano Ronaldo erkennen.
Aber zumindest Putellas wirkte bei ihrer kurzen Siegerschalte natürlich,
selbstbewusst wie diskret, empowert wie allürenfrei, „Symbol der neuen
Macht“ („Sport“) der Frauen im Fußball wie in der spanischen Gesellschaf…
[1][Beim FC Barcelona gilt sie als Abbild der hauseigenen Fußball- und
Lebensschule]; als Barça durch und durch. Die Werte des Klubs
repräsentierte ihr Team zuletzt wesentlich besser als das System „Messi und
zehn andere“, das die Männer nach dem Abgang des Superstars mit einer
schweren Krise bezahlen. Die Frauen dagegen kreiseln ihre Gegnerinnen mit
kollektivem Passfußball in Grund und Boden, ein Rädchen greift ins andere,
jede spielt fürs Ganze. Linksfuß Putellas ist der Gravitationspunkt dieser
Stilmaschine: „Ich treffe gern Entscheidungen, denke beim Spielen über die
besten Optionen nach: Wie kann ich einer Mitspielerin mehr Zeit und Raum
geben?“
## Viele Talente in Spanien
Technisch und taktisch perfekt hat sie zusätzlich zu ihren 13 Torvorlagen
diese Saison auch schon 18 Tore erzielt – eine „total footballerin“, wie
sie der verstorbene Klubheilige Johan Cruyff nicht besser erträumen konnte.
„Sie strahlt unglaubliche Passion aus“, sagt Kollegin Ana Maria
Crnogorcevic. „Sie ist der absolute Leader bei uns.“
Mit zwölf musste Alexia ihren Herzensklub allerdings erst mal verlassen –
für ihr Alter gab es kein Mädchenteam. Sie wechselte zum Lokalrivalen
Espanyol, für den sie mit 16 in der ersten Liga debütierte, dann zu
Levante, doch als Barça den Frauenfußball stärker ins Visier nahm, kehrte
sie 2012 schnell zurück. In ihren ersten Champions-League-Spielen setzte es
ein 0:3 und 0:4 gegen Arsenal. Diese Saison wurde derselbe Gegner 4:1 und
4:0 besiegt. „Ich habe immer gesagt, dass es viel angeborenes Talent in
Spanien gibt“, so Putellas. „Alles, was es brauchte, war ein Projekt und
Zeit.“
Zu deren Beginn verlor Putellas ihren wichtigsten Begleiter. Vater Jaume
hatte ihre Fußballleidenschaft genährt, sie zu Ronaldinho, Messi oder Eto’o
ins Camp Nou mitgenommen und zu jedem eigenen Spiel begleitet. Als sie 18
war, starb er. Auf dem Rücken trägt sie ein Tattoo nach einem Kinderfoto,
auf dem sie mit einem Barça-Ball auf Jaumes Schoß sitzt. „Er ist der
Mensch, für den ich alles mache“, sagt sie, und als sie bei der Gala des
Goldenen Balls schluchzte, „ich hoffe, du wärst stolz auf deine Tochter“,
war mit ihr ganz Spanien zu Tränen gerührt.
In Barcelona sind in drei Tagen alle 85.000 Eintrittskarten für das
Champions-League-Viertelfinale Ende März gegen Real Madrid abgesetzt
worden, das die Frauen erstmals im Camp Nou spielen. Auf den Werbeplakaten
in der Innenstadt ist Putellas präsent wie die Stars der Männer, seit dem
Goldenen Ball stehen die Sponsoren erst recht Schlange und hat sich ihre
Instagram-Follower-Zahl verdreifacht.
Putellas ist viel zu sehr Fußballerin, um sich davon ablenken zu lassen,
aber ihre neu erwachsene Vorbildrolle nimmt sie an; weniger zugespitzt als
eine Megan Rapinoe, eher auf ihre Art. Als sie im Dezember mit dem
Sankt-Georgs-Kreuz, der höchsten kulturellen Auszeichnung Kataloniens,
geehrt wurde, erklärte sie: „Bei allen Pokalen und Preisen der letzten
Zeit: Der wahre Triumph wird kommen, wenn Jungs und Mädchen [2][zu 100
Prozent dieselben Möglichkeiten haben], im Sport und in der Welt generell.“
Die Regierung forderte sie „in aller Bescheidenheit“ auf, diesen „Prozess
zu begleiten und mit uns anzuführen“. Denn: „Wir sind gekommen, um zu
bleiben.“
26 Jan 2022
## LINKS
[1] /Barca-Frauen-gewinnen-Champions-League/!5767578
[2] /Geringere-Gehaelter-von-Sportlerinnen/!5638677
## AUTOREN
Florian Haupt
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