# taz.de -- FC Barcelona vor Gastspiel in Wolfsburg: Hunger der Aufsteigerinnen | |
> Der FC Barcelona revolutioniert den Frauenfußball. Die Spielerinnen sind | |
> Teil eines Systems der stetigen Verbesserung. Ihr Stil begeistert. | |
Bild: Die Spielerinnen des FC Barcelona feiern nach einem Sieg gegen den VfL Wo… | |
BARCELONA taz | Stil, Methode, Projekt: Es gibt beim Fußball ja immer | |
wieder Leute, die genervt mit den Augen rollen, wenn es um solche Themen | |
geht. Aber wenn man die historische Blüte des Frauenfußballs beim FC | |
Barcelona verstehen will, führt kein Weg an ihnen vorbei. Sie begründen, | |
warum die Katalaninnen von einem anderen Stern zu spielen scheinen. 40 | |
Pflichtpartien in dieser Saison, 40 Siege, 197:15 Tore. Zuletzt holte sich | |
[1][der VfL Wolfsburg] im Champions-League-Halbfinale ein 1:5 ab; am | |
Samstag (18 Uhr/DAZN) steigt das Rückspiel. | |
Barcelona schafft das mit einer Mannschaft, die überwiegend aus | |
Spanierinnen besteht, die im Frauenfußball bis vor Kurzem nicht als | |
relevante Größe galten. Wie sehr die Blicke noch auf die nördlichen Gefilde | |
gehen, zeigte sich, als bei der jährlichen Fifa-Gala keine einzige | |
Barça-Spielerin in die Weltelf des Jahres gewählt wurde – [2][nicht mal | |
Alexia Putellas], 28, die immerhin vom selben Verband als „The Best“ | |
ausgezeichnet wurde, so wie sie Monate zuvor schon den Goldenen Ball der | |
Weltfußballerin erhielt. Als einzige andere Starfigur der Barça-Elf gilt | |
ihre Vorgängerin von 2017, Lieke Martens. Aber die fehlt seit Monaten | |
verletzt. | |
Die majestätische Innenverteidigerin María „Mapi“ León dagegen, die | |
passsichere Patri Guijarro und die dynamische Aitana Bonmatí im Mittelfeld, | |
die routinierte Jenni Hermoso und die junge Claudia Pina im Angriff – wer | |
wollte sie schon auf dem Zettel haben? Doch eine weitgereiste Mitspielerin | |
wie die Schweizerin Ana Maria Crnogorcevic – ehemals Hamburg, Frankfurt, | |
Portland – glaubt, dass sie den Frauenfußball noch auf Jahre dominieren | |
können. „Es liegt alles an uns“, sagt die 31-Jährige. „Viele Spielerinn… | |
sind hier aufgewachsen und spielen schon lange zusammen, gerade das | |
Mittelfeld mit der Aitana, die ist 24, und die Patri, 23, und die Alexia | |
ist auch noch nicht so viel älter. Die drei in der Mitte sind absolut | |
spielentscheidend bei uns, sie sind das Herzstück. Überleg’ mal: wenn die | |
noch zehn Jahre zusammenspielen!“ | |
Fürs Erste sind sie bei Barça ziemlich happy, dass sich nach dem | |
Champions-League-Sieg der Vorsaison keine Selbstzufriedenheit eingestellt | |
hat. „Diese Gruppe von Spielerinnen lebt für das System von stetiger | |
Verbesserung, das wir implementieren“, erklärte Sportdirektor Markel | |
Zubizarreta, Sohn der Torwartlegende, kürzlich der Zeitung El País: „Am | |
Dienstag sind sie besser als am Montag. Sie kommen zu jedem Training mit | |
dem Ehrgeiz, die Welt aufzuessen.“ Dieser Hunger hat auch damit zu tun, | |
dass die meisten eben nicht aus dem vergleichsweise komfortablen | |
Hintergrund eines schon entwickelteren Frauenfußballs stammen. Es ist also | |
eine klassische Aufsteigergeschichte; gepaart mit inzwischen voll | |
professionalisierten Strukturen. | |
## Staunen über die Mitspielerinnen | |
Und dann ist da eben: der Stil. Der von Barça. „Man kann ihn nicht einfach | |
kopieren, sonst würde es andere auch so machen“, glaubt Crnogorcevic, die | |
über sich sagt, sie bestaune die schnellen Passfolgen im Mittelfeld von | |
ihrer Außenposition aus, könne aber in Barças Zentrum niemals selbst | |
mitspielen. „Es ist überragend, ihre Bewegungen, wie sie Räume lesen | |
können.“ [3][Nicht alle passen zu diesem Stil], deshalb verpflichtet der | |
Klub nur selten fertige Profis wie Carolina Graham Hansen aus Wolfsburg | |
oder ihre Vereinskollegin Fridolina Rolfö. Vor Transfers versuchen sie, die | |
Spielerinnen ins eigene System zu denken. Rolfö war ihr Leben lang | |
Stürmerin; bei Barça spielt sie meist Außenverteidigerin. | |
Wie sehr die Katalaninnen den Frauenfußball revolutioniert haben, zeigt | |
sich auch daran, dass sie schon die ersten Abwehrreflexe stimulieren. | |
Ex-Weltfußballerin Ada Hegerberg, die bis zu einer schweren Verletzung die | |
europäische Szenerie dominierte und beim einstigen Seriensieger Olympique | |
Lyon unter Vertrag steht, maulte angesichts des Barça-Hypes gegenüber | |
L’Équipe: „Es gab auch vorher schon Frauenfußball.“ | |
Schon – aber halt nicht annähernd vor so vielen Zuschauern. Dass im | |
Viertelfinale gegen Real Madrid über 90.000 Zuschauer ins Camp Nou kamen, | |
ließ sich noch halbwegs entlang üblicher Parameter erklären: der Erzrivale, | |
das menschliche Rekordstreben, günstigere Preise, die Premiere im großen | |
Stadion. Nur kamen gegen Wolfsburg im Halbfinale sogar noch ein paar | |
Hundert mehr; und Wolfsburg ist, bei allem Respekt, kein Verein, der wegen | |
irgendwelcher Fehden bei den Männern die Pulsadern der Anhänger anschwellen | |
lassen würde. | |
Der Frauenfußball in Barcelona hat sich wahrhaft emanzipiert. Er muss sich | |
nicht mehr anhand der Männer definieren, er braucht sie nicht mehr für sein | |
Glück. Über 90.000 Menschen kommen wegen Aitana und Alexia, wegen María und | |
Ana Maria. Wegen ihres einmaligen Fußballs, wegen ihres Stils. | |
30 Apr 2022 | |
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## AUTOREN | |
Florian Haupt | |
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