# taz.de -- Geringere Gehälter von Sportlerinnen: Jetzt streiken die Fußballe… | |
> Die spanischen Erstligaspielerinnen haben den ersten Frauenstreik der | |
> europäischen Fußballgeschichte begonnen. Sie ringen um einen | |
> Rahmentarifvertrag. | |
Bild: Amanda Sampedro, Silvia Meseguer und Virgina Torrecilla schießen erst ma… | |
BARCELONA taz | Alles war bereit in der Sportstadt Dani Jarque am | |
Autobahnring von Barcelona. Samstagmittag, erstes Match des neunten | |
Spieltags der spanischen Frauenfußball-Liga zwischen Gastgeber Espanyol und | |
Granadilla Teneriffa. Der Himmel tiefblau, der Rasen sattgrün, die Kameras | |
waren montiert, auch einige Eintrittskarten verkauft. Wie sich bald | |
herausstellte, fehlte jedoch etwas, das für die Durchführung einer Partie | |
unabdingbar ist: Spielerinnen. | |
Das heißt, teilweise waren sie schon da, wie Espanyols Kapitänsfrau Paloma | |
Fernández. Allerdings nur, um in Straßenkleidung den Reportern zu erklären, | |
dass sie sich nicht umziehen werden. Dass sie es wirklich tun: Mit dem | |
verhinderten Duell in Barcelona begann der erste Frauenstreik der | |
internationalen Fußballgeschichte. Auch das zweite Samstagsspiel zwischen | |
Levante und Huelva entfiel, am Sonntag folgten weitere Partien wie das | |
sevillanische Derby zwischen Betis und FC oder die Matches der Spitzenklubs | |
FC Barcelona und Atlético Madrid. „Traurig, dass es so weit kommen musste“, | |
sagte Fernández in malvenfarbenem Strickpulli am Rande des Spielfelds, auf | |
dem sie sonst ihrem Beruf nachgeht: „Aber [1][die Gründe kennt ihr ja | |
alle].“ | |
Über 13 Monate und 21 Verhandlungsrunden hatten die Spielerinnen mit der | |
Klubvereinigung um einen Rahmentarifvertrag gerungen, der seinerseits in | |
Europa der erste seiner Art für den Frauenfußball wäre. Zuletzt hatten sich | |
auch Arbeitsministerium und Sportausschuss eingeschaltet. Doch mit | |
Einigungen ist das momentan in Spanien so eine Sache. In der Politik | |
brauchte es nach monatelanger Blockade die vierten Parlamentswahlen in | |
ebenso vielen Jahren, damit vielleicht mal wieder eine Regierung zustande | |
kommt. Im Fußball brachte bisher alles nichts. | |
Dabei klingt der Streitwert im Vergleich zu den üblichen Summen im | |
Kickerbusiness geradezu lächerlich. Es geht um Gehälter, die kaum über dem | |
allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn in Spanien von 12.600 Euro jährlich | |
liegen. Bezüglich der Vollzeitverträge hätten sich Erstligaklubs und | |
Spielerinnen bei einem Mindestlohn von 16.000 Euro sogar einigen können. | |
Doch bei den Teilzeitverträgen blieben die Fronten hart. Die Gewerkschaften | |
forderten ein Pflichtgehalt von 12.000 Euro, die Arbeitgeber (Acff) boten | |
nur 8.000. | |
## „Wir können nicht Geld ohne Ende rein stecken“ | |
Insgesamt und inklusive Nebenkosten beläuft sich der Unterschied zwischen | |
den Vorstellungen beider Seiten auf rund 1,5 Millionen Euro. „Wir können | |
nicht unterzeichnen, was manche Vereine nicht stemmen können“, hieß es von | |
der Acff. Gemeint sind dabei eher nicht die Barças oder Atléticos, aber | |
etwa Granadilla Teneriffa, das nur wenige hunderttausend Euro zur Verfügung | |
hat. Oder Valencia, wo der Mutterverein nach Angaben des Abteilungsleiters | |
Salvador Belda bis zu 40 Prozent des Etats zuschießt: „Wir zahlen seit | |
Jahren die Fiesta. Aber wir können nicht Geld ohne Ende reinstecken, das | |
machen die Leute nicht mit.“ | |
13 von 16 Vereinen sind in der Acff organisiert. Von ihren 250 Spielerinnen | |
verdienen nach Informationen der Zeitung El País bisher nicht mal die | |
Hälfte die angestrebten 16.000 Euro – obwohl die Gehälter in den letzten | |
drei Jahren um durchschnittlich 30 Prozent pro Saison angestiegen sind. Der | |
Frauenfußball boomt in Spanien, aber er boomt noch nicht genug. „Gemäß der | |
Prognosen für diese Saison bleibt der Wettbewerb defizitär“, heißt es von | |
der Acff. | |
Den bis zum Wochenende letzten Arbeitskampf im spanischen Fußball hatten im | |
Sommer 2011 die Männer wegen ausstehender Gehaltszahlungen geführt. | |
Chefgewerkschafter war damals der heutige Fußballverbandpräsident Luis | |
Rubiales. Im aktuellen Konflikt spielt er eine undurchsichtige Rolle. Als | |
Teil eines infantilen Dauerstreits mit der spanischen Liga hatte er im | |
Sommer die Kompetenzen über den Frauenfußball zum Verband zurückgeholt. | |
Statt des von der Acff ausgehandelten Fernsehvertrags mit Einnahmen von | |
knapp 200.000 Euro pro Klub versprach er anfänglich mehr als das Doppelte. | |
Bisher ist allerdings kein Geld geflossen. | |
Und so bestreiken die Frauen nun also ihre Liga, auf unbestimmte Zeit. Am | |
Wochenende gab es dafür solidarische Worte auch von männlichen Kickern. | |
„Den Kolleginnen, die für ihre Rechte kämpfen, schicke ich meine volle | |
Unterstützung“, erklärte etwa Antoine Griezmann. Würden er und ein paar | |
andere jetzt noch einen Bruchteil ihrer Gehälter abgeben – das Problem | |
ließe sich ziemlich schnell lösen. | |
17 Nov 2019 | |
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## AUTOREN | |
Florian Haupt | |
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