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# taz.de -- Volksinitiative „Demokratie für Alle“: „Das ist machbar“
> Wählen mit 16, Wahlrecht ohne deutschen Pass und digitales Abstimmen –
> dafür sammelt die Volksinitiative „Demokratie für alle“ jetzt
> Unterschriften.
Bild: Neu sind die Forderungen ganz und gar nicht – hier ein Bild von 1990
taz: Frau Azimipour, die Volksinitiative „Demokratie für alle“ präsentiert
am Donnerstag ihre Forderungen. Worum geht es?
Sanaz Azimipour: Erstens wollen wir das Wahlalter für die Wahlen zum
Abgeordnetenhaus und für Volksentscheide auf 16 Jahre senken. Zweitens
sollen Menschen ohne deutsche Staatsbürgerschaft, die seit drei Jahren hier
leben, das aktive und passive Wahlrecht bei Kommunal-, Landtags-,
Bundestags- und Europawahlen erhalten – dazu soll der Senat eine
Bundesratsinitiative starten. Unsere dritte Forderung ist die nach
digitaler Demokratie: Es soll möglich sein, auch elektronisch
Unterschriften für Volksinitiativen und Volksbegehren zu leisten.
Bis 25. März wollen Sie 25.000 Unterschriften sammeln. Das ist
ambitioniert.
Wir denken, das ist machbar. Wir halten unsere Forderungen für realistisch,
und wir werden von vielen Initiativen unterstützt.
Wer ist alles beteiligt?
Um nur einige zu nennen: Deutsche Wohnen & Co. Enteignen, Expedition
Grundeinkommen, Berlin autofrei, Klimaneutral 2030, change.org und Nicht
ohne uns 14 %. Gleichzeitig sind wir eine offene Gruppe und laden alle, die
sich dafür interessieren, ein, uns zu unterstützen.
Was treibt Sie an?
So wie Demokratie heute funktioniert, ist sie nicht inklusiv, nicht offen
für alle. Das ist ein Widerspruch in sich selbst. Unsere Utopie ist eine
Demokratie, die allen Menschen dient – auch marginalisierten Gruppen. Ob
das Menschen ohne deutsche Staatsbürgerschaft sind, junge Menschen oder
Menschen mit einer Behinderung, die es ihnen unmöglich macht, an einer
Unterschriftensammlung auf der Straße teilzunehmen. Alle reden über
Partizipation, aber 10 Millionen Erwachsene in Deutschland haben kein
Wahlrecht, obwohl sie direkt von der Politik betroffen sind. Ich denke
spontan an eine Nachbarin, eine alleinerziehende Mutter, die seit 30 Jahren
in Deutschland lebt. Sie ist im Alltag Klassismus, Rassimus und Sexismus
ausgesetzt, aber darf nicht einmal für ein Volksbegehren unterschreiben.
Man könnte sagen: 3 Jahre Aufenthalt oder 16 statt 18 sind auch
willkürliche Zahlen.
Wir sollten mit Kompromissen anfangen, nur so ist es möglich, politische
Veränderungen anzustoßen. Natürlich heißt das nicht, dass damit alle
Probleme gelöst sind. Aber unsere Forderungen haben, so wie sie sind, eine
realistische Chance. Die ersten beiden stehen sowieso im Koalitionsvertrag.
Allerdings standen sie im letzten auch schon, und es ist nichts geschehen,
deshalb machen wir Druck.
Migrantenselbstorganisationen machen seit Jahrzehnten Druck. Warum denken
Sie, dass ihre Initiative jetzt Erfolg hat?
Wir sehen gerade weltweit, wie soziale Bewegungen eine Neudefinition von
Demokratie einfordern. An einigen Orten wird das auch schon umgesetzt, zum
Beispiel in New York, wo auch die Black-Lives-Matter-Bewegung vieles
vorangebracht hat. Das Thema ist heute viel mehr Menschen bewusst – es
passt also zeitlich sehr gut.
Warum haben Sie nicht gleich ein Volksbegehren angestoßen? Das wäre doch
viel verbindlicher.
Da gibt es mehrere Gründe: Erstens dürfen bei einer Volksinitiative auch
die Menschen mitbestimmen, die betroffen sind – also Menschen unter 18 und
ohne deutschen Pass. Zweitens wollen wir, dass sich das Parlament schnell
mit unseren Forderungen befasst und sofort handelt. Wir wollen zum
Beispiel, dass das Wahlalter 16 schon jetzt kommt, nicht irgendwann in den
nächsten fünf Jahren. Und ein dritter, technischer Grund: Mit einem
Volksbegehren kann man nur ein Gesetz ändern, und wir adressieren
unterschiedliche politische Ebenen und Gegenstände.
9 Mar 2022
## AUTOREN
Claudius Prößer
## TAGS
Direkte Demokratie
Volksinitiative
Ausländerwahlrecht
Schwerpunkt Europawahl
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Ausländerwahlrecht
Bedingungsloses Grundeinkommen
Berlin
Ausländerwahlrecht
Schwerpunkt Klimawandel
Berlin autofrei
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