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# taz.de -- Finanzielle Folgen des Ukraine-Kriegs: Russland wird verlieren
> Vielleicht siegt Putin in der Ukraine, aber ökonomisch wird er verlieren.
> Die Kosten der Russen werden gigantisch sein, wenn sie jetzt nicht
> aufgeben.
Bild: Anzeige der Wechselkurse von US-Dollar und Euro in russische Rubel am 28.…
Wladimir Putin wird strategisch verlieren, selbst wenn er die Ukraine
militärisch besiegen sollte. Denn gegen ökonomische Realitäten lässt sich
kein Krieg führen. Russland ist arm und wird durch die Invasion noch ärmer.
Bekanntlich hat sich [1][Putin] auch schon verrechnet, als er dachte, dass
sein „Blitzkrieg“ nur zwei Tage dauern würde. Aber selbst wenn er Kiew
sofort eingenommen hätte, wäre dieser Angriff ein schlechtes Geschäft
gewesen. Denn es würde ja nicht reichen, die Ukraine zu erobern – hinterher
müssten die Russen dauerhaft bleiben, um ihre Nachbarn zu unterdrücken.
Wie teuer Okkupationen werden können, haben die USA ab 2003 im Irak erlebt.
Diktator Saddam Hussein war schnell ausgeschaltet, aber die US-Besatzung
zog sich bis 2011 hin. Ökonomie-Nobelpreis-Träger Joseph Stiglitz hat
später kalkuliert, dass der Irakkrieg die Amerikaner drei Billionen Dollar
gekostet hat.
Im Irak leben übrigens genauso viele Menschen wie in der Ukraine: 41
Millionen. Die USA hatten jedoch den Vorteil, dass sie nicht von allen
Irakern abgelehnt wurden, sondern auch einheimische Unterstützer hatten.
Die Russen hingegen stoßen auf ein geeintes Volk und einen fähigen
Präsidenten. Die Kosten werden noch höher sein.
Die USA können sich strategische Misserfolge leisten, weil sie die reichste
Volkswirtschaft der Welt sind – und die Leitwährung besitzen. Da Dollar so
begehrt sind, können die USA einfach Geld drucken und damit Importe aus dem
Ausland begleichen. Die Amerikaner saugen also permanent einen Teil des
Reichtums ab, den andere Länder erwirtschaften. Am Rubel hingegen hat
niemand Interesse. Im Gegenteil.
Russland müsste eine Besatzung aus eigener Wirtschaftskraft stemmen – ist
aber ein armes Schwellenland. Es hat nur Rohstoffe zu bieten, sonst nichts.
Rechnet man die Kaufkraft ein, kommen die Russen auf ein Einkommen von
28.000 Dollar pro Kopf und Jahr. Damit sind sie ärmer als die Rumänen,
müssen aber aus diesen mageren Mitteln einen riesigen Militärapparat
finanzieren, der selbst zu Friedenszeiten gewaltig ist und sich im
Ukrainekrieg weiter aufblähen wird.
Immerhin leben die Russen derzeit besser als zu Sowjetzeiten. Doch nun sind
sie auf dem Weg zurück in diese dunklen Zeiten und machen erneut die
gleichen Fehler. Putin glaubt zwar, dass seine geliebte Sowjetunion durch
politische „Irrtümer“ auseinandergebrochen sei. Doch tatsächlich war die
Ökonomie am Ende. Die Sowjetunion war finanziell damit überfordert, ihr
Imperium militärisch zu unterdrücken. KGB-Offizier Putin war 1989 in
Dresden live dabei, hat aber offenbar nicht verstanden, wie es zur „Wende“
kam.
Auch ungut für Putin: Im Westen wird jetzt aufgerüstet. Bisher hatte die
Bundeswehr noch nicht einmal Unterwäsche, wenn Medienberichten zu glauben
ist. Aber nun soll in allen Nato-Ländern in die neueste Technik investiert
werden. Also muss Russland nachrüsten, um mitzuhalten, was weiteres Geld
schluckt und die Armut vergrößert.
## Der Rubel ist in Gefahr
Kurz: Bereits ein Blitzkrieg plus Besatzung hätte ausgereicht, um Russland
mittelfristig in den Bankrott zu treiben. Doch jetzt kommt es noch
schlimmer. In der Ukraine zieht sich der Vormarsch in die Länge, und
zugleich wurden [2][Sanktionen] beschlossen, die vor zehn Tagen niemand für
möglich gehalten hätte.
Der Westen hat einfach Putins Kriegskasse blockiert, indem die russische
Zentralbank vom Weltfinanzsystem abgekoppelt wurde. Putin hatte Devisen und
Gold im Wert von umgerechnet 630 Milliarden Dollar angehäuft, wovon etwa
zwei Drittel im Westen lagern dürften. Dieses Geld fehlt nun, um den Rubel
zu stabilisieren.
Der Rubel ist aber in Gefahr – schon durch den Krieg an sich. Kein Angriff
ist umsonst zu haben, immer wird „die Druckerpresse angeworfen“. Auch in
Russland dürften gerade viele neue Rubel entstehen, um die Invasion in der
Ukraine zu finanzieren. Ein ökonomischer Gegenwert ist aber nicht in Sicht,
denn Kriege produzieren nun einmal keine Güter, sondern nur Zerstörung. Es
ist banal: Jeder große Krieg führt zu einer großen Inflation. Und Putin
führt einen großen Krieg. Er will 41 Millionen Menschen erobern.
## Auch Putin ist in einer anderen Welt aufgewacht
Die Russen haben seit 1990 diverse Inflationen erlebt und sind
traumatisiert. Sie fühlen sich nur sicher, wenn die Flucht in Dollar,
Schweizer Franken oder Euro jederzeit offensteht. Nichts wird so
argwöhnisch beobachtet wie der Dollarkurs des Rubels. Also wusste Putin,
dass er Devisen in Umlauf bringen und den Rubelkurs stabilisieren muss,
damit seine Bürger möglichst lange nicht merken, dass er einen Krieg in der
Ukraine führt, der alle Russen verarmen lässt. Für dieses Täuschungsmanöver
sollte die Kriegskasse dienen, die nun blockiert ist.
Nicht nur der Westen ist „in einer anderen Welt aufgewacht“, sondern auch
Putin. Ohne seine Kriegskasse hat er nur noch die Devisen, die täglich nach
Russland strömen, weil Europa noch immer [3][Gas und Öl] importiert.
Energie ist nämlich von den Sanktionen ausgenommen. Wichtige russische
Banken wurden zwar vom Swift-Abkommen ausgeschlossen und können kein Geld
mehr transferieren, aber offen geblieben sind jene Finanzkanäle, mit denen
die Europäer ihre Energieimporte begleichen. Das ist rational: Es würde gar
nichts bringen, wenn sich Deutschland oder Italien ökonomisch
strangulieren, weil sie russisches Gas boykottieren.
Also kommen täglich umgerechnet 600 Millionen Dollar in Russland an. Das
klingt stattlich, sind aber nur 4 Dollar pro Bürger. Das reicht nicht, um
den Eindruck zu erwecken, dass keine Inflation drohe. Wenn nicht bald
Frieden herrscht, wird eine Geldentwertung einsetzen, die allen Russen
deutlich macht, was dieser Krieg bedeutet: Armut. Vielleicht siegt Putin in
der Ukraine militärisch – ökonomisch verliert er. Die Frage ist nur, wie
schnell die Russen das begreifen.
3 Mar 2022
## LINKS
[1] /Politologe-ueber-Ukraine-Krieg/!5838091
[2] /Westliche-Sanktionen-gegen-Russland/!5837816
[3] /Oekonom-zu-Stopp-der-Gaslieferungen/!5835533
## AUTOREN
Ulrike Herrmann
## TAGS
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