# taz.de -- Wiedereröffnung von Clubs: Tanzend aus dem Winterschlaf | |
> Über eine zeitnahe Wiedereröffnung der Berliner Clubs wird in der Szene | |
> spekuliert. Die Hoffnungen liegen auf den März. | |
Bild: Kann man sich bald wieder in die Schlangen vor die Clubs stellen? | |
BERLIN taz | Viele ClubbetreiberInnen stehen schon in den Startlöchern: | |
[1][Verschiedenen Medienberichten zufolge] sieht die aktuelle | |
Beschlussvorlage für die Bund-Länder-Runde am Mittwoch eine mögliche | |
Lockerung der Coronamaßnahmen in drei Schritten vor. Demnach könnte es | |
bereits am 4. März zu einer Wiedereröffnung der Berliner Clubs mit | |
Aufhebung des Tanzverbots kommen. Bisher handelt es sich aber bloß um | |
Spekulationen. Auch weil die Umsetzung der Beschlüsse länderspezifisch | |
passiert, wird eine konkrete Entscheidung, wann die Party- und | |
Konzertlocations in Berlin wieder öffnen dürfen, wohl noch etwas auf sich | |
warten lassen. | |
Berlin ist weltweit für sein Nachtleben bekannt, die Clubs aber sind seit | |
Anfang Dezember weitgehend geschlossen. Nicht weil sie nicht öffnen dürfen, | |
sondern weil sie einer ihrer Hauptfunktionen nicht nachkommen können: Es | |
herrscht „Tanzverbot“. | |
„Ein Club ohne Tanzen ist wie eine Sauna ohne Schwitzen“, sagt Lutz | |
Leichsenring, der Sprecher der Clubcommission Berlin, einer | |
Interessenvertretung für Clubs und VeranstalterInnen. Sauna war in den | |
letzten Monaten zu jeder Zeit möglich, trotz der hohen Infektionszahlen. | |
[2][Einem Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin zufolge] sei die | |
Infektionsgefahr aus verschiedenen Gründen bei Tanzveranstaltungen deutlich | |
höher. | |
Ein Signal in Richtung EntscheidungsträgerInnen soll nun [3][eine aktuelle | |
Umfrage der Clubcommission] zu möglichen Öffnungsstrategien bringen. Daran | |
haben 97 Berliner Clubs, KünstlerInnen und Kollektive teilgenommen. Das | |
Ergebnis: ein knappes Viertel der Befragten könnte sofort, 40 Prozent in | |
zwei bis drei Wochen und ein weiteres Viertel in vier Wochen wieder öffnen. | |
## Öffnung mit Maskenpflicht ist undenkbar | |
Über zwei Drittel der VeranstalterInnen sind der Auffassung, dass eine | |
Öffnung von der Auslastung der Intensivstationen abhänge. Außerdem müsse | |
sie durchdacht und nachhaltig umgesetzt werden. Das hieße 2G plus und | |
möglicherweise Schnelltests vorab. Für die Befragten ist eine Öffnung mit | |
Maskenpflicht, Abstandsregeln oder Kapazitätsbeschränkungen jedoch nicht | |
denkbar: „Tanzen in Clubs funktioniert nur mit Nähe und Kommunikation. Mit | |
Masken und nur geringer Auslastung entsteht keine Atmosphäre“, erklärt | |
Marcel Weber vom queeren Club „Schwuz“. | |
Als größte Herausforderung gaben die Berliner ClubbetreiberInnen bei der | |
Umfrage die Suche nach genügend Personal und die Angst vor einer erneuten | |
Schließung an. | |
Trotz der staatlichen Sonderzahlungen, um die Veranstaltungsbranche zu | |
unterstützen, fehlt es manchen dennoch an Wertschätzung: „Die Debatte, die | |
wir hier führen, ist keine finanzielle, sondern eine | |
gesellschaftspolitische“, meint Lutz Leichsenring. | |
Vor der Pandemie sei Berlins Clubkultur auch durch die Politik oft als | |
positives Aushängeschild herausgestellt worden. Es gab viele Signale, die | |
zeigen, wie wichtig das Party-, Konzert- und Veranstaltungsangebot für die | |
Stadt ist. „Seit Corona ist davon leider nur noch wenig zu spüren“, sagt | |
Leichsenring und fügt hinzu: „Kulturelle Veranstaltungen sind für viele der | |
Kleister unserer Gesellschaft. Menschen ziehen Freude am Leben daraus und | |
pflegen hier ihre sozialen Kontakte. Das sollten PolitikerInnen bei | |
Entscheidungen berücksichtigen.“ | |
## Wichtig fürs wirtschaftliche Überleben | |
Die meisten Clubs entschieden sich seit Beschluss des Tanzverbots für den | |
„Winterschlaf“, wie es der Club Sisyphos in der Rummelsburger Bucht auf | |
seiner Website nennt, und machten ganz dicht. „Wir haben das Tanzverbot | |
stark kritisiert“, erklärt Lutz Leichsenring, „das Angebot der Clubs geht | |
zwar weit über Tanzveranstaltungen hinaus, die Partys und Konzerte sind | |
aber für die Wirtschaftlichkeit der Locations wichtig.“ | |
Veranstaltungen wie Lesungen, Vorträge oder Comedy waren in den letzten | |
Monaten zwar möglich und wurden auch von manchen Clubs genutzt, doch das | |
muss man sich laut Leichsenring finanziell leisten können. | |
So würden andere Veranstaltungen in Clubs durch die Partys querfinanziert | |
werden. Alles andere sei oft ein defizitäres Geschäft. Außerhalb der | |
profitablen Partys, Veranstaltungen jeglicher Art anzubieten, sei den Clubs | |
aber dennoch wichtig, da sie KünstlerInnen so eine Bühne bieten würden und | |
Profitmaximierung hier nicht im Vordergrund stünde. | |
Wie so oft steht die Frage im Raum, ob es eine Rückkehr zur sogenannten | |
Normalität geben werde. Für Lutz Leichsenring befindet sich die Clubszene | |
ohnehin konstant im Wandel. „Progressivität ist uns wichtig, nicht nur | |
wegen Corona. Auch im Umgang mit Diskriminierung, Belästigung in Clubs oder | |
fairer Bezahlung von KünstlerInnen. Ein Zurück in alte Muster wäre nicht | |
unser Anspruch.“ | |
14 Feb 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Nachrichten-in-der-Coronakrise/!5834882 | |
[2] https://www.berlin.de/gerichte/verwaltungsgericht/presse/pressemitteilungen… | |
[3] https://www.clubcommission.de/wiedereroeffnung-der-clubs-in-sichtweite/ | |
## AUTOREN | |
Josua Gerner | |
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