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# taz.de -- Ampel-Pläne gegen hohe Energiepreise: Kritik an Entlastungen
> Höhere Pendlerpauschale, früheres Aus für die EEG-Umlage: Die Ampel-Pläne
> kommen bei Sozial- und Umweltverbänden schlecht an.
Bild: Auch Pendler:innen sollen von den Plänen der Regierungskoalition profiti…
Berlin taz | Die Pläne, mit denen die Ampelkoalition die
Verbraucher:innen angesichts der stark gestiegenen Energiepreise
entlasten will, sind bei Sozial-, Umwelt- und Verbraucherverbänden auf
Kritik gestoßen. Die geplanten Maßnahmen reichten nicht aus, um die
Mehrkosten zu kompensieren, und sie seien zudem sozial nicht ausgewogen.
Der Koalitionsausschuss, in dem die Fraktions- und Parteispitzen von SPD,
Grünen und FDP vertreten sind, hatte am Dienstagabend ein Entlastungpaket
mit mehreren Maßnahmen vorgestellt. Die Abschaffung der EEG-Umlage wird,
wie im Vorfeld gefordert, vom 1. Januar 2023 auf den 1. Juli vorgezogen.
Für einen durchschnittlichen Haushalt verringern sich die Stromkosten
dadurch um etwa 13 Euro pro Monat.
[1][Anders als im Vorfeld von Wirtschaftsminsiter Robert Habeck (Grüne)
gefordert], sollen die Stromanbieter aber nicht gesetzlich verpflichtet
werden, die Kostensenkung an die Kund:innen weiterzugeben. Im
Beschlusspapier wird lediglich die „Erwartung“ formuliert, dass sie dies
tun. Die Mehrkosten für erneuerbare Energien, die bisher über die Umlage
finanziert werden, sollen künftig aus Steuermitteln übernommen werden.
Wie bereits zuvor angekündigt, gibt es zudem einmalige
[2][Heizkostenzuschüsse für Wohngeldbezieher] in Höhe von 135 Euro für
einen Einpersonenhaushalt. Für eine zweite Person kommen 40 Euro, für jede
weitere 35 Euro hinzu. Bafög-Empfänger:innen erhalten 115 Euro.
Hartz-IV-Empfänger:innen bekommen zudem einmalig 100 Euro; für von Armut
betroffene Kinder soll es ab Juli bis zur Einführung der geplanten
Kindergrundsicherung 20 Euro pro Monat geben.
## Wer mehr verdient, profitiert stärker
Neu beschlossen wurde eine Erhöhung der Pendlerpauschale, die
Arbeitnehmer:innen bei der Berechnung ihrer Einkommensteuer ansetzen
können. Diese steigt allerdings nur geringfügig: Ab dem 20.
Entfernungskilometer können statt 35 künftig 38 Cent pro Kilometer und
Arbeitstag abgesetzt werden. Wie viel dadurch gespart wird, hängt vom
Einkommen ab: Wer 50 Kilometer zum Arbeitsplatz pendelt, spart als
Geringverdiener rund 30 Euro pro Jahr, für Spitzenverdiener beträgt die
Ersparnis über 90 Euro.
Auch wer nicht zur Arbeit pendelt, zahlt künftig weniger Steuern. Denn
überraschend vereinbarten die Ampelparteien auch, den Grundfreibetrag bei
der Einkommensteuer um 363 Euro und die Werbungskostenpauschale um 200 Euro
zu erhöhen, und zwar bereits rückwirkend zu Jahresbeginn. Während der
höhere Grundfreibetrag nach Angaben des Bundes der Steuerzahler für die
meisten Beschäftigten eine Steuerersparnis von einheitlich 86 Euro bringt,
hängt die Wirkung der erhöhten Werbungskostenpauschale vom Einkommen ab und
bringt, sofern die Werbungskosten nicht ohnehin höher sind als die
Pauschale, zwischen 30 und 90 Euro im Jahr.
Als „fatales Ergebnis“ bewertete der Paritätische Wohlfahrtsverband die
Pläne. „Statt zielgenauer Unterstützung für die, die es wirklich brauchen,
wird das Geld mit der Gießkanne ausgeschüttet“, sagte Geschäftsführer
Ulrich Schneider. „Es profitieren die Haushalte mit dem größten
Portemonnaie und dem höchsten Stromverbrauch. Hartz-IV-Beziehende bleiben
mit einer völlig unzureichenden Zahlung von einmalig 100 Euro wieder mal
auf der Strecke.“
## Klimaprämie als bessere Alternative
„Halbherzig“ ist das Entlastungspaket aus Sicht des
Verbraucherzentrale-Bundesverbands. Der geplante Heizkostenzuschuss sei
„viel zu niedrig“, die Erhöhung der Pendlerpauschale sozial ungerecht.
Sinnvoller wären aus Sicht des Verbands einkommensunabhängige Entlastungen
wie ein Mobilitätsgeld oder eine Pro-Kopf-Rückerstattung des CO2-Preises in
Form einer Klimaprämie.
Kritik an der Abschaffung der EEG-Umlage kam vom Umweltverband BUND. „Sie
wird in erster Linie diejenigen entlasten, die viel Energie verbrauchen,
sprich: die Industrie“, kritisierte Geschäftsführerin Antje von Broock.
Zudem verliere die Erneuerbaren-Branche durch die Umstellung der
Finanzierung Planungssicherheit, was den weiteren Ökostromausbau gefährde,
so von Brook. Auch der BUND plädiert stattdessen für eine Klimaprämie.
Unterstützung dafür kommt aus der Wissenschaft: Nach Berechnungen des
Mercator-Instituts würde eine Klimaprämie, bei der jeder Mensch die gleiche
Summe erhielte, ärmere Haushalte am stärksten entlasten. Von einer
Strompreissenkung durch die Streichung der EEG-Umlage würden sie ebenfalls
profitieren, von der höheren Pendlerpauschale dagegen kaum.
24 Feb 2022
## LINKS
[1] /Nach-Abschaffung-der-EEG-Umlage/!5834428
[2] /Ampel-Kabinett-gegen-hohe-Energiepreise/!5832856
## AUTOREN
Malte Kreutzfeldt
## TAGS
Energiepreise
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Schwerpunkt Klimawandel
Heizkosten
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