# taz.de -- Josef Schuster über AfDler Jens Maier: „Völlig inakzeptabel“ | |
> AfDler Jens Maier will seinen Job als Richter in Sachsen zurück – die | |
> Landesregierung gibt sich machtlos. Jetzt kommt Kritik vom Zentralrat der | |
> Juden. | |
Bild: Jens Maier im Januar 2018 als AfD-Abgeordneter im deutschen Bundestag | |
BERLIN taz | Ein rechtsextremer Richter spricht Urteile „im Namen des | |
Volkes“ – was in Sachsen [1][im Fall des früheren | |
AfD-Bundestagsabgeordneten Jens Maier] droht, alarmiert nun den Zentralrat | |
der Juden in Deutschland. Dessen Präsident Josef Schuster dringt darauf, | |
die Rückkehr von Maier in den sächsischen Justizdienst zu verhindern. „Es | |
erscheint mir, als seien hier die rechtlichen Möglichkeiten noch nicht | |
ausgeschöpft“, sagte Schuster am Dienstag der taz. | |
Der Präsident des Zentralrats reagierte damit auf ein Gutachten des von der | |
Grünen-Politikerin Katja Meier geführten sächsischen Justizministeriums, | |
laut dem die Behörde selbst „grundsätzlich nicht befugt“ ist, ein | |
Disziplinarverfahren gegen eine Richterin oder einen Richter einzuleiten. | |
Dies gelte auch während eines laufenden Verfahrens auf Zurückführung in das | |
frühere Richterverhältnis. Das Abgeordnetengesetz sichert Staatsdienern | |
nach Beendigung des Bundestagsmandats grundsätzlich eine „Wiederverwendung“ | |
zu. Maier war bis zu seiner Wahl 2017 in den Bundestag Richter am | |
Landgericht Dresden. | |
Schuster bezeichnete [2][die Rechtsauffassung des sächsischen | |
Justizministeriums] als „wenig verständlich“ und „nicht nachvollziehbar�… | |
ja sogar als „beschämend“. Der Präsident des Zentralrats sagte: „Es ist… | |
mich völlig inakzeptabel, wie eine Person, die nach Auffassung des | |
Verfassungsschutzes rechtsextremistisch einzustufen ist und gegen das | |
Grundgesetz agiert, als Richter eingesetzt werden kann.“ Maier saß von 2017 | |
bis 2021 für die AfD im Bundestag, im September 2021 verfehlte er die | |
Wiederwahl. Vor seiner Zeit als Abgeordneter war er Richter am Landgericht | |
Dresden. | |
Schuster argumentiert, Voraussetzung der „persönlichen Eignung“ für das | |
Richteramt sei insbesondere das Eintreten für die | |
freiheitlich-demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes. „Ich | |
sehe in keiner Weise, wie dies bei einem Rechtsextremisten möglich sein | |
soll. Damit liegen bei Jens Maier nach meiner Überzeugung die | |
erforderlichen Voraussetzungen für eine Befähigung zum Richter nicht vor.“ | |
## „Juristische Ohrfeigen“ | |
Das sächsische Justizministerium sieht als Möglichkeit, den weiteren | |
Einsatz von Maier als Richter zu überprüfen, aktuell lediglich ein | |
Disziplinarverfahren, für das dann aber einschließlich der erforderlichen | |
Ermittlungen grundsätzlich die oder der unmittelbare Dienstvorgesetzte | |
zuständig wäre. Maier hatte den Antrag auf Rückkehr in den sächsischen | |
Justizdienst rechtzeitig, noch im Dezember 2021, gestellt. | |
Die Behörden in Sachsen haben nun bis März Zeit, zu entscheiden, an welchem | |
Gericht der AfD-Politiker eingesetzt werden soll. Von seinem Anspruch auf | |
einen gleichwertigen Posten geht das sächsische Justizministerium weiterhin | |
aus. Es gebe keine Möglichkeit, dem Antrag nicht zu entsprechen, heißt es | |
aus der Behörde. | |
Der Bremer Verfassungsrechtler Andreas Fischer-Lescano hatte dagegen im | |
Januar im Portal Verfassungsblog sowie in mehreren Interviews, unter | |
anderem in der taz, die Entlassung Maiers gefordert. Vom sächsischen | |
Justizministerium verlangte er, dieses müsse „ein disziplinarisches | |
Verfahren eröffnen, die vorläufige Dienstenthebung und die Entlassung | |
Maiers aus dem Justizdienst einleiten“. | |
Die Einschätzungen Fischer-Lescanos haben unter Jurist:innen eine | |
kontroverse Debatte ausgelöst. Joachim Wagner, Autor des Buches „Rechte | |
Richter“, schrieb auf dem Portal Legal Tribune Online, mit seinem Gutachten | |
habe das sächsische Justizministerium Fischer-Lescano „juristische | |
Ohrfeigen“ gegeben. Seine Rechtsansicht sei womöglich populär, „für das | |
Ansehen des Rechtsstaates ist es jedoch ungleich wichtiger, dass eine | |
Rechtsansicht vor den Gerichten Bestand hat“. | |
## Disziplinarverfahren und Richteranklage parallel | |
Fischer-Lescano fand jedoch auch prominente Fürsprecher:innen. Klaus | |
Ferdinand Gärditz, Professor für Öffentliches Recht an der Universität | |
Bonn, gibt in einem Beitrag für den Verfassungsblog zu, „dass die | |
Rechtslage verwinkelt ist und die Causa Jens Maier trotz offenkundig | |
verfassungsfeindlicher Äußerungen sicherlich kein einfacher Fall“ sei. | |
„Insgesamt sprechen aber bessere Gründe dafür, dass eine | |
richterdienstrechtliche Reaktion möglich ist und die Justizministerin nicht | |
zur Handlungsunfähigkeit verdammt ist“. | |
Die Dresdner Rechtsanwältin Kati Lang, Mitherausgeberin des aktuellen | |
Reports „Recht gegen rechts“, schreibt in einem Twitter-Thread, es gebe | |
„gewichtige Argumente“ für eine Zuständigkeit des sächsischen | |
Justizministeriums in dem Fall, daneben sei auch der sächsische Landtag | |
„zum Handeln aufgefordert“. Ein Disziplinarverfahren der Justiz und eine | |
Richteranklage des Parlaments könnten parallel funktionieren. Lang warf den | |
demokratischen Parteien im sächsischen Landtag als auch der grünen | |
Landesjustizministerin „politische Verantwortungslosigkeit“ vor, diese | |
würden damit „den Rechten Tür und Tor öffnen“. | |
Auch Zentralratspräsident Schuster sagte, es wäre „nach meinem laienhaften | |
Verständnis eine Aberkennung der Befähigung zum Richter, eine Entlassung | |
oder eine Dienstaufsichtsbeschwerde genauer zu prüfen und gegebenenfalls | |
schnellstmöglich umzusetzen“. Ob im konkreten Fall Maier auch eine Änderung | |
des Abgeordnetengesetzes im Bund – diese war von der sächsischen | |
Justizministerin ins Gespräch gebracht worden – zielführend wäre, wollte er | |
nicht beurteilen. Aber: „Auf jeden Fall scheinen die gesetzlichen | |
Regelungen für die Voraussetzungen zur Befähigung bzw. Aberkennung zum | |
Richteramt nicht ausreichend konkret genug zu sein und müssten vielleicht | |
geschärft werden.“ | |
Die Auseinandersetzung um AfD-Richter Maier illustriert, wie kompliziert es | |
im Einzelfall ist, Verfassungsfeinde schneller aus dem öffentlichen Dienst | |
zu entfernen, wie es Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) im Januar | |
angekündigt hatte. Das Deutsche Institut für Menschenrechte hatte der | |
Regierung Anfang Februar mit einer neuen Studie Argumente geliefert. | |
Hendrik Cremer, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts, erläuterte | |
darin, warum der Rechtsstaat disziplinarrechtliche Konsequenzen ziehen | |
müsse, wenn Beamt:innen für die AfD eintreten und so deren rassistische | |
und rechtsextreme Positionen unterstützen. | |
8 Feb 2022 | |
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## AUTOREN | |
Matthias Meisner | |
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