# taz.de -- Autonome in Venezuela: Asyl für zwei deutsche Linke | |
> In Deutschland wird den beiden Männern vorgeworfen, 1995 einen Anschlag | |
> auf einen Abschiebeknast geplant zu haben. In Venezuela sind sie nun | |
> politische Flüchtlinge. | |
Bild: Thomas Walter und Peter Krauth 2017 | |
OAXACA taz | Venezuela hat zwei deutsche Linke, die seit 27 Jahren von der | |
Bundesanwaltschaft (BAW) wegen eines gescheiterten Anschlags verfolgt | |
werden, als politische Flüchtlinge anerkannt. Die vorgebrachten Gründe für | |
ein Asyl seien subjektiv und objektiv gegeben, schrieb die | |
Flüchtlingskommission (Conare) in ihrer Bewilligung, die den Geflüchteten | |
Thomas Walter und Peter Krauth jetzt zugesandt wurde. Die beiden haben nun | |
ein Bleiberecht in dem Land und können sich frei bewegen. Für ihren | |
Mitstreiter Bernd Heidbreder kam die Entscheidung zu spät. [1][Der | |
60-Jährige ist vergangenes Jahr an einem Krebsleiden gestorben]. | |
Walter, Krauth und Heidbreder mussten 1995 aus Deutschland flüchten, weil | |
die BAW ihnen vorwarf, [2][dass sie ein in Bau befindliches | |
Abschiebgefängnis in Berlin-Grünau in die Luft sprengen wollten]. Die | |
Aktion der militanten Gruppe „K.O.M.I.T.E.E“ sollte sich gegen die deutsche | |
Flüchtlingspolitik richten. Sie scheiterte, weil Polizisten das Tatfahrzeug | |
mitsamt Sprengstoff entdeckten. Gemäß den üblichen juristischen Standards | |
wäre der Tatvorwurf nach 20 Jahren verjährt gewesen. Die BAW änderte jedoch | |
den Vorwurf, sodass die Männer mittlerweile wegen der „Verabredung“ einer | |
Straftat verfolgt werden. Damit verlängerte sich die Verjährungsfrist im | |
Nachhinein auf 40 Jahre. | |
Die Drei lebten zunächst mehrere Jahre illegal in Venezuela. Nachdem | |
Heidbreder dann 2014 aufgrund eines internationalen Haftbefehls | |
festgenommen wurde und zwei Jahre in Haft saß, stellten er und später auch | |
Walter und Krauth [3][einen Antrag auf Anerkennung als politische | |
Flüchtlinge]. Obwohl gesetzlich vorgeschrieben ist, dass ein Asylverfahren | |
nicht länger als 90 Tage dauern darf, brauchte die Conare fünf Jahre, um | |
ihren Beschluss zu fassen. Dennoch stellen die beiden jetzt in einer | |
Erklärung klar: „Man muss kein erklärter Anhänger der venezolanischen | |
Regierung sein, um dieser Entscheidung trotzdem Respekt zu zollen.“ Sie vor | |
der politischen Verfolgung eines der reichsten Länder der Welt zu schützen, | |
sei „nichts weniger als mutig“. | |
Gemeinsam mit Freundinnen und Freunden in Deutschland sowie ihren | |
Anwältinnen haben die drei Männer dafür gekämpft, dass die BAW die | |
rechtsübliche Verjährung von 20 Jahren akzeptiert, anstatt mit juristischen | |
Spitzfindigkeiten an der Verfolgung festzuhalten. In dem erfolgreichen | |
Kinofilm „Gegen den Strom“ des Dokumentarfilmers Sobo Swobodnik stellte | |
Walter die lange Geschichte von Flucht und Leben in der Illegalität dar und | |
kritisierte die Verfolgungswut der BAW. | |
Letztlich lehnten aber sowohl das Bundesverfassungsgericht als auch der | |
Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Beschwerden der | |
Beschuldigten ab. „Wir akzeptieren diese absurde Auslegung von Paragraphen | |
nicht, die lediglich den persönlichen Rachegelüsten rechtslastiger Fahnder | |
dient“, erklärten Walter und Krauth. Das Verfahren müsse eingestellt | |
werden. | |
28 Jan 2022 | |
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## AUTOREN | |
Wolf-Dieter Vogel | |
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