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# taz.de -- Aktivistinnen in Afghanistan: Frauenrechte sind nicht viel wert
> Sieben im Januar in Afghanistan verhaftete Frauenrechtlerinnen sind
> wieder frei. Aber am Wochenende gab es neue Festnahmen.
Bild: Den Taliban ein Dorn im Auge: Frauenproteste in Kabul am 28. Dezember 2021
Berlin taz | Die Taliban haben am Wochenende sieben im Januar festgenommene
Frauenrechtlerinnen freigelassen. Es handelt sich um Parwana Ibrahimchel,
Sahra Mohammadi, Mursal Ajar and Tamana Zarjabi Pariani sowie deren drei
Schwestern Sarmina, Schafika and Karima. Sie waren festgenommen worden,
nachdem sie sich in Kabul an einem [1][Protest gegen Zwangsverschleierung]
und für die Freilassung der ehemaligen Direktorin des Frauengefängnisses
von Herat, Alia Asisi, beteiligt hatten.
Sie hatten dabei eine Burka mit Füßen getreten, was Talibanvertreter als
Missachtung des Islams bezeichneten. Asisi war nach Angaben der
Frauennachrichtenagentur Ruchschana im Oktober „verschwunden“, nachdem sie
einer Aufforderung der örtlichen Talibanbehörden gefolgt war, zum Dienst
zurückzukehren.
Verwandte bestätigten internationalen und afghanischen Medien die
Freilassung. Sie sagten dem unabhängigen Kabuler Fernsehsender Tolo auch,
dass sie sich „unter Druck“ fühlten, nicht über Details ihrer Haft zu
sprechen. Das deutet darauf hin, dass die Freilassung unter Auflagen
erfolgte. Vor den Verhaftungen sprachen Angehörige über Druck auf die
Familien, etwa durch Drohanrufe.
Die Taliban bestätigten die Freilassung offiziell ebenso wenig wie die
ursprünglichen Festnahmen. Sie hatten mehrmals bestritten, dass sie die
Frauen überhaupt festhielten und warfen insbesondere Zarjabi Pariani vor,
ein Video gefälscht zu haben, in dem sie kurz vor ihrer Festnahme um Hilfe
rief.
## Offenbar trug internationaler Druck zur Freilassung bei
Es besteht aber kein Zweifel daran, dass die Festgenommenen sich in
Taliban-Haft befunden haben. Der im Exil lebende afghanische Ex-Diplomat
Dschafar Rasuli bestätigte unter Berufung auf mehrere Familienangehörige,
sie seien zusammen in einer Zelle gewesen. Talibansprecher Sabihullah
Mudschahid erklärte später, die Talibanregierung hätte das Recht,
„Dissidenten und Gesetzesbrecher“ festzunehmen, was auch für
Teilnehmer:innen ungenehmigter Proteste gelte. Es ist auch möglich,
dass der Talibangeheimdienst die Festnahmen in Eigenregie durchführte.
Die Freilassung ist offenbar das Resultat großer internationaler
Aufmerksamkeit für diese Fälle, fortgesetzter Proteste in Afghanistan sowie
anhaltenden diplomatischen Drucks auf die Führung der Islamistenbewegung,
die fast auf den Tag genau vor einem halben Jahr die Macht übernahm.
Die Frage der verhafteten Frauen war auch bei [2][Gesprächen] zwischen
Vertretern mehrerer Geberländer, der Taliban und der afghanischen
Zivilgesellschaft Ende Januar in Norwegen angesprochen worden. Die
ebenfalls eingeladene Sprecherin der Frauenproteste, Huda Chamusch,
beantragte anschließend dort Asyl.
Am Samstag nahmen die Taliban erneut zwei Aktivistinnen fest, deren Namen
der Sender Tolo mit Madina Darwasi und Mardschan angab. Es ist unklar, ob
sie zu den etwa 20 Demonstrantinnen gehörten, die am selben Tag erstmals
seit vier Monaten wieder einen Straßenprotest abhielten – bevor die
Freilassungen bekannt geworden waren. Eine Teilnehmerin sagte Tolo, der
Protest sei „eine Reaktion auf all die Probleme, die die Taliban für die
Menschen Afghanistans schaffen“.
Die Frauen verurteilten in einer verlesenen Resolution den „Ausschluss der
Frauen aus den Regierungsbüros, der Gesellschaft und vom Arbeitsmarkt“ und
erklärten, das „gendereinseitige und totalitäre Regime“ der Taliban sei
„zum Scheitern verurteilt“.
Am Sonntag sagte ein weiterer Sprecher der Taliban, Suhail Schahin, dass es
wichtig sei, Frauenrechte zu garantieren, aber dafür nicht nötig, Frauen
ins Kabinett aufzunehmen.
14 Feb 2022
## LINKS
[1] /Afghanistan-unter-den-Taliban/!5829763
[2] /Afghanistan-Konferenz-in-Oslo/!5830064
## AUTOREN
Thomas Ruttig
## TAGS
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Taliban
Frauenrechte
Menschenrechte
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