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# taz.de -- Afghanistan unter den Taliban: Frauen kämpfen in der ersten Reihe
> Protest gegen Zwangsverschleierungen in Kabul und Berichte aus drei
> Städten über Festnahmen, Verschwindenlassen und Morde.
Bild: Frauen in Kabul protestieren Ende Dezember 2021 gegen ihre gesellschaftli…
Berlin taz | Die Taliban haben am späten Mittwoch in Kabul zwei
Mitorganisatorinnen der jüngsten Frauenproteste festgenommen, dies aber
nicht offiziell bestätigt. In der afghanischen Hauptstadt verschafften sie
sich gewaltsam Zutritt zur Wohnung von Tamana Sarjab Pariani, nachdem die
junge Frau ihnen nicht geöffnet hatte.
Ein Video von der Aktion macht seit Donnerstag die Runde in den sozialen
Medien. Auch drei Schwestern der Frau seien abgeführt worden, sagte ein
Augenzeuge zur Nachrichtenagentur AP. „Immer, wenn wir Tamana anrufen,
antwortet ein Taleb“, sagte eine Teilnehmerin der Proteste in Kabul der von
Frauen geleiteten Nachrichtenagentur Ruchschana. Laut BBC wurde auch die
frühere Journalistin Parwana Ibrahimchel in eine Falle gelockt und
festgenommen.
Am Sonntag hatte eine Gruppe von 25 Frauen protestiert, nachdem in den
Tagen zuvor in Kabuls Straßen offizielle Poster auftauchten, auf denen die
neuen Machthaber [1][Frauen] „auffordern“, die islamischen Regeln
einzuhalten, darunter auch die Verschleierung.
Die Frauen forderten auch Aufklärung über den Verbleib der Polizistin und
früheren Gefängnismanagerin von Herat, Alia Asisi, die seit Oktober
verschwunden ist. Sie hielten handgeschriebene Schilder hoch, auf denen
unter anderem auf Englisch „Frauenrechte sind Menschenrechte“ stand, und
riefen Slogans über Megaphone.
## Protest mit weißer Burka, roter Farbe und Fußtritten
Die Demonstrantinnen warfen eine weiße Burka auf den Boden, die mit roter
Farbe befleckt war, und traten sie mit Füßen. Die Burka symbolisiert für
sie die von den Taliban zunehmend institutionalisierte Entrechtung der
Frauen. Taliban-Polizei stoppte den Protest und setzte Pfefferspray gegen
die Frauen ein.
Die Taliban betrachteten die Form des Protests offenbar als Provokation,
denn Weiß ist auch die Farbe ihrer Flagge. Sie hatten deshalb bereits die
afghanischen Männer aufgefordert, keine weißen Socken zu tragen.
Ein Sprecher des Geheimdienstes, Chalid Hamras, erklärte per Twitter, dass
so eine „Beleidigung der religiösen und nationalen Werte des afghanischen
Volkes nicht mehr geduldet wird“. Ein anderer Talibankommandant nannte die
protestierenden Frauen „schamlos und ungläubig“.
Doch welche Art von Verschleierung genau die islamische Lehre vorschreibt,
ist unter Islamgelehrten umstritten. Am Donnerstag demonstrierten Frauen in
Kabul für die Verschleierung. Dabei trugen sie einheitlich aussehende
Poster mit Taliban-Insignien.
## Sensibles Thema Pakistan
Zuvor nahmen die Taliban den Aktivisten Asam Asemi fest, der in Kabul
Proteste gegen einen geplanten, dann abgesagten Besuch von Pakistans
nationalem Sicherheitsberater Moeed Yusuf organisiert hatte. In Kandahar
wurde Hakim Ulfat verhaftet, der online den Gebrauch der Taliban von
Fahrzeugen mit pakistanischem Kennzeichen kritisiert hatte.
In der letzten Woche hatten afghanische Frauen in einem geschlossenen Raum
dagegen protestiert, dass die Taliban Pakistan um die Entsendung von
Verwaltungsexperten gebeten haben, während sie trotz Hochschulabschlüssen
nicht mehr arbeiten dürfen, und stellte ein [2][Video des Protests] online.
Am Dienstag berichteten afghanische Medien, „unbekannte Schützen“ hätten …
nordafghanischen Masar-e Scharif von einem vorbeifahrenden Motorrad aus
Hanifa Nasari, eine örtliche Friedensaktivistin, erschossen. Verwandte
machten die Taliban für den Mord verantwortlich.
## Berichte von tödlicher Gewalt
In Masar waren bereits im November die Universitätsdozentin und
Frauenrechtlerin Forusan Safi sowie drei weitere Frauen ermordet
aufgefunden worden. Sie sollen durch fingierte Telefonanrufe wegen ihrer
angeblichen Evakuierung in die Nähe des dortigen Flughafens gelockt worden
seien.
Im südöstlichen Khost sollen ebenfalls am Dienstag zwei Menschen erschossen
– nach anderen Meldungen verwundet – worden sein, als Taliban versuchten,
einen Protest von Händlern zu zerstreuen. Angeblich sollten deren illegal
errichtete Verkaufsstände geräumt werden.
Am Montag warfen in Genf zahlreiche für die UNO tätige
Menschenrechtsexpertinnen den Taliban in einer Erklärung „fortgesetzte und
systematische Versuche“ vor, Frauen und Mädchen „aus dem sozialen,
wirtschaftlichen und politischen Leben auszuschließen“ und sie damit „in
die Armut zu stoßen“. Zu den Unterzeichner:innen der Erklärung gehören
20 UN-Sonderberichterstatter:innen, darunter die zu [3][Gewalt an Frauen],
Reem Alsalem.
21 Jan 2022
## LINKS
[1] /Frauen-in-Afghanistan/!5821937
[2] https://twitter.com/saberibrahimi/status/1482813698003644422
[3] /Frauenrechte-in-Afghanistan/!5817197
## AUTOREN
Thomas Ruttig
## TAGS
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