| # taz.de -- Hilfe für Menschen in Afghanistan: Verantwortung oder Zynismus | |
| > Humanitäre Gründe sollten ausreichen, den notleidenden Menschen zu | |
| > helfen. Der Westen ist mitverantwortlich für die Katastrophe in | |
| > Afghanistan. | |
| Bild: Straßenszene in Kabul, Oktober 2021: Das humanitäre Argument rechtferti… | |
| Nicht nur die [1][Machtübernahme der Taliban] hat das Desaster der | |
| westlichen Interventionspolitik in Afghanistan offensichtlich gemacht. Auch | |
| die dort weiter eskalierende humanitäre Katastrophe zeigt, dass es trotz | |
| hochbezahlter internationaler Expert*innen mit Milliardensummen nicht | |
| gelungen ist, dort in zwei Jahrzehnten wirtschaftliche Perspektiven | |
| aufzubauen. Gestärkt wurde vor allem die lokale Korruption. | |
| Deshalb möchten manche in Politik und Öffentlichkeit Afghanistan und ihre | |
| eigene Verantwortung jetzt am liebsten vergessen. Doch Wegschauen, die | |
| Afghan*innen komplett den Taliban auszuliefern und die Menschen allein | |
| dafür verantwortlich zu machen, wenn viele jetzt verhungern, ist verlogen. | |
| Es geht nicht nur um die humanitäre Verantwortung, Menschen in Not zu | |
| helfen, sondern eben auch um die Mitverantwortung westlicher Staaten für | |
| die Katastrophe. | |
| Es geht um das schlichte Überleben von Menschen, die zum Spielball | |
| nationaler wie internationaler Politik und deren Versagen wurden. Klar ist: | |
| Es wird wieder Milliarden kosten, weil es jetzt laut UN eben auch 27 | |
| Millionen Menschen betrifft. Die Taliban haben sogar zugestimmt, dass die | |
| [2][Nothilfe] im Gesundheitsbereich über NGOs erfolgt. Jetzt nicht zu | |
| helfen, wäre menschenverachtend und eine zusätzliche Bestrafung der Kinder, | |
| Frauen und Männer in dem Land, wo die Taliban die Macht erobert haben. | |
| Das humanitäre Argument rechtfertigt allein die Nothilfe. Doch werden gern | |
| zwei Argumente hinzugefügt, die an das vermeintliche Eigeninteresse | |
| westlicher Bevölkerungen appellieren: Je erfolgreicher Afghanistan mittels | |
| Nothilfe stabilisiert wird, desto weniger [3][Flüchtlinge] werden „zu uns“ | |
| kommen und desto weniger wird der terroristische sogenannte Islamische | |
| Staat (IS) vom dortigem Elend profitieren und „auch uns“ gefährden. Beide | |
| Argumente sind nicht völlig von der Hand zu weisen. | |
| Doch wer diese Krücken benötigt, um von der Notwendigkeit humanitärer Hilfe | |
| überzeugt zu werden, ist zynisch und eher Teil des Problems als seiner | |
| Lösung. | |
| 12 Jan 2022 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Nach-Machtuebernahme-der-Taliban/!5799137 | |
| [2] /Hilfe-fuer-Menschen-in-Afghanistan/!5824213 | |
| [3] https://www.t-online.de/nachrichten/ausland/krisen/id_90645832/afghanistan-… | |
| ## AUTOREN | |
| Sven Hansen | |
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