| # taz.de -- Israel-Palästina-Konflikt: Räumungsbefehl in Ost-Jerusalem | |
| > Das Haus der Salahiyas im umkämpften Stadtteil Sheikh Jarrah soll einer | |
| > Schule weichen. Dagegen regt sich Protest, auch aus Europa gibt es | |
| > Kritik. | |
| Bild: Israelische Streitkräfte bereiten sich auf die Räumung des Hauses der F… | |
| Berlin taz | Mohammed Salahiya hält einen Gaskanister in seiner Hand. | |
| Gemeinsam mit den anderen Männern seiner Familie hat er sich auf dem Dach | |
| seines Wohnhauses im Ostjerusalemer Stadtteil Sheikh Jarrah verschanzt. So | |
| sieht man es auf [1][Fotos und Videos, die am Montag durch die sozialen | |
| Medien] gingen. | |
| „Wir sind in diesem Haus seit den 50er Jahren und kämpfen gegen eine | |
| Räumung seit 25 Jahren“, sagt Abdallah Ikiramhawi auf dem Dach laut dem | |
| Aktivist*innen-Kollektiv Sheikh Jarrah-Komitee. „Jetzt benutzen sie die | |
| Entschuldigung, eine Schule bauen zu wollen. Wir wissen nicht, wohin wir | |
| gehen können.“ Vor dem Haus der 15-köpfigen Familie Salahiya steht die | |
| israelische Polizei mit einem Räumungsbefehl. Der Vater der Familie, | |
| Mohammed Salahiya, droht, sich anzuzünden, wenn die Familie wirklich | |
| geräumt wird. „Wir werden nicht gehen. Wir werden entweder leben oder | |
| sterben. Ich werde mich mit Gas anzünden“, sagt Salahiya in einem Video, | |
| das in den sozialen Medien zirkuliert. | |
| Der [2][Ostjerusalemer Stadtteil Sheikh Jarrah] steht immer wieder im Fokus | |
| des Konfliktes zwischen Palästinenser*innen und Israelis. Dort steht | |
| nicht nur die Familie Salahiya kurz vor einer Zwangsräumung. Zahlreiche | |
| andere Familien sind hier nach wie vor davon bedroht, ihr Haus zu | |
| verlieren. Im Mai hatte der Konflikt um Sheikh Jarrah mit zum Ausbruch des | |
| [3][elftägigen Krieges] zwischen der den Gazastreifen kontrollierenden | |
| Hamas und Israel gesorgt. | |
| Der Fall der Familie Salahiya ist allerdings ein besonderer: Anders als bei | |
| den anderen Familien steht keine Siedlerorganisation hinter dem Prozess, | |
| der gegen die Familien geführt wird, sondern die Jerusalemer | |
| Stadtverwaltung. Die hatte vor fünf Jahren angekündigt, das Land zu | |
| enteignen, um dort eine Schule zu bauen. Seitdem führt die Familie einen | |
| Rechtsstreit gegen ihre Zwangsräumung. Im vergangenen November hat die | |
| Familie nun einen flexiblen Räumungstermin für Januar mitgeteilt bekommen. | |
| Die rechtlichen Bedingungen sind kompliziert. | |
| ## Internationaler Protest gegen die Räumung | |
| Der Vater der Familie, Mohammed Salahiya, und seine Frau Lital, die jüdisch | |
| ist, leben seit mehreren Jahrzehnten auf dem Grundstück in der | |
| Nachbarschaft. Sie sagen, Mohammeds Vater habe das Land vor 1967 gekauft. | |
| Die Jerusalemer Stadtverwaltung aber behauptet, dass die Familie illegal | |
| auf dem Grundstück lebe. Das Grundstück sei Teil einer Fläche, die dem | |
| früheren Großmufti von Jerusalem gehört habe und die von Israel auf Basis | |
| des „[4][Gesetzes über den Besitz von Abwesenden]“ konfisziert wurde. | |
| Dieses 1950 erlassene Gesetz definiert Palästinenser*innen, die 1948 aus | |
| ihren Häusern vertrieben wurden, als Abwesende, die mit ihrer Abwesenheit | |
| die Rechte an ihrem Land verloren haben. | |
| Die Schule soll angeblich für palästinensische Kinder gebaut werden. | |
| „Selbst wenn das stimmen sollte, ist doch die Frage: Wer vertreibt eine | |
| Familie aus ihrem Haus, um dort eine Schule zu bauen?“, fragt Dana Naomy | |
| Mills, Sprecherin der Friedensorganisation Peace Now. „Zumal es keine 500 | |
| Meter entfernt eine freie Fläche gibt, auf der allerdings eine | |
| ultraorthodoxe Jeschiwa gebaut werden soll.“ Für Mills ist dieser Fall ein | |
| weiteres Beispiel für die Strategie vonseiten Israels, mit der verhindert | |
| werden soll, dass Jerusalem die zukünftige Hauptstadt eines | |
| palästinensischen Staates wird. | |
| Auch international stößt das Vorgehen auf Protest: Der Vertreter der | |
| Europäischen Union in den palästinensischen Gebieten, Sven Kühn von | |
| Burgsdorff, besuchte den Ort und [5][twitterte]: „Räumungen/Abbruchbefehle | |
| sind völkerrechtswidrig, untergraben die Aussichten auf Frieden erheblich | |
| und schüren die Spannungen vor Ort.“ Von den USA dürfte der Einspruch gegen | |
| die versuchte Zwangsräumung verspätet eintreffen. Aufgrund des | |
| Martin-Luther-King-Tags ist die amerikanische Botschaft geschlossen. | |
| Bis Redaktionsschluss verhandelten beide Seiten noch. Die Familie forderte, | |
| dass die Zwangsräumung bis zum 23. Februar ausgesetzt wird. Da ist eine | |
| Gerichtsanhörung geplant. Die Polizei hatte sich bislang geweigert, eine | |
| Garantie dafür abzugeben. | |
| 17 Jan 2022 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.instagram.com/tv/CY1bF-2q0E7/?utm_source=ig_web_copy_link | |
| [2] /Zwangsraeumungen-in-Ostjerusalem/!5786566 | |
| [3] /Nach-dem-Gazakrieg/!5769691 | |
| [4] https://www.nrc.no/globalassets/pdf/legal-opinions/absentee_law_memo.pdf | |
| [5] https://mobile.twitter.com/EUpalestinians | |
| ## AUTOREN | |
| Judith Poppe | |
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