| # taz.de -- Corona-Lockerungen in Sachsen: Freundschaftsdienst für die Polizei | |
| > Sachsen will bei Kundgebungen wieder mehr Menschen erlauben. So richtig | |
| > die Lockerung ist – den rechten Querdenkern dürfte sie Rückenwind geben. | |
| Bild: Polizei in Sachsen: Bei Demonstrationen gegen Coronamaßnahmen oft überf… | |
| Die sächsische Landesregierung will die Zahl der erlaubten | |
| Versammlungsteilnehmer*innen deutlich ausweiten. Seit dem 22. | |
| November sind in Sachsen wegen der Pandemie nur ortsfeste Kundgebungen mit | |
| zehn Personen zulässig. Ab Freitag sollen wieder 1.500 Menschen | |
| demonstrieren dürfen – sofern der kritische Wert von 1.300 | |
| Covid-Patient*innen auf der Normalstation oder 420 auf der Intensivstation | |
| nicht überschritten wird. Andernfalls sollen ortsfeste [1][Kundgebungen mit | |
| 200 Personen] stattfinden dürfen. | |
| Dass die Landesregierung die Beschränkungen des Versammlungsrechtes | |
| lockert, ist gut und folgerichtig, denn die Sieben-Tage-Inzidenz, die in | |
| Sachsen vor einem Monat noch bei über 1.000 lag, ist auf 303 gesunken; auch | |
| die Zahl der Covid-19-Patient*innen in den Krankenhäusern geht zurück. Das | |
| Recht zu demonstrieren ist für eine Demokratie zu wichtig, als dass man es | |
| trotz geringerem Infektionsgeschehen weiterhin so stark einschränken | |
| könnte. | |
| Nicht nachvollziehbar wiederum ist, dass sich künftig 200 Personen | |
| versammeln dürfen, wenn in den Kliniken die Überlastungsstufe gilt. Diese | |
| 200er-Grenze hat keinen medizinischen Grund, denn warum sollten in Sachsen, | |
| dem Bundesland mit der mit Abstand niedrigsten Impfquote Deutschlands, | |
| plötzlich Kundgebungen mit 200 statt mit zehn Personen vertretbar sein – | |
| und das bei der sich [2][rasant ausbreitenden Omikron-Variante]? | |
| ## Weniger Potenzial zum Scheitern | |
| Die 200er-Grenze wirkt wie ein Freundschaftsdienst für die sächsische | |
| Polizei, die es seit Wochen nicht hinkriegt, die Zehn-Personen-Grenze | |
| durchzusetzen. Bei 200 erlaubten Teilnehmer*innen muss die Polizei | |
| nicht versuchen, jede noch so kleine Querdenkerdemo aufzulösen. Das | |
| bedeutet: Entlastung der Einsatzkräfte und weniger Potenzial zum Scheitern. | |
| Allerdings werden die Querdenkerproteste nicht aufhören, nur weil die | |
| Regierung die Einschränkungen lockert. Im Gegenteil. Die rechtsextremen | |
| „Freien Sachsen“, die zu zahlreichen Coronademos in Sachsen aufrufen, | |
| feiern die Erhöhung der erlaubten Personenanzahl als Erfolg ihres Protests. | |
| [3][„Kretschmer-Regierung] beugt sich dem Druck der Straße, das kann nur | |
| der Anfang sein“, schreibt die Kleinstpartei etwa in ihrem Telegram-Kanal. | |
| Statt willkürlich die Anzahl der Versammlungsteilnehmer*innen auf | |
| 200 zu erhöhen, sollte sich die Landesregierung lieber überlegen, warum es | |
| der sächsischen Polizei nicht gelingt, die Coronaverordnung durchzusetzen | |
| und einen Plan erarbeiten, wie sie die fortschreitende Radikalisierung von | |
| Gegner*innen der Coronamaßnahmen stoppen will. | |
| 9 Jan 2022 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.freiepresse.de/nachrichten/sachsen/sachsen-erlaubt-200-teilnehm… | |
| [2] https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberi… | |
| [3] /Polizeipraesident-ueber-Coronademos/!5821120 | |
| ## AUTOREN | |
| Rieke Wiemann | |
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