# taz.de -- Neues Hafenmuseum in Hamburg: Verrottende Erinnerungen | |
> Das Museum soll die Arbeit im Hafen zeigen. Über der Planung eines | |
> schicken Neubaus drohen jedoch die Exponate zu verkommen. | |
Bild: Viel Handarbeit: historischer Hafenumschlag am Originalschauplatz im Hamb… | |
Hamburg taz | Die viel besungenen „Hamborger Veermaster“ gibt es zwar noch, | |
sie sind aber rar geworden. In Hamburg gibt es genau einen, und auch erst | |
seit dem vergangenen Jahr. 2017 wurde die marode „Peking“ mit einem | |
Frachter huckepack aus New York geholt und in Wewelsfleth an der Elbe | |
restauriert. Seit gut einem Jahr liegt sie etwas versteckt mitten im Hafen, | |
an einem historischen Kai mit bocksbeinigen Kranen, Bahngleisen und | |
langgestreckten Schuppen aus Backstein. | |
[1][Die „Peking“ soll das Prunkstück des im Aufbau befindlichen Deutschen | |
Hafenmuseums werden]. Doch während das charismatische Schiff mit viel Geld | |
hergerichtet wurde, drohen andere Exponate zu verrotten – und zwar | |
ausgerechnet jene, die einmal den Kern des Museums ausmachen sollten. Das | |
zumindest befürchtet Wolfgang Schwerdtfeger vom Verein Hafenkultur. | |
Der ehemalige Hafenarbeiter hat – als Privatmann, wie er betont – bei Open | |
Petition einen Aufruf zur Rettung des Hafenmuseums am Schuppen Nummer 50 | |
gestartet. Der Schuppen, vor dem die „Peking“ liegt, ist Teil eines | |
denkmalgeschützten und gern für Events vermieteten Ensembles. Er beherbergt | |
ein Schaudepot mit allem, was mit der Arbeit im Hafen zu tun hat: von den | |
Scheffeln, mit denen der Kornumstecher die Fracht prüfte, bis zur | |
Schiffssteuerungsanlage. | |
Während diese Dinge bloß recht in Szene gesetzt werden müssten, geht es bei | |
den großen Objekten draußen um die Existenz. Als Beispiel präsentiert | |
Schwerdtfeger den orangefarbenen VC2 aus dem Jahr 1975 im Nieselregen. „VC“ | |
steht für Van Carrier. Gemeint ist ein stelzenbeiniger Hubwagen für | |
Container mit einer Fahrerkanzel in luftiger Höhe. | |
## Vorführungen am Originalschauplatz | |
Der VC2 steht für den Anfang des modernen Hafenumschlags, bei dem im | |
Wesentlichen Container hin und her gestapelt werden. Weiter zurück in die | |
Vergangenheit reichen die schwenkbaren Kräne mit ihren hoch aufragenden | |
Armen. Damit wurden früher Kaffeesäcke, Fässer und Autos aus den Schiffen | |
gehoben. Viel zu kleinteilig, umständlich und fummelig im Vergleich zu den | |
heutigen Containerbrücken, die ganz Lastwagenladungen auf einmal schnell | |
und präzise bewegen. | |
Diese Kräne, unter denen die Hafenbahn halten konnte, repräsentieren einen | |
Umschlag, wie er bis Anfang der 1960er Jahre modern war. Was nicht gleich | |
abgefahren wurde, kam zum Lagern und Umverpacken in den Schuppen und konnte | |
an dessen anderer Seite per Lastwagen abtransportiert werden. | |
Die [2][Idee des Hafenmuseums ist, diese Vorgänge am Originalschauplatz | |
zeigen zu können]. Das werde aber nur funktionieren, wenn auch die Exponate | |
erhalten werden, sagt Hafenkultur-Vorstand Schwerdtfeger. Das geschehe | |
derzeit nur mit Hilfe von Spenden. | |
Der Zustand der Geräte kontrastiert die großen Pläne für das Museum. Zwar | |
sollen die alten Schuppen erhalten bleiben, zugleich soll das Museum aber | |
einen zweiten Standort erhalten – einen Neubau, der einen neuen Stadtteil | |
veredeln und zukünftig Liegeplatz der „Peking“ werden soll. Dafür soll es | |
Millionen von der Kulturstaatsministerin in Berlin geben. | |
## Die Zeit läuft | |
„Was wird bis dahin aus den Exponaten?“, fragt Schwerdtfeger, der sich von | |
der Stadt, namentlich dem Direktor der [3][Stiftung Historische Museen | |
Hamburg (SHMH]) Hans-Jörg Czech, im Stich gelassen fühlt. So langsam | |
[4][sinke der Mut der Ehrenamtlichen]. | |
„Es ist in keinster Weise beabsichtigt, diese Kräne und Van Carrier sich | |
selbst zu überlassen“, versichert Matthias Seeberg, Pressesprecher der | |
Stiftung. Natürlich gebe es einen Investitionsbedarf. Die Frage sei, woher | |
das Geld dafür in Zukunft kommen solle. Aus dem laufenden Budget sei das | |
nicht möglich. Stadt und Bund seien dem Museum aber wohl gesonnen. | |
Schwerdtfeger hat eher das Gefühl, dass den Ehrenamtlichen Steine in den | |
Weg gelegt werden. „Irgendwie spielt die Bürokratie nicht mit“, sagt er. | |
15 Jan 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Zukunft-des-Hamburger-Hafenmuseums/!5469810 | |
[2] /Hamburger-Museumspolitik-nebuloes/!5301571 | |
[3] https://shmh.de/de/ | |
[4] http://www.hafenkultur.eu/ | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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