# taz.de -- Denkmal für Laye Condé in Bremen: Rassismuserfahrung erwünscht | |
> Die Bremer Kulturbehörde will an die schreckliche Zeit der | |
> Brechmittelfolter erinnern. Von Rassismus Betroffene sollen ein Kunstwerk | |
> dafür auswählen. | |
Bild: Ein Foto und eine Trauerbekundung zum zehnjährigen Todestag von Laye Con… | |
BREMEN taz | Die Bremer Kulturbehörde wünscht sich ein „Kunstwerk, das | |
erinnert und mahnt“: an die schreckliche Zeit der Brechmittelfolter und den | |
[1][Tod von Laye-Alama Condé]; und daran, dass das alles nicht vergessen | |
werden darf. Sie sucht nun Bremer:innen, die ehrenamtlich eine | |
Auswahlkommission bilden, die über die Gestaltung des Gedenkortes | |
entscheiden soll. | |
„Haben Sie selbst Erfahrungen mit Rassismus und Diskriminierung in Bremen – | |
und damit einen Blick für die besondere Perspektive des Gedenkorts? Machen | |
Sie selbst die Erfahrung, als ‚fremd‘ angesehen zu werden?“ Diese und | |
weitere Fragen stehen im [2][Aufruf der Behörde]. Auch wer selbst von | |
Brechmittelfolter betroffen war und oder jemanden kennt, ist gefragt. | |
Ende Dezember 2004 wurde der aus Sierra Leone geflüchtete Laye-Alama Condé | |
verdächtigt, mit Drogen zu dealen. In Polizeigewahrsam fesselte man ihn und | |
flößte ihm über eine Nasensonde zwangsweise Brechmittel und Wasser ein. Er | |
fiel ins Koma und starb Anfang Januar. Er ertrank. 17 Jahre ist sein Tod | |
nun her. Vor 16 Jahren stufte der Europäische Gerichtshof für | |
Menschenrechte diese Brechmittelvergabe als Verstoß gegen das Folterverbot | |
ein. | |
Und vor rund einem Jahr beschloss die Bremische Bürgerschaft, ein Mahnmal | |
für die Opfer von Brechmittelfolter zu schaffen. Im vergangenen Jahr hat | |
sich der Landesbeirat für Kunst im öffentlichem Raum mehrfach dazu | |
getroffen. Der Ort soll neben dem Gerhard-Marcks-Haus in der Innenstadt | |
entstehen, in Sichtweite der großen Polizeiwache. | |
## Brechmittelfolter als rassistische Maßnahme | |
Was genau dort entstehen soll, möchte der Landesbeirat aber nicht alleine | |
entscheiden: „Schon in diesem Schritt wollen wir Beteiligung schaffen von | |
Menschen, die Expertise haben, die wir gar nicht mitbringen und ein | |
Verständnis, das wir aus unserer privilegierten Perspektive gar nicht haben | |
können“, sagte Kai Wargalla im Dezember der taz. Sie ist kulturpolitische | |
Sprecherin der Grünen-Fraktion. Die Kulturbehörde, erklärt ein Sprecher, | |
erhofft sich durch dieses Vorgehen zudem eine hohe gesellschaftliche | |
Akzeptanz und Identifikation mit dem Gedenkort. | |
Nicht nur an Condé soll der Ort erinnern, sondern an alle Opfer der | |
Brechmittelfolter. „Zwischen 1991 und 2004 sind in Bremen in über 1.000 | |
Fällen Brechmittel an Menschen in Polizeigewahrsam verabreicht worden“, | |
heißt es auf der Webseite [3][brechmittelfolter-bremen.de], auf die auch | |
die Kulturbehörde in ihrer Mitteilung verweist. | |
In einem Text auf der Seite, in dem es um den Fall Condés, die Aufarbeitung | |
und die jährlich durch die „Initiative in Gedenken an Laye-Alama Condé“ | |
initiierten Gedenktage geht, wird betont, dass die Brechmittelfolter eine | |
„rassistische Maßnahme“ war: 99 Prozent der Betroffenen „waren | |
afrikanischer Herkunft“. | |
Ein Gedenkort könne zum einen die Übernahme [4][der politischen | |
Verantwortung] für den Tod Condés bedeuten. Zum anderen könne durch ihn der | |
„Glauben an Gerechtigkeit“, die viele durch die Brechmittelfolter selbst | |
sowie die [5][Einstellung der Verfahren] gegen mutmaßlich Verantwortliche | |
verloren haben, zurückgewonnen werden. | |
Gundula Oerter von der Initiative in Gedenken an Laye- Alama Condé findet | |
den Weg des Landesbeirats gut. „Die Praxis der Brechmittelvergabe war | |
Ausdruck staatlicher Diskriminierung von Schwarzen Menschen“, sagt sie. | |
„Struktureller Rassismus und alltägliche rassistische Angriffe sind nach | |
wie vor aktuell. Daher müssen die Perspektiven derjenigen sichtbar gemacht | |
werden, die davon betroffen und gefährdet sind.“ | |
Bis Ende Februar können sich Interessierte bei der Kulturbehörde melden. | |
Voraussetzung ist – neben dem Interesse an Thema und Gedenkort – genug | |
Zeit, um sich über ein Jahr lang ehrenamtlich und regelmäßig mit der | |
Auswahlkommission zu treffen. Steht die Kommission, bewerben sich | |
Künstler:innen mit ihren Entwürfen. Bei der Auswahl steht der Kommission | |
eine „künstlerisch-fachliche Beratung“ zur Seite, heißt es in dem Aufruf | |
der Behörde – Kunstexpert:in muss man demnach nicht sein, um | |
mitentscheiden zu können, welche Variante dann bis Ende 2023 umgesetzt | |
wird. | |
4 Jan 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Nach-Brechmittelfolter-in-Bremen/!5818752 | |
[2] https://www.senatspressestelle.bremen.de/pressemitteilungen/gedenkort-fuer-… | |
[3] https://brechmittelfolter-bremen.de/ | |
[4] /Frueherer-Polizeichef-ueber-Fehlerkultur/!5789096 | |
[5] /Fehler-eingestanden/!5368709 | |
## AUTOREN | |
Alina Götz | |
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