# taz.de -- Neuer Ostbeauftragter Carsten Schneider: Verlorenes Vertrauen | |
> Durch die Pandemie schrumpft das Vertrauen in Politik, Medien und | |
> Wissenschaft. In Ost- und Westdeutschland. | |
Bild: An funktionierenden Strukturen der demokratischen Parteien, inklusive der… | |
Carsten Schneider, der neue Staatsminister für Ostdeutschland, haut zu | |
Beginn seiner Amtszeit gleich mal voll rein. Im Osten gebe es keine | |
funktionierenden Strukturen der demokratischen Parteien, sagte er in einem | |
Interview mit dem [1][Tagesspiegel am Sonntag]: „Die einzigen Strukturen | |
sind oft nur die Feuerwehr und der Sportverein.“ Spitzt man Schneiders | |
These zu, heißt das: Sämtliche Parteien hätten von Mecklenburg-Vorpommern | |
bis nach Thüringen komplett versagt. Auch seine Partei, die SPD. | |
Ganz falsch ist das nicht. Einer aktuellen Umfrage des | |
Meinungsforschungsinstituts Policy Matters im Auftrag der | |
[2][Körber-Stiftung] zufolge haben die Menschen in ganz Deutschland in den | |
vergangenen zwei Pandemiejahren das Vertrauen in demokratische Strukturen | |
verloren. Nur knapp die Hälfte der Bevölkerung vertraut demzufolge der | |
hiesigen Demokratie, während 30 Prozent von ihr nichts mehr erwarten. | |
Von diesem Misstrauen betroffen sind auch die Bundesregierung und die | |
Medien. Doch ist das vor allem [3][ein Problem des Ostens?] Natürlich | |
nicht. Auch in Süddeutschland ist der Zuspruch zu Parteien, demokratischen | |
Strukturen, Medien und Wissenschaftseinrichtungen gesunken. Allerdings | |
unterscheidet sich die Ursache für die Abkehr vom Demokratieverständnis: Im | |
Osten fühlen sich jene, die das heutige System infrage stellen, offenbar an | |
die DDR und ihre restriktive und undemokratische Politik erinnert. | |
So bevormundet wie einst, heute etwa durch eine Impfpflicht, wollen sie nie | |
wieder sein. Im Westen fruchten dagegen verstärkt [4][esoterische und | |
anthroposophische Legenden], die sich vor allem Wohlstandsbetroffene | |
leisten können und die allein deswegen im Osten nie eine Basis hatten. Um | |
die „Debattenkultur zu beleben“, will Schneider, der selbst aus dem Osten | |
kommt, mit einer Neuauflage der runden Tische aus der Wendezeit | |
„niedrigschwellige Diskussionsangebote“ machen. | |
Keine schlechte Idee, viele Ostdeutsche fühlten sich dadurch „gehört“. Ab… | |
seitdem sind 30 Jahre vergangen – und runde Tische bräuchte der Westen | |
ebenso wie der Osten. | |
2 Jan 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://plus.tagesspiegel.de/politik/neuer-ost-beauftragter-im-interview-di… | |
[2] https://www.koerber-stiftung.de/fileadmin/user_upload/koerber-stiftung/reda… | |
[3] /Ostbeauftragter-Marco-Wanderwitz/!5772366 | |
[4] /Studie-zu-Querdenken-in-BaWue/!5816872 | |
## AUTOREN | |
Simone Schmollack | |
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