| # taz.de -- US-Interesse an Burundi: Seltene Erden statt Sanktionen | |
| > In Burundi liegt Afrikas einzige Mine für Seltene Erden, ThyssenKrupp ist | |
| > Kunde. Die USA brauchen den Rohstoff – und beenden ihre | |
| > Burundi-Sanktionen. | |
| Bild: Burundis Präsident Evariste Ndayishimiye | |
| Brüssel taz | Verwundert reagieren Menschenrechtsgruppen auf den Beschluss | |
| der USA, die Sanktionen gegen Burundi aufzuheben. Die Strafmaßnahmen waren | |
| im November 2015 eine Reaktion auf massive Menschenrechtsverletzungen in | |
| Burundi im Zusammenhang mit der dritten Amtszeit des dortigen Präsidenten | |
| [1][Pierre Nkurunziza] und der Repression gegen die Opposition, | |
| einschließlich Morde an Zivilisten. | |
| Im Laufe des vergangenen Jahres aber, so das [2][Aufhebungsdekret] von | |
| US-Präsident Joe Biden vom 18. November, habe sich die Lage „erheblich | |
| verändert“. | |
| Gemeint ist die Nachfolge von Évariste Ndayishimiye als Präsident Burundis | |
| im Juni 2020 nach Nkurunzizas Tod. Doch eine UN-Untersuchungskommission | |
| sprach erst im vergangenen September von einer „desaströsen“ | |
| Menschenrechtslage, die sich noch „verschlimmert“ habe. | |
| Nach Angaben der Antifolterorganisation [3][Acat-Burundi] (Christliche | |
| Aktion zur Abschaffung der Folter in Burundi) sind seit Juni 2020 in | |
| Burundi 695 politische Morde verübt worden und 1.000 bis 2.000 politische | |
| Gefangene sitzen in Haft. Erst im Oktober [4][verlängerte die EU erneut | |
| ihre Sanktionen] gegen hochrangige burundische Persönlichkeiten, so der | |
| Innenminister Gervais Ndirakobuca, der Präsidialbeauftragte Godefois | |
| Bizimana und der Geheimdienstchef Joseph Niyonzima. | |
| Dabei hatte im Juni der EU-Botschafter in Burundi, Claude Bochu aus | |
| Frankreich, „positive Entwicklungen“ in Burundi begrüßt und ein Ende der | |
| europäischen Strafmaßnahmen in Aussicht gestellt. | |
| Auch die US-Botschafterin Melanie Higgins stellte im Juni 2021 eine | |
| Lockerung der US-Sanktionen in Aussicht, als sie von Burundis Präsident | |
| Ndayishimiye empfangen wurde und mit ihm über eine erneute Entsendung | |
| burundischer Soldaten in die afrikanische Somalia-Eingreiftruppe Amisom | |
| sprach. | |
| Unter der Trump-Regierung bereits hatten die USA an einer Wiederannäherung | |
| an Burundi gearbeitet: Trumps im Jahr 2018 ernannter Sonderbeauftragte für | |
| das Afrika der Großen Seen, Peter Pham, nahm am 1. Juli 2020 an den Feiern | |
| zu Burundis Unabhängigkeitsjahrestag teil und saß dabei zwischen dem | |
| Präsidenten und dem burundischen Premierminister Alain-Guillaume Bunyoni, | |
| der auf der US-Sanktionsliste stand. | |
| ## Evangelikale lieben Burundi | |
| Große Sympathien für Burundis Regime gibt es bei US-Evangelikalen, denen | |
| der 2020 verstorbene Präsident Nkurunziza sehr nahe stand. Doch spielen | |
| nicht nur religiöse Erwägungen eine Rolle. Es geht auch darum, dass die | |
| einzige Mine Afrikas für Seltene Erden, die aktuell in Betrieb ist, in | |
| Burundi liegt – Gakara rund 20 Kilometer außerhalb der Hauptstadt | |
| Bujumbura. 70 Prozent der Seltenen Erden weltweit werden in China | |
| gefördert, die USA suchen dringend nach Alternativen. | |
| Aus Gakara kamen im Jahr 2020 500 Tonnen Seltene Erden, die Reserven werden | |
| auf über eine Million geschätzt. Die Förderlizenz hält die Firma | |
| [5][Rainbow Rare Earths (RRE)] des zypriotischen Magnaten Adonis Pouroulis; | |
| im Vorstand der Firma sitzt Bill Clintons ehemaliger stellvertretender | |
| Afrika-Sicherheitsberater Shawn McCormick. | |
| Und einen Monat bevor sich US-Botschafterin Higgins in Burundi für ein Ende | |
| der Sanktionen aussprach, wurde auch der ehemalige Trump-Beauftragte Peter | |
| Pham in den RRE-Vorstand ernannt. „Peters Kenntnisse sind von unschätzbarem | |
| Wert“, freute sich Firmenchef Pouroulis am 7. Mai 2021. | |
| Mit dem US-Interesse im Rücken kann nun Burundis Regierung aufatmen. Im | |
| April suspendierte sie Mineralienexporte, um eine bessere Aufteilung der | |
| Einnahmen zu erzwingen. Im Juli wurden sogar die bestehenden Verträge | |
| suspendiert, um sie neu auszuhandeln. | |
| Aber RRE bleibt in Burundi: Die Firma hat an der Londoner Börse 6,43 | |
| Millionen Pfund (7,7 Millionen Euro) aufgenommen, um die Mine Gakara bis | |
| Ende 2022 zu finanzieren. | |
| Hauptkunde von RRE ist die deutsche [6][ThyssenKrupp], die 2018 mit RRE | |
| eine Abnahmevereinbarung schloss. Aus Burundis Seltenen Erden entstehen | |
| Batterien und LED-Bildschirme für die Energiewende – um den Preis eines | |
| autoritären Regimes. | |
| 7 Dec 2021 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Nachruf-auf-Burundis-Staatschef/!5692090 | |
| [2] https://home.treasury.gov/news/press-releases/jy0493 | |
| [3] https://www.fiacat.org/notre-reseau/136-acat-burundi | |
| [4] https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX%3A32021D1826&… | |
| [5] /Deutsche-Investitionen-in-Burundi/!5009588 | |
| [6] /Deutsche-Investitionen-in-Burundi/!5009588 | |
| ## AUTOREN | |
| François Misser | |
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