# taz.de -- Nach Tod des Präsidenten: Offene Zukunft in Burundi | |
> Burundis Präsident ist tot. Nun droht ein Machtkampf an der Staatsspitze. | |
> Geheimniskrämerei und Gewaltangst beherrschen die Stimmung im Land. | |
Bild: Flagge auf Halbmast: Präsidentenpalast in Burundis Hauptstadt Bujumbura | |
Berlin taz | Das für ihn neugeschaffene Amt „Oberster Führer des | |
Patriotismus“, mit dem Burundis Präsident nach Ende seiner Amtszeit weiter | |
Einfluss auf die Politik ausüben sollte, kann er nicht mehr ausführen. Am | |
Dienstagnachmittag bestätigte Burundis Regierung offiziell den [1][Tod von | |
Präsident Pierre Nkurunziza]. | |
Der 55-Jährige war am frühen Sonntagmorgen in eine Klinik eingeliefert | |
worden, nachdem er sich nach einem Volleyballspiel am Samstagnachmittag | |
neben seinem Präsidentenpalast in seinem Heimatort Ngozi im Norden des | |
Landes nicht wohl gefühlt hatte. Als ihn Familienmitglieder am Sonntag im | |
Kreiskrankenhaus der Nachbarprovinz Karuzi besuchten, habe er sich bereits | |
besser gefühlt, so eine Regierungserklärung. Es sei eine „sehr große | |
Überraschung“ gewesen, dass er am Montag einem Herzstillstand erlegen sei. | |
Die Gerüchteküche hatte da schon das ganze Wochenende lang gebrodelt. | |
Einwohner der Wirtschaftsmetropole Bujumbura berichteten von regem | |
Hubschrauberverkehr – vermutlich, um Ärzte und medizinisches Gerät nach | |
Karuzi zu fliegen. Die Vermutung lag auf der Hand, der Präsident sei | |
möglicherweise an Covid-19 erkrankt. | |
Bereits Ende Mai hatten Medien gemeldet, Nkurunzizas Frau Denise Bucumi sei | |
mit Covid-19-Symptomen zur Behandlung in Kenias Hauptstadt Nairobi | |
ausgeflogen worden. Am Dienstag, nach dem Tod ihres Mannes, soll sie wieder | |
in Burundi gelandet sein. Lokale Medien melden, weitere Familienmitglieder | |
seien in kritischem Zustand. | |
## Corona-Risiken werden verschwiegen | |
Geheimniskrämerei bestimmt [2][Burundis Umgang mit der Coronakrise] seit | |
ihrem Beginn im März. Laut offiziellen Angaben sind in dem kleinen Land mit | |
rund elf Millionen Einwohnern 83 Menschen an Covid-19 erkrankt, es gibt nur | |
einen Toten. In Diplomatenkreisen heißt es jedoch, die Dunkelziffer sei | |
enorm, und es mangele in dem bettelarmen Land an Tests und politischem | |
Willen. | |
Als die Vertreter der Weltgesundheitsorganisation WHO im Mai vor | |
Ansteckungsgefahr während des Wahlkampfes warnten, wurden sie | |
hinausgeschmissen. Um die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen am 20. Mai | |
trotzdem stattfinden zu lassen, verschwieg die Regierung die Coronarisiken | |
glattweg. Der strenggläubige Christ Nkurunziza betonte, Gott werde den | |
Burundern beistehen. Zu Wahlveranstaltungen kamen Abertausende Menschen | |
dicht gedrängt – ohne Schutzmaßnahmen. | |
Bereits im Vorfeld der Wahl, zu der Nkurunziza nach 15 Jahren an der Macht | |
nicht mehr angetreten war, gab es Gerüchte um seinen Gesundheitszustand. | |
Seine Partei CNDD-FDD (Nationalrat/Kräfte für die Verteidigung der | |
Demokratie), eine ehemalige Hutu-Guerillabewegung, hatte einen Vertrauten | |
als Nachfolger ins Rennen geschickt: Evariste Ndayishimiye, bislang | |
Generalsekretär der Partei und einer der wichtigsten Generäle des Landes. | |
Er gewann die Wahl laut offiziellen Angaben mit knapp 69 Prozent. Am 20. | |
August wird er in das höchste Amt eingeschworen. | |
Nun, da Nkurunziza vorzeitig gestorben ist, übernimmt gemäß der Verfassung | |
erst mal der Parlamentspräsident die Staatsführung: Pascal Nyabenda. Der | |
gilt allerdings als Rivale des zukünftigen Präsidenten Ndayishimiye | |
innerhalb der Regierungspartei. Im Januar bei der | |
[3][Kandidatenaufstellung] zur Wahl soll einem Bericht zufolge Nkurunziza | |
Nyabenda favorisiert haben, einen Zivilisten, aber die mächtigen Generäle | |
aus Bürgerkriegszeiten hätten mit Ndayishimiye einen der ihren | |
durchgedrückt. Beim ersten Krisentreffen nach dem Tod Nkurunzizas soll es | |
zwischen den beiden Streit gegeben haben. | |
## Straßen in Bujumbura leergefegt | |
Wie die Lage ohne den „obersten Führer“ sich nun entfalten wird, bleibt | |
unklar. Burundis Geschichte ist von Gewalt geprägt. Bereits vor der Wahl | |
gab es Tote durch Granatenanschläge. So war es nicht weiter erstaunlich, | |
dass sich nach der Todesnachricht die Burunder am Dienstagnachmittag in | |
ihren Häusern verschanzten. Die geschäftigen Straßen in Bujumbura waren | |
leergefegt. Laut unbestätigten Meldungen sollen Kneipengäste verhaftet | |
worden sein, weil sie angeblich den Tod des Präsidenten gefeiert hätten. | |
Burundis Regierung appelliert jetzt an das Volk, Ruhe zu bewahren. Eine | |
einwöchige Trauerzeit läuft, die Flaggen wehen auf Halbmast. In der | |
Diaspora sowie im Nachbarland Ruanda, mit dem Nkurunziza [4][im Clinch] lag | |
und wohin viele seiner Gegner geflohen sind, äußerten viele die Hoffnung, | |
dass sich die Lage nun entspannt. | |
11 Jun 2020 | |
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## AUTOREN | |
Simone Schlindwein | |
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