# taz.de -- Burundischer Menschenrechtler frei: 4 statt 32 Jahre | |
> Der politischer Häftling Germain Rukuki soll nach drei Jahren Haft | |
> freikommen. Die Regierung hofft so, an EU-Gelder zu kommen. | |
Bild: Juni 2021: Menschen in Italien demonstrieren für die Freilassung von Ger… | |
Als Germain Rukuki am 26. April 2018 zu 32 Jahren Haft verurteilt wurde, | |
war das die Art von Gerichtsurteil, die zum Unrechtsstaat Burundi passte. | |
Es gab nur zwei Verhandlungstage, der Angeklagte fehlte. Die Anklage hatte | |
sogar lebenslange Haft für Rukuki gefordert. | |
Der Grund: Der ehemalige Buchhalter der burundischen | |
Menschenrechtsorganisation [1][ACAT – Burundi] (Christliche Aktion für die | |
Abschaffung der Folter in Burundi) hatte sich im Jahr 2015, wie viele | |
andere in Burundi auch, an Protesten gegen die blutigen | |
Repressionsmaßnahmen des Regimes von Präsident Pierre Nkurunziza nach | |
[2][einem vorgeblichen Militärputschversuch] beteiligt. | |
Der Terror von Milizen und Sicherheitsdiensten forderte über 1.200 Tote und | |
trieb über 400.000 Menschen in die Flucht, unabhängige Medien und viele | |
Organisationen wurden verboten, unter ihnen ACAT. | |
Am frühen Morgen des 13. Juli 2017 klopften Mitarbeiter des burundischen | |
Geheimdienstes SNR und der Polizei an Rukukis Haustür, um seinen Computer | |
zu beschlagnahmen. Sie nahmen ihn gleich mit. Wohin er kam, erfuhr seine | |
Familie erst später – zwei Wochen saß er ohne Kontakt zur Außenwelt in | |
SNR-Gewahrsam in der Hauptstadt Bujumbura, bis zur Verlegung in ein | |
Gefängnis in Ngozi, der Heimatstadt des Präsidenten. | |
## Hoffnung durch Tod | |
Dort blieb er auch, als ihm in Abwesenheit der Prozess unter anderem wegen | |
„Beteiligung an einer Aufstandsbewegung“ gemacht wurde. Als Beweismittel | |
diente seine Kommunikation mit ACAT-Kollegen aus der Zeit vor dem Verbot | |
der Menschenrechtsgruppe im November 2015. | |
Erst nach dem [3][Tod von Präsident Nkurunziza] im Juni 2020, verstorben | |
mutmaßlich an Covid-19, konnte Rukuki wieder Hoffnung schöpfen. Das oberste | |
Gericht des Landes ordnete die Wiederaufnahme des Falles an. Und am Montag | |
verwandelte ein Berufungsgericht seine Strafe dann von 32 Jahren in 1 Jahr | |
Haft plus umgerechnet 20 Euro Geldbuße. | |
„Wir erwarten, dass Rukuki umgehend freikommt“, freute sich ACAT-Präsident | |
Armel Niyongere am Dienstag. Burundis Regierung dürfte daran ein Interesse | |
haben: Unter anderem am Fall Rukuki hängen die EU-Sanktionen, die seit 2015 | |
über das Land verhängt werden und von Entwicklungshilfe ausschließen. Sie | |
waren jüngst Thema bei den ersten Gesprächen zwischen Burundi und | |
EU-Vertretern seit mehreren Jahren. | |
Am Montagmittag [4][behauptete Burundis Staatsfernsehen] dann prompt, die | |
EU habe die Sanktionen aufgehoben – „nach den Entwicklungen in Burundi bei | |
Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit“. Das erstaunte Burundis | |
Menschenrechtler. Und es stimmte nicht – es wurde lediglich ein | |
Prüfverfahren in Aussicht gestellt. Dann kam das neue Rukuki-Urteil. Jetzt | |
muss er nur noch selbst auftauchen. | |
Wenn er freikommt, kann der Aktivist endlich seine Frau und seine drei | |
Söhne wiedersehen, den jüngsten davon zum ersten Mal. Und zu tun hat er | |
genug: Nach dem ACAT-Verbot gründete Rukuki die Selbsthilfeorganisation | |
Njabutsa Tujane, die sich um Basisgesundheit kümmert. | |
22 Jun 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://www.fiacat.org/notre-reseau/136-acat-burundi | |
[2] /Gescheiterter-Putsch-in-Burundi/!5007796 | |
[3] /Nachruf-auf-Burundis-Staatschef/!5692090 | |
[4] https://twitter.com/RTNBurundi/status/1406914287956803586?s=20 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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