# taz.de -- Bildungspolitik im Koalitionsvertrag: Die Verbeamtung ist zu teuer | |
> Rot-Grün-Rot investiert viel Geld in die Lehrerverbeamtung. Doch das | |
> fehlt schon jetzt an anderer Stelle – beim Ganztag und für die | |
> Chancengerechtigkeit. | |
Bild: Die Zukunft der Zukunftshauptstadt Berlin, hier in den Händen von Franzi… | |
Die gute Nachricht zuerst: Es gibt Geld für die Schulen. Die | |
[1][rot-grün-rote Koalition will es in zusätzliche Stellen stecken], und | |
Fachkräfte sind natürlich immer gut. So man sie denn findet. Dass die | |
Koalition nicht aktiv ausschließt, dass die Schulklassen in den kommenden | |
Jahren noch größer werden dürfen als sie jetzt ohnehin schon sind – das | |
kann man durchaus so lesen, dass sich Rot-Grün-Rot vielleicht auch selbst | |
nicht so sicher ist, ob man die Leute für die Stellen auch finden wird. | |
Was gleich zum nächsten Punkt führt, wofür die Koalition ebenfalls sehr | |
viel Geld ausgeben wird. Aber ohne dass der Nutzen, der eine solche | |
Investition rechtfertigt, feststeht: [2][Die Rückkehr zur Verbeamtung der | |
Lehrkräfte] wird viel Geld kosten, wie viel genau ist noch unklar. Und das | |
fehlt an anderer Stelle, schon jetzt. | |
Denn Geld fehlt zum einen bei der gebührenfreien Bildung, auf die | |
insbesondere die SPD stolz ist, die das Bildungsressort auch weiter | |
verantworten wird. In Berlin ist man im bundesweiten Vergleich schon lange | |
Vorreiter – Kita kostenfrei, Grundschulessen dito, der Nachmittagshort für | |
die Klassen 1 und 2 auch. Doch das Mensaessen für die Oberschulen müssen | |
weiter teilweise die Eltern finanzieren. Auch der Hort kostet weiter ab | |
Klasse 4 (immerhin, die dritten Klassen sind jetzt gebührenbefreit). | |
Hinter diesem vermeintlichen Klein-Klein steckt ein Versprechen, das gerade | |
die SPD sehr gerne vor sich herträgt: Das Versprechen von mehr | |
Chancengerechtigkeit und Teilhabe durch die Ganztagsschule. Es gibt Kinder, | |
bei denen das Elternhaus nicht das Mittagessen bezahlt, aus Desinteresse | |
oder weil es an der Antragsbürokratie scheitert. Es gibt Familien, die kein | |
Geld für die Hortgebühren zahlen wollen oder können, auch wenn sie sozial | |
gestaffelt sind – dabei ist Schule gerade im Nachmittagshort viel mehr, als | |
nur Unterrichtsstoff zu lernen. | |
## Gymnasium bleibt Eliteschule | |
Fehlen tut es auch an den Gymnasien: Die Ganztagsgymnasien bekamen bisher, | |
anders als Ganztags-Sekundarschulen, nicht mehr Stellen für den | |
Freizeitbereich. Mit der Folge, dass es kaum Ganztagsgymnasien gibt. Das | |
Gymnasium bleibt Eliteschule, für die, die keine besondere Förderung | |
brauchen, weil die Gymnasien sie schlicht nicht leisten können. [3][Der | |
Koalitionsvertrag] erwähnt immerhin, man wolle das „Inklusive Gymnasium“ in | |
„einem Modellprojekt“ fördern. Konkreter wird es nicht. | |
Nun weiß man nicht so genau, ob die Verbeamtung oder andere politische | |
Entscheidungen das Geld an manchen Stellen fehlen lassen. Und natürlich | |
stimmt es, wenn die designierte Regierende Franziska Giffey (SPD) sagt, | |
nicht jeder Wunsch sei erfüllbar – verantwortungsvolles Haushalten ist ihre | |
Aufgabe als Regierungschefin. Dennoch: Manche Prioritätensetzungen werden | |
im wahrsten Sinne noch teuer werden in den nächsten Jahren. Hoffen wir, | |
dass sich die Verbeamtung wenigstens bezahlt macht: Lohnen würde sie sich, | |
wenn sie den Fachkräftemangel tatsächlich spürbar mildert. Doch das darf | |
bezweifelt werden. | |
30 Nov 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Rot-gruen-roter-Koalitionsvertrag/!5815671 | |
[2] /Koalitionsverhandlungen-in-Berlin/!5813891 | |
[3] https://spd.berlin/magazin/aktuelles/koalitionsvertrag-zukunftshauptstadt-b… | |
## AUTOREN | |
Anna Klöpper | |
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Silke Gebel | |
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