| # taz.de -- Konflikt um Migranten: Polen und Belarus rüsten verbal auf | |
| > Sie werfen sich Kriegstreiberei und Menschenschmuggel vor. Auch Putin | |
| > mischt mit. Dazwischen: Hunderte Migranten, isoliert im Niemandsland. | |
| Bild: Kein Durchkommen: Migranten stehen auf belarussischer Seite, um nach Pole… | |
| Kiew taz | Hundert Flüchtlinge sollen in der vergangenen Nacht versucht | |
| haben, über die polnisch-belarussische Grenze nach Polen zu gelangen. Dies | |
| berichtet der ukrainische Service von BBC unter Berufung auf den polnischen | |
| Grenzschutz. Um die 50 sollen es geschafft haben, so das ukrainische Portal | |
| strana.best unter Berufung auf die polnische Polizei. | |
| Der polnische Grenzschutz beschuldigt dabei belarussische | |
| Sicherheitskräfte, sie bei der Ausübung ihrer Tätigkeit zu behindern und | |
| Migranten zu helfen, unweit des Grenzdorfes Czeremcha die Grenze zu | |
| überqueren, so BBC. So hätten belarussische Sicherheitskräfte ihre | |
| polnischen Kollegen mit Laserstrahlen geblendet. Außerdem hätten sie | |
| Migranten mit Tränengasspraydosen ausgestattet, die diese wiederum gegen | |
| polnische Grenzschützer einsetzten. Auf Twitter berichtet die polnische | |
| Polizei von einem Beamten, der von einem Stein am Schutzhelm getroffen | |
| wurde. | |
| Insgesamt habe es am Samstag 223 Versuche gegeben, die Grenze illegal zu | |
| überqueren, so der polnische Grenzschutz. Polen erwägt wegen des Drucks auf | |
| seine Grenzen, die Nato zu Hilfe zu rufen. Das Militärbündnis müsse | |
| konkrete Schritte einleiten, um die Krise an der Grenze zu Belarus zu | |
| beenden, sagte Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki am Sonntag der | |
| Nachrichtenagentur PAP. | |
| Auch in der Ukraine richtet man sich auf einen möglichen Ansturm von | |
| Flüchtlingen ein. Man werde alle Personen vernichten, die als Migranten | |
| getarnt zu Sabotageaktionen auf ukrainisches Territorium eindringen, | |
| erklärte die 61. Jägereinheit der ukrainischen Streitkräfte. Auf Migranten | |
| werde man nicht schießen, hieß es zugleich. Wie man indes Migranten von | |
| Personen unterscheiden kann, die sich als Migranten tarnen, geht aus der | |
| Erklärung nicht hervor. | |
| ## Fluggesellschaften stornieren Flüge nach Minsk | |
| Am Freitag haben [1][Fluggesellschaften] aus Syrien, der Türkei und dem | |
| Iran Flugtickets von Staatsbürgern Iraks, Syriens und Jemens nach Minsk | |
| storniert. Die belarussische Fluggesellschaft Belavia befördert seit | |
| Freitag keine Passagiere mehr mit einem One-Way-Ticket aus diesen Ländern. | |
| Und Irak stellte sämtliche Flüge ein. | |
| Medial stehen die Zeichen auf Eskalation. Im staatlichen belarussischen | |
| Fernsehen CTV.by beschuldigt der Philosoph Nikolaj Schtschekin den Westen | |
| und insbesondere „den Satelliten Amerikas, Polen“, eine weitere Eskalation | |
| des Konflikts zu provozieren. „Über die Tränen von Kindern können sie nur | |
| lachen“, so der Philosoph. „Wir erleben derzeit an der Grenze zu uns einen | |
| neuen Migrationsholocaust. Und diesen hat Polen direkt organisiert. Mit | |
| Geldern aus Washington“, sagte der Philosoph im staatlichen belarussischen | |
| Fernsehen. | |
| Für die Politiker des Westens sei ein Krieg „nur ein fröhliches | |
| Umherwandern im Nahen Osten“, legt Fernsehjournalist Grigorij Asarenok | |
| nach. Und derselbe Sender zitiert Wladimir Putin, der fest davon überzeugt | |
| ist, dass der Westen selbst schuld an dieser Krise sei. „Migranten erhalten | |
| in Europa sehr hohe Sozialhilfe. Sehr hohe,“ zitiert CTV Putin. Warum solle | |
| jemand in der Ölindustrie des Nahen Ostens schwer arbeiten, wenn ein nicht | |
| arbeitender Migrant in Deutschland zwei oder sogar dreimal mehr Geld | |
| erhielte, so Putin. | |
| ## Warnung vor Anzettelung eines Krieges | |
| Und Wiktar Chrenin, Verteidigungsminister von Belarus, warnte den Westen | |
| davor, einen Krieg anzuzetteln. „Belarus wird auf jegliche Angriffe hart | |
| reagieren“, zitiert das belarussische Portal naviny.online den Minister. | |
| Und dabei sei man sich der russischen Unterstützung sicher. Viel Beachtung | |
| in russischen und belarussischen Medien fand eine Meldung der | |
| Nachrichtenagentur interfax.by, wonach sich die bayerischen Städte München, | |
| Nürnberg und Erlangen bereit erklärt hatten, Flüchtlinge aus dem | |
| Grenzgebiet aufzunehmen. | |
| Gegenüber der in Frankfurt am Main ansässigen Flüchtlingshilfeorganisation | |
| Pro Asyl [2][beklagte die polnische Rechtsanwältin Marta Górczyńska] von | |
| der polnischen Helsinki Foundation for Human Rights die humanitäre | |
| Katastrophe, die sich mitten in Europa abspiele. Der Politik, so die | |
| Anwältin, gehe es nur um den Schutz von Grenzen. „Polen verwehrt den | |
| Schutzsuchenden trotz Aufforderung des Europäischen Gerichtshofs für | |
| Menschenrechte jedwede medizinische und humanitäre Hilfe. Menschen sterben. | |
| Nicht weil wir keine Möglichkeiten hätten, sie zu retten, sondern weil wir, | |
| weil Europa, sie sterben lässt.“ | |
| Es sei nicht akzeptabel, dass weder Ärzte, noch JournalistInnen oder | |
| MitarbeiterInnen von Hilfsorganisationen die Dreikilometerzone vor der | |
| Grenze betreten dürften. Sie fordert die Europäische Union auf, angesichts | |
| dieser „eklatanten Verletzung des Rechts“ tätig zu werden. | |
| Doch statt zu helfen, so die Rechtsanwältin, würden MenschenrechtlerInnen | |
| gar von den polnischen Behörden kriminalisiert. „Neulich haben polnische | |
| Menschenrechtler*innen einen irakischen Flüchtling ein Stück im Auto | |
| mitgenommen. Dafür drohen ihnen jetzt acht Jahre Gefängnis wegen | |
| angeblichen Menschenschmuggels“, so die Anwältin. | |
| 14 Nov 2021 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Flucht-ueber-Belarus-in-Richtung-EU/!5810970 | |
| [2] https://www.proasyl.de/news/an-der-polnischen-grenze-eine-politik-die-mensc… | |
| ## AUTOREN | |
| Bernhard Clasen | |
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