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# taz.de -- „Femizid“-Film bei ZDFinfo: „Weil sie eine Frau war“
> Jeden dritten Tag tötet ein Mann in Deutschland seine Partnerin oder
> Ex-Partnerin. Ein Dokfilm zeigt: Das betrifft alle gesellschaftlichen
> Gruppen.
Bild: Die Doku hält sich mit grafischen Beschreibungen der Gewalttaten nicht z…
Im Streit wird die 21-Jährige Larissa Biber 2013 von ihrem Freund brutal
getötet. „Die Frage nach dem Warum stelle ich mir nicht mehr“, sagt heute
ihre Schwester in die Kamera. „Denn mittlerweile weiß ich: Larissa wurde
getötet, weil sie eine Frau war.“
„Femizid – Wenn Männer Frauen töten“ heißt der Dokumentarfilm von Svaa…
Schröder. Von einem [1][Femizid] spricht man, wenn Frauen aufgrund ihres
Geschlechts getötet werden. Gewalt gegen Frauen betrifft alle
gesellschaftlichen Gruppen. Im Film berichten Frauen von der Gewalt, die
sie selbst oder Angehörige von ihnen erleben mussten. Sie beschreiben
Schläge, Beschimpfungen, Demütigungen, Drohungen bis hin zur Steinigung.
Larissa Biber würde vom Täter gewürgt, er goss ihr Bodylotion in den Hals,
bis sie erstickte.
83 Prozent der von Partnerschaftsgewalt Betroffenen sind Frauen. Die
Spirale der Gewalt hat häufig ein wiederkehrendes Muster: Auf die Prügel
folgen Entschuldigungen und das Versprechen, alles werde anders. Bis der
Täter erneut zuschlägt, um danach zu beteuern, er würde es nie wieder tun.
Nur zwanzig Prozent der Opfer zeigen an. Sie schämen sich, haben Angst vor
der Reaktion ihres Partners, sie sind fest verwurzelt in familiären
Strukturen. Und allzu häufig kennen sie niemanden, an den sie sich wenden
können.
Neben den Betroffenen kommen im Film auch Jurist:innen, Politiker:innen
und Beamt:innen zu Wort, die strukturelle Missstände im Kampf gegen
Gewalt gegen Frauen aufzeigen. „Bevor ich mich für diesen Film intensiv mit
dem Thema beschäftigt habe, war ich davon überzeugt, dass wir hier in
Deutschland gut aufgestellt sind, wenn es um Hilfsangebote für Frauen geht.
Doch das Gegenteil ist der Fall“, sagt Regisseurin Schröder.
## Verlassen werden ist strafmildernd
14.200 Betten fehlen aktuell in Frauenhäusern. Außerdem mangelt es an
ausreichender Schulung von Personal. An der deutschen Richterakademie gab
es 2021 ein einziges Seminar zum Thema geschlechtsspezifische Gewalt – von
über 150 Angeboten. Deutschland hat sich zur Umsetzung der
[2][Istanbulkonvention] verpflichtet. Sie schreibt ein offensives Vorgehen
gegen Gewalt gegen Frauen vor, eine breite Aufklärung und die Verhinderung
von Femiziden.
Dennoch wird das Strafgesetz noch immer so ausgelegt, dass der Täter nicht
des Mordes beschuldigt wird, wenn die Frau ihn vorher verlassen hat. Das
heißt: Wenn ein Mann seine Ex-Partnerin tötet, weil sie sich von ihm
getrennt hat, gilt das als strafmildernd. Eine Betroffene, die vor ihrem
Mann ins Frauenhaus floh, berichtet, die verbale Gewalt, die Schreie, die
Gestik, die Drohungen seien noch schlimmer gewesen als die Tritte: „Er war
wie eine tickende Zeitbombe“. Psychische Gewalt ist in Deutschland jedoch
nur dann strafrechtlich relevant, wenn sie sich klar körperlich äußert.
Fakten wie diese, die im Film immer wieder eingeblendet und eingeordnet
werden, zeigen: Wir leben in einem System, das Gewalt gegen Frauen
begünstigt. Medien betiteln Vorfälle geschlechtsspezifischer Gewalt häufig
mit „Verbrechen aus Leidenschaft“ oder „Eifersuchtstragödien“.
Bezeichnungen, die Taten auf Gefühligkeiten reduzieren. Wenn ein Mann seine
Frau und Kinder tötet, dann sei das aber kein „Beziehungsdrama“, sagt
Leonie Steinel, Vorsitzende des Deutschen Juristinnenbundes. Denn das Wort
„Drama“ unterstelle eine Fügung des Schicksals – und mache so den Täter
selbst zum Opfer.
Eine Frau erzählt, wie ihr Vater sie und ihre Geschwister jahrelang
schikanierte, sie zwang, ihn „Gott“ zu nennen. Sie fängt an zu weinen.
„Femizide – Wenn Männer Frauen töten“ geht an den Rand des Ertragbaren,
denn hier wird ausgeprochen, was sonst zu oft verschwiegen wird: Jeden Tag
versucht in Deutschland ein Mann seine Partnerin oder Ex-Partnerin
umzubringen. Jeden dritten Tag gelingt es ihm.
13 Nov 2021
## LINKS
[1] /Femizide-in-Deutschland/!5728408
[2] /10-Jahre-Istanbul-Konvention/!5766207
## AUTOREN
Nele Sophie Karsten
## TAGS
ZDF
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