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# taz.de -- Ausstellung zur Kolonialgeschichte: Widerstand sichtbar machen
> Die Schau zur Kolonialausstellung 1896 in Berlin wurde neu gestaltet.
> Damit geht das Museum Treptow bei der Dekolonisierung voran.
Bild: „Zurückgeschaut“ auf die Kolonialausstellung in Treptow
Berlin taz | Die Aufarbeitung von Kolonialgeschichte ist an vielen Orten
ein Thema. Offenkundig hängt die (verdrängte) deutsche Geschichte mit
heutigen Problemen wie Alltagsrassismus zusammen. Aber wie kann man
Vergangenes darstellen, ohne alte Klischees zu wiederholen? Die neu
überarbeitete Ausstellung [1][„Zurückgeschaut – looking back“] im
beschaulichen Museum Treptow in Berlin zeigt, wie die Dekolonisierung von
Geschichte beginnen kann.
Die kleine Schau im historischen Rathausbau befasst sich mit der ersten
deutschen Kolonialausstellung 1896 im Treptower Park. Mit dem Großereignis
sollten die neuen deutschen Kolonien vor einem breiten Publikum beworben
werden. Dazu wurden im Park klischeehafte Nachbildungen afrikanischer und
pazifischer Dörfer gebaut, in denen eigens in den Kolonien angeheuerte
Menschen das beschaulich-friedlich imaginierte Leben von „Wilden“
darstellen sollten.
Die 106 Akteure dieser diskriminierenden „Völkerschau“ stehen im Zentrum
der Ausstellung. „Unsere Darstellung betont, welche Formen des Widerstands
und Widerspruchs es unter ihnen gab“, erklärt Tahir Della von der
[2][Initiative Schwarzer Deutscher] (ISD) beim Presserundgang Ende voriger
Woche. Die ISD ist einer der Kooperationspartner des Museums, der andere
ist der Verein [3][Berlin postkolonial]. Beide sind Teil des Bündnisses
„[4][Dekoloniale“], das im Auftrag des Berliner Senats die Dekolonisierung
der Stadt voranbringen soll.
Im zentralen Raum der Ausstellung hängen die Porträts fast aller 106
ProtagonistInnen der „Völkerschau“ an den Wänden. Etwa 20 von ihnen seien
hier geblieben, erzählt der Historiker Christian Kopp von Berlin
postkolonial, viele hätten geheiratet und Kinder bekommen. „Drei Nachfahren
sind im Nationalsozialismus in Konzentrationslager gekommen.“
## Lokalmuseum als Vorbild
Die Porträts entstanden auf Veranlassung des Anthropologen Felix von
Luschan, dem Direktorialassistenten am kurz zuvor erst gegründeten Berliner
Völkerkundemuseum, der die 106 Darsteller für seine „rassekundlichen“
Forschungen nebenher vermaß. Eigentlich sollte der Fotograf sie auf
Luschans Anweisung in „traditioneller“ Bekleidung abbilden. Doch viele, so
Della, hätten sich geweigert und darauf bestanden, in Anzug, Hemd oder
anderer „westlicher“ Kleidung verewigt zu werden. Manche verweigerten sich
dem Fotografiert-Werden ganz, an sie erinnern leere Bilderrahmen mit ihren
Namen.
Auch der (dekoloniale) Lernprozess der Ausstellungsmacher wird in dem Raum
deutlich. In der 2017 eröffneten Vorgängerausstellung waren die
Porträtfotos noch schwarz-weiß und zur Hälfte mit Text über die Person
zugestellt. Diese „steckbriefartige Darstellung“ sei vielen BesucherInnen
unangenehm aufgefallen, berichtet Matthias Wiedebusch, museumspädagogischer
Mitarbeiter. „Das ist nicht würdig genug“, hätten viele gesagt.
Für die überarbeitete Ausstellung wurden die Porträts nachkoloriert und
vergrößert, so dass sie lebendiger und individueller wirken. Die
Lebensgeschichten, soweit bekannt, wanderten in Hängeordner.
Dass die kleine Ausstellung eines Lokalmuseums zum Vorbild taugt, darüber
sind sich die Beteiligten einig. „Alle Museen sollten sich Partner suchen“,
findet Wiedebusch, Della hofft, dass das Projekt zum „Impulsgeber für
andere dekoloniale Aktivitäten“ wird. Die nächste Museumskooperation der
Dekoloniale steht schon fest: 2022 geht es nach Friedrichshain-Kreuzberg.
Dort soll vor allem die Migrationsgeschichte des Bezirks kritisch unter
die Lupe genommen werden.
22 Oct 2021
## LINKS
[1] http://kolonialismus-begegnen.de/aktuelles/
[2] https://isdonline.de/
[3] https://eineweltstadt.berlin/mitglieder/berlin-postkolonial-ev/
[4] https://www.dekoloniale.de/de/about
## AUTOREN
Susanne Memarnia
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