# taz.de -- EU-Debatte um Haushaltsregeln: Einschnitte versus Investitionen | |
> Wie weiter mit dem Stabilitäts- und Wachstumspakt der EU? Dazu hat die | |
> Kommission jetzt eine Konsultation gestartet – und Deutschland öffnet den | |
> Ring. | |
Bild: Windpark nordöstlich der Insel Rügen | |
BRÜSSEL taz | Der Zeitpunkt ist gut gewählt. Kurz nach dem Ende der | |
[1][Sondierungen für eine Ampelkoalition] in Berlin hat die EU-Kommission | |
den Startschuss für eine Reform der Haushaltsregeln für den Euro gegeben. | |
Damit ist eine Debatte eröffnet, die unter der scheidenden Kanzlerin Angela | |
Merkel (CDU) und ihrem früheren Finanzminister Wolfgang Schäuble in Brüssel | |
tabuisiert worden war. | |
Merkel und Schäuble standen für die „deutschen Regeln“ im Stabilitäts- u… | |
Wachstumspakt und für harte Einschnitte in den Krisenländern der Eurozone, | |
vor allem in Griechenland. Demgegenüber hat der designierte neue Kanzler | |
Olaf Scholz (SPD) angekündigt, Europa keine neue Austerität verordnen zu | |
wollen. Die deutschen Grünen fordern Investitionen in den Klimaschutz. | |
Nun kann sich die neue Bundesregierung in die Reformdebatte einbringen – | |
genau wie Ökonomen und interessierte Bürger. Bis zum Ende dieses Jahres | |
läuft die öffentliche Konsultation, danach geht es an die Auswertung. | |
Konkrete Reformvorschläge will die EU-Kommission aber erst 2022 vorlegen – | |
nach dem Ende der französischen Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr. | |
Für Frankreichs Präsident Emmanuel Macron ist das ärgerlich, denn er würde | |
die seit Beginn der [2][Coronapandemie schon ausgesetzten EU-Regeln] am | |
liebsten sofort loswerden. Für Scholz hingegen ist es ein perfektes Timing. | |
Im Sondierungspapier der Ampel spricht er sich bereits für die Erhaltung | |
des Stabilitätspaktes aus. | |
Und was will die EU-Kommission? Sie plädiert für „einfachere fiskalische | |
Regeln“ und eine „bessere Umsetzung“. Zudem weist sie auf den „enormen | |
Investitionsbedarf“ aufgrund der Klimakrise hin. Von einer umfassenden | |
Überarbeitung der Vorgaben des Stabilitäts- und Wachstumspakts, die neben | |
Frankreich auch Italien fordert, ist vorerst nicht die Rede. Unklar ist | |
auch, ob die Schuldenquote auf 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts | |
begrenzt bleiben soll – die durchschnittliche Quote in der EU lag 2020 bei | |
92 Prozent, in Ländern wie Griechenland oder Italien sogar über 150 | |
Prozent. | |
## Ein Hardliner dürfte das letzte Wort haben | |
Währungskommissar Paolo Gentiloni will „keine Tabus“, aber auch kein Zurü… | |
zum Sparkurs der Eurokrise. Jedoch entscheidet der Italiener nicht allein. | |
Das letzte Wort in der Kommission dürfte Wirtschaftskommissar Valdis | |
Dombrovskis haben, der als Hardliner gilt. | |
Im Europaparlament stößt die Initiative denn auch schon auf Kritik. „Die | |
Schuldenregel ist der Elefant im Raum“, sagte der grüne Finanzexperte Sven | |
Giegold. „Den Schuldenstand in allen EU-Ländern zügig auf 60 Prozent der | |
Wirtschaftsleistung zu senken, ist ein Rezept für Massenarbeitslosigkeit. | |
Wir brauchen Regeln, die Investitionen in unsere gemeinsame Zukunft | |
ermöglichen.“ | |
Skeptisch zeigt sich auch der Europäische Gewerkschaftsbund. „Die | |
Fiskalregeln der EU sind in der Vergangenheit gescheitert, sie sind aktuell | |
ausgesetzt und auch nicht zukunftsfähig“, sagte EGB-Sekretärin Liina Carr. | |
Die Reformdebatte sei zu begrüßen, „aber eine Rückkehr zu den | |
Austeritätsregeln darf es nicht geben“. | |
Eine mögliche Lösung wäre, Investitionen in den Klimaschutz aus der | |
Schuldenquote herauszurechnen, wie es offenbar die Ampelkoalition plant. | |
Doch ob das mit den EU-Regeln vereinbar wäre, weiß derzeit nicht einmal die | |
EU-Kommission. | |
20 Oct 2021 | |
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## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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