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# taz.de -- Von der Leyen auf Rundreise im Balkan: Appell an Serbien und Kosovo
> Die EU-Kommissionspräsidentin fordert Staaten zu einem Dialog auf. Ob das
> dazu beiträgt, den Konflikt zu entschärfen, ist fraglich.
Bild: Ursula von der Leyen in Tirana, Albanien, bei der Begrüßungszeremonie m…
Sarajevo taz | EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bemühte sich
um Schadensbegrenzung. Bei ihrem Besuch in Prishtina, der Hauptstadt des
Kosovo, der ersten von mehreren Stationen einer Balkanrundreise, forderte
sie am Mittwoch, „die Spannungen der letzten Tage zu deeskalieren und an
den Verhandlungstisch zurückzukehren“.
Denn zwischen Kosovo und Serbien knirscht es wieder. Serbien zog am
Wochenende Kampftruppen an der Grenze zusammen, ließ [1][Militärmaschinen
über die Grenzregion fliegen]. Das sah so bedrohlich aus, dass die
internationalen Kfor-Truppen sich genötigt sahen, ihre eigenen Truppen an
den Grenzstationen Jaranje und Brnjak zu verstärken. Die Albaner gossen
noch Öl ins Feuer, weil sie ihre Spezialpolizei in der Grenzregion
aufmarschieren ließen. Kosovo-Serben antworteten mit militanten
Demonstrationen und Straßenblockaden.
Vordergründig geht es um eine Lappalie. Doch dahinter verbirgt sich ein
substanzieller Streit. Denn die Albaner fordern von den in Nordkosovo
wohnenden Serben nach 13 Jahren Unabhängigkeit des Landes die
Kosovo-Kennzeichen für ihre Autos zu benutzen. Denn bisher benutzten die
Serben weiterhin serbische Kennzeichen.
Seit der Unabhängigkeit 2008 hat jedoch Serbien von Albanern gefordert,
dass sie die Kosovo-Kennzeichen durch serbische Kennzeichen ersetzen, wenn
sie nach Serbien einreisen wollten. Der Ministerpräsident Kosovos, Albin
Kurti, fordert seit Langem Reziprozität, also gleiche Rechte und Pflichten
im Verhältnis der beiden Länder.
## Keine Lösung
Da aber Serbien bis heute die Unabhängigkeit des Landes nicht anerkennt und
Kosovo immer noch als Teil Serbiens definiert, kann trotz der Verhandlungen
der letzten Jahre keine Lösung gefunden werden.
Doch ob von der Leyen mit ihrem Appelle vom Mittwoch Erfolg haben wird, ist
zweifelhaft. Immerhin ließen beide Seiten erkennen, dass man sich bei einem
Treffen in Brüssel am Wochenende im Rahmen technischer Gespräche um einen
Kompromiss bemühen würde.
Gegenüber beiden Seiten bemühte von der Leyen die deutsche Geschichte: Sie
komme „aus einem Land, das den Zweiten Weltkrieg und den Holocaust
verursacht hat“, sagte die frühere Verteidigungsministerin. Nur eine
Aufarbeitung der Geschichte und der Respekt vor den Toten führe „zur
Versöhnung, die so nötig ist“, betonte sie mit Blick auf die Balkankriege
in den 1990er Jahren.
Die von ihr geforderte Geschichtsaufarbeitung kann der serbischen Seite
nicht gefallen haben, denn in Bosnien und Herzegowina kämpfen die Serben
vehement gegen ein Gesetz, das die Verherrlichung von Kriegsverbrechen und
die Leugnung des Genozids von Srebrenica unter Strafe stellt.
## Bulgarien blockiert
Inmitten der angespannten politischen Lage in der Region haben die
bosnischen Serben Pläne zur Bildung einer eigenen Armee binnen weniger
Monate bekanntgegeben.
Auch zwischen anderen Ländern der Region gibt es Konflikte. So hatte sich
von der Leyen auch Klagen des albanischen Regierungschefs Edi Rama und
seines nordmazedonischen Amtskollegen Zoran Zaev Nordmazedonien anhören
müssen. Denn beide Länder haben alle Bedingungen für die Aufnahme von
Gesprächen über die Integration ihrer Länder in die EU erfüllt, werden aber
durch [2][Bulgarien blockiert].
Bulgarien will mit Forderungen, die aus dem 19. Jahrhundert zu stammen
scheinen, Mazedonier dazu zwingen, sich selbst als Bulgaren zu definieren.
Auch Albanien fühlt sich als Geisel dieses bulgarischen Extremismus. Vor
allem Zoran Zaev hatte im Vorfeld des hohen Besuchs aus der EU scharfe
Worte gegenüber Bulgarien gefunden.
30 Sep 2021
## LINKS
[1] /Konflikt-zwischen-Serbien-und-Kosovo/!5800352
[2] /Bulgarisch-nordmazedonischer-Streit/!5729872
## AUTOREN
Erich Rathfelder
## TAGS
Kosovo
Serbien
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Ursula von der Leyen
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serbische Minderheit im Kosovo
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