| # taz.de -- Bulgarisch-nordmazedonischer Streit: Mehr als Sprachfinessen | |
| > Bulgarien blockiert den Nachbarn Nordmazedonien auf dem Weg in die EU. | |
| > Dabei geht es um die mazedonische Minderheit in Bulgarien. | |
| Bild: Skopje bei Nacht: Lichterfestival im August | |
| Die Mazedonier*innen sind wirklich nicht zu beneiden. Nicht einmal zwei | |
| Jahre ist es her, dass der Balkanstaat seinen leidigen [1][Namensstreit mit | |
| Griechenland] endlich beilegen konnte. Gebietsansprüche Skopjes auf die | |
| gleichnamige hellenische Provinz waren schließlich in den vergangenen | |
| Dekaden nicht überliefert. Damit schien der Weg frei für eine Annäherung an | |
| Nato und EU. Doch jetzt hat Nordmazedonien mit Bulgarien ein neues | |
| veritables Problem am Hals. Sofia tritt in die Fußstapfen von Athen und | |
| blockiert jetzt seinerseits die Aufnahme von EU-Beitrittsverhandlungen mit | |
| dem geliebt-gehassten Nachbarn. Dabei geht es um nichts Geringeres als die | |
| mazedonische Minderheit in Bulgarien und die mazedonische Sprache. | |
| Beides gebe es nämlich gar nicht, argumentiert die bulgarische Regierung. | |
| Sollte Skopje das nicht einsehen, werde aus baldigen Sondierungsgesprächen | |
| mit Brüssel wohl leider nichts. | |
| Derartige Scharmützel dürften sich vielen Europäern so gar nicht | |
| erschließen. Doch die Sprachenfrage ist nicht nur auf dem Balkan ein | |
| Zankapfel: Auch die russische Propaganda behauptet ja immer wieder gern, | |
| die ukrainische Sprache verdiene diesen Namen nicht und sei allenfalls ein | |
| bäuerlicher Dialekt des Russischen. Und auch hierzulande gibt es immer noch | |
| genügend Menschen, die, wider besseres Wissen, derartigen Unsinn behaupten. | |
| Von diesen, nicht zuletzt auch linguistischen Finessen einmal abgesehen: | |
| Die Show, die [2][Bulgarien] gerade aufführt, ist mehr als armselig. Denn | |
| anstatt sich an seinem Nachbarn abzuarbeiten, hätte das Land wahrlich | |
| anderes zu tun. Obwohl bereits seit 13 Jahren in der EU, ist der | |
| Balkanstaat nach wie vor Schlusslicht im erlauchten Klub. Demgegenüber sind | |
| die Regierenden ganz vorne mit dabei, wenn es darum geht, sich mit | |
| EU-Geldern die Taschen zu füllen. Das ist übrigens auch einer der Gründe | |
| dafür, warum tausende Bulgar*innen seit Monaten auf die Straße gehen. | |
| Sollte Regierungschef [3][Bojko Borissow] darauf setzen, durch die Fehde | |
| mit Nordmazedonien von seinen innenpolitischen Problemen abzulenken, dürfte | |
| dieser Versuch ins Leere laufen. | |
| Und Kanzlerin Angela Merkel? Sie und die deutsche EU-Ratspräsidentschaft | |
| haben jetzt, neben Corona und einem dank Polen und Ungarn blockierten | |
| Haushalt, ein weiteres Problem auf dem Tisch. Sollte eine Lösung nicht bis | |
| zum Jahresende zustande kommen – wofür einiges spricht –, werden alle | |
| Schaden nehmen: Bulgarien, potenzielle Beitrittskandidaten vom Westbalkan | |
| und nicht zuletzt auch die EU selbst. Trübe Aussichten! | |
| 19 Nov 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Barbara Oertel | |
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