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# taz.de -- Spezialausrüstung für Obdachlose: Gefährlicher als ein Outdoor-A…
> Nun gibt es Rucksäcke speziell für obdachlose Menschen. Das ist gut
> gemeint – aber wollen wir uns wirklich an Wohnungsnot gewöhnen?
Bild: Wer dauerhaft in einem Zelt leben muss, ist vielen Gefahren ausgesetzt
Regendicht sollten die Rucksäcke sein. Und ein paar versteckte Taschen
haben, um Wertsachen sicher zu verstauen. Außerdem wichtig: reißfestes
Material und Ösen, um Trinkbecher einzuhängen oder Isomatte und Schlafsack
zu befestigen. Was wie ein praktisches Gepäckstück für den Outdoortrip
klingt, ist in diesem Fall für das dauerhafte Leben in Hauseingängen,
U-Bahnhöfen oder Unterführungen gedacht. Ein in den [1][Friedrichshainer
Rambler Studios] entworfener Multifunktions-Outdoor-Rucksack soll die
Bedürfnisse von obdachlosen Menschen erfüllen.
Entworfen und genäht haben den Rucksack zwei Männer, die das Leben ohne
festen Wohnsitz aus eigener Erfahrung kennen. „Ein vernünftiger Rucksack,
Isomatte, Schlafsack – ohne das gehst du kaputt“, sagt einer der beiden in
einer [2][RBB-Fernsehreportage] über den Prototyp. 3.000 solcher Rucksäcke
sollen produziert und an obdachlose Menschen verteilt werden. Ein Leben in
Obdachlosigkeit wolle das Projekt natürlich nicht fördern, heißt es im RBB
– die Rucksäcke sollen den Menschen auf der Straße das Leben aber ein
bisschen leichter machen.
Im vergangenen Jahr stellte eine Initiative eigens [3][für ein Übernachten
auf der Straße designte Schlafsäcke] vor, die tagsüber als Jacke oder
Overall dienen können. Am Kottbuser Tor [4][verteilte ein Bündnis im
vergangenen Dezember spezielle Thermoskannen]. Alles gut gemeint, und die
Rucksäcke sind wohl gut gemacht. Doch diese eigens für Obdachlose
entworfenen Ruck- und Schlafsäcke mögen zwar das Leben von Menschen, die
ihre Tage und Nächste auf der Straße verbringen müssen, etwas einfacher
machen. Sie machen deren Lebenssituation aber auch ein Stück normaler.
## Nur eine Frage des Outfits?
Obdachlosigkeit wird so zu einem Fakt, an den sich die, die noch eine
Wohnung haben, gewöhnen. Sie wird zu einer Frage der Ausrüstung, einer
Situation, der sich Betroffene eben nur mit dem richtigen Outfit anpassen
müssen – fast so wie eine Wanderung in Funktionsklamotten, bei der es ja
auch oft heißt, es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleidung.
Aber Obdachlosigkeit ist kein Outdoorausflug. Sie ist ein
gesellschaftliches Problem. Menschen ohne festen Wohnsitz brauchen mehr
Schutz als eine Bauchtasche fürs Bargeld. Auch mit gutem Rucksack,
Schlafsack und Isomatte macht ein Leben ohne Wohnung kaputt: die
Lebenserwartung sinkt, viele Menschen werden körperlich oder psychisch
krank.
Der Grund dafür, warum Bezirke wohnungslosen Menschen eigentlich eine
Unterkunft geben müssen, ist ja, dass sie geschützt werden sollen. Ihre
Gefährdung ist real: Am Sonntagabend steckten Unbekannte [5][die
Schlafstätte von fünf Menschen unter einer Brücke] am Ostbahnhof in Brand.
Zwei Wochen zuvor war [6][ein Brandsatz auf das Zelt von zwei Obdachlosen]
an der Skalitzer Straße in Kreuzberg geworfen worden. Am folgenden Tag
wurde eine [7][wohnungslose Frau in einem Park in Neukölln brutal
angegriffen und ausgeraubt]. Mitte September war ein o[8][bdachloser Mann
in Lichtenberg angegriffen und lebensgefährlich verletzt] worden. Aufschrei
oder Solidaritätskundgebungen blieben weitgehend aus. Auch daran sollten
wir uns nicht gewöhnen.
13 Oct 2021
## LINKS
[1] https://neuechanceberlin.de/de/standorte/rambler-studio-berlin.html
[2] https://www.rbb-online.de/zibb/archiv/20211007_1827/rucksack-obdachlose.html
[3] /Sheltersuits-in-Berlin/!5744854
[4] /Obdachlosigkeit-in-Berlin/!5747294
[5] https://www.berlin.de/polizei/polizeimeldungen/2021/pressemitteilung.113438…
[6] https://www.berlin.de/polizei/polizeimeldungen/2021/pressemitteilung.113012…
[7] https://www.berlin.de/polizei/polizeimeldungen/2021/pressemitteilung.113111…
[8] https://www.berlin.de/polizei/polizeimeldungen/2021/pressemitteilung.112771…
## AUTOREN
Uta Schleiermacher
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