| # taz.de -- Öffentlicher Suizid einer Trans*Frau: Rest in Power, Ella! | |
| > Vergangene Woche verbrannte sich die Trans*Frau Ella am Alexanderplatz | |
| > öffentlich. Am Sonntag trauerten dort mehr als 200 Menschen gemeinsam. | |
| Bild: Ein kleines Blumen- und Kerzenmeer für Ella | |
| Berlin taz | Obwohl etwa 200 Menschen am belebten Alexanderplatz vor einer | |
| Kaufhausfiliale stehen, herrscht völlige Stille. Es ist die | |
| Trauerkundgebung für Ella, wie sie alle hier nennen, eine transsexuelle | |
| Frau aus dem Iran, die sich vergangenen Dienstag an dieser Stelle in aller | |
| Öffentlichkeit verbrannt hatte. Nach und nach treten Menschen aus der Menge | |
| hervor und legen Blumen und Kerzen nieder. Viele Anwesende weinen, manche | |
| leise, manche laut. Auch ein Foto, ein kleines Kreuz und die | |
| blau-pink-weiße Pride-Flagge transsexueller Menschen wurden hier | |
| niedergelegt. | |
| Die 40-Jährige war am Mittwoch im Krankenhaus gestorben. Ein Mitarbeiter | |
| des Kaufhauses hatte die brennende Frau mit einem Feuerlöscher gelöscht, | |
| ein Hubschrauber hatte sie ins Krankenhaus gebracht. Warum sie sich das | |
| Leben nahm, ist laut Polizei nicht bekannt. Für alle Anwesenden aber ist | |
| klar, dass es die tagtäglichen Diskriminierungen waren, die sie in den | |
| Suizid trieben. | |
| „Ich will keine politische Rede halten“, sagt die Veranstalterin zu Beginn. | |
| Wie fast alle hier habe auch sie vom Suizid über Twitter erfahren. „Aber es | |
| ist auch klar, dass Ella einen politischen Auftrag hinterlassen hat“, fährt | |
| sie fort. Es tue gut, gemeinsam zu trauern und sich mit Wertschätzung zu | |
| begegnen. | |
| ## „Unsere Tode sind politisch“ | |
| Anschließend bleibt es lange still. In kleinen Gruppen sitzen Anwesenden | |
| zusammen, sie umarmen und trösten sich, sprechen leise miteinander. Doch | |
| nach und nach wagen sich weitere Redner:innen ans Megafon und teilen | |
| ihre Erfahrungen. Es sind Geschichten über Trauerprozesse, | |
| Diskriminierungserfahrungen, auch eigene Suizidgedanken werden geteilt. Ein | |
| Freund von Ella berichtet, wie sie von Behörden diskriminiert wurde – als | |
| Geflüchtete und als Trans*Frau. „Sie hat immer gekämpft gegen ein | |
| bürokratisches System, das sich für sie nicht interessiert hat“, sagt er. | |
| Eine weinende Redner:in rief aus: „Ich möchte euch alle wiedersehen! Aber | |
| nicht bei einem Anlass wie diesem, sondern zum 40., 50., 60. Geburtstag | |
| einer farbigen Transfrau!“ | |
| Ein Mann kritisierte, immer wieder würden Europäer:innen denken, | |
| Transphobie gebe es nur woanders, etwa im Iran. „Dieser Scheiß ist hier in | |
| Berlin passiert!“, sagt er wütend. „Unsere Tode sind politisch!“, ruft | |
| ein:e Redner:in verzweifelt. Und weiter: „Wie viele Transmenschen müssen | |
| sterben, bis unsere Leben ernst genommen werden?“ | |
| Wenn Sie Suizidgedanken haben, sprechen Sie darüber mit jemandem von der | |
| Telefonseelsorge 0800/111 0 111, [1][www.telefonseelsorge.de]) | |
| 19 Sep 2021 | |
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| [1] https://www.telefonseelsorge.de/ | |
| ## AUTOREN | |
| Timm Kühn | |
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