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# taz.de -- Gedenken an trans Frau Ella N.: Was bleibt
> Dass queere Körper existieren, ist für viele Menschen Grund genug für
> Gewalt. Aber ihr Vernichtungswille zerstört sie selbst gleich mit.
Bild: Berlin, Alexanderplatz: Hier hat sich Ella N. im vergangenen September da…
Eine Frau flieht, auf der Suche nach Sicherheit und einem ruhigen Leben.
Sie überquert die Ägäis, nimmt die Balkanroute. Sie kommt nach Deutschland.
Sie lernt die Sprache, findet eine Tätigkeit in der Beratung, wo sie
anderen helfen kann. Findet Freund*innen. Aber Sicherheit und Ruhe findet
sie nicht.
Obwohl ihr als trans Frau in ihrem Herkunftsland Iran Gewalt droht, erhält
sie in Deutschland zunächst kein Asyl. Dass die reine Existenz eines
transgeschlechtlichen Körpers für viele Menschen Grund genug ist, diesem
Körper schaden zu wollen, sehen deutsche Behörden nicht. Erst durch eine
Klage behauptet sich die Frau, nach Jahren. Und muss sogleich
weiterkämpfen, um transmedizinische Versorgung, um Anerkennung ihres
Geschlechts.
Im September hat sich Ella N. am Berliner Alexanderplatz durch
Selbstverbrennung das Leben genommen ([1][die taz berichtete]). Ihre
Beweggründe sind unbekannt. Über Gründe für Suizide zu spekulieren führt zu
nichts, und niemand, sei er*sie noch so verzweifelt, soll ihrem Beispiel
folgen. Es sei nur so viel gesagt, dass Selbstverbrennungen der Versuch
sein können, ein grauenvolles Signal zu senden: dass man all denen
zuvorgekommen ist bei der Vernichtung des eigenen Körpers, die es bis dahin
versucht hatten. Ein extremer Akt, begleitet womöglich von der Hoffnung,
dass am Ende die Selbstbehauptung steht.
Das soll nicht heißen, dass das etwas Heroisches ist. Im Gegenteil,
sollten Sie daran denken, sich selbst zu verletzen, oder Menschen kennen,
die darüber sprechen: Machen Sie nichts Politisches, nichts Spirituelles
draus. Nehmen Sie die Hilfe der [2][Telefonseelsorge] (0800 111 01 11 oder
0800 111 02 22) in Anspruch oder die einer Beratungsstelle für [3][queere
Menschen oder queere Migrant*innen]. Das Bedürfnis verfolgter queerer
Menschen, dem Tod spirituelle Bedeutung zu geben, ist nachvollziehbar. Aber
man kann einen Menschen respektieren und ehren, ohne aus ihrer
Verzweiflungstat etwas Held*innenhaftes zu machen.
## Verunstaltetes Grab
Am Mittwoch vermeldete der LSVD, dass Ella N.s Grab letzthin [4][mehrfach
verunstaltet worden ist]. Die Bedrohung, die für einige Menschen vom
queeren Körper ausgeht, endet nicht mit dessen Tod. Der Vernichtungswahn
bleibt. Ich frage mich, warum. Warum sie noch weiter zerstören müssen, was
längst nicht mehr da ist. Was von Ella N. bleibt, sind die Menschen, denen
sie geholfen hat. Die Menschen, die sie Freund*innen nannte und die jetzt
dafür sorgen, dass sie erinnert wird. Die Träume, die sie sich erfüllt hat,
die Wege, die sie gegangen ist, die bleiben; und sie zu vernichten wird
schwer für ein paar Idiot*innen, die nichts vorzuweisen haben als ihren
Ekel.
Tatsächlich glaube ich, dass das, was diese Leute vernichten wollen, gar
nichts mit Ella zu tun hat. Es ist in ihnen selber. Und deswegen geht ihre
destruktive Wut weiter. Ich sollte das mit Mitleid betrachten, dass sie so
leben müssen. Aber wenn ich ehrlich bin: Ich hoffe, es frisst sie von innen
auf.
7 Jan 2022
## LINKS
[1] /Oeffentlicher-Suizid-einer-TransFrau/!5802383
[2] http://www.telefonseelsorge.de
[3] https://berlin.lsvd.de/projekte/miles/
[4] /Oeffentlicher-Suizid-einer-trans-Frau/!5823594
## AUTOREN
Peter Weissenburger
## TAGS
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