| # taz.de -- Dokumentarfilm über Paolo Conte im Kino: Die Liebe zu Zitroneneis | |
| > Der Dokumentarfilm „Paolo Conte – Via con me“ von Giorgio Verdelli lebt | |
| > von der Musik und der Gelassenheit seines Protagonisten. | |
| Bild: Der singende Anwalt Paolo Conte begeistert, weil er uneitel und humorv… | |
| „Ich suche das ganze Jahr den Sommer und mit einem Mal ist er da. Sie ist | |
| an den Strand gefahren und ich bin allein hier in der Stadt. Über den | |
| Dächern pfeift ein Flugzeug, das wegfliegt.“ Ende der 1960er Jahre beginnt | |
| ein Anwalt aus dem Piemont vermehrt, Lieder zu schreiben für andere. Die | |
| Musik ist ein Nebenjob, tagsüber geht er weiter ins Büro, vertritt | |
| Klienten. Der Name des Anwalts ist Paolo Conte, das Lied heißt „Azzurro“ | |
| und der Sänger Adriano Celentano. | |
| Sechs Jahre später beginnt Conte seine eigene Karriere mit dem ersten von | |
| zwei Alben, die einfach seinen Namen als Titel tragen. „Wenn ich dieses | |
| Leben nicht hätte, würde ich sterben.“ Lakonischer als mit der ersten | |
| Textzeile des ersten Albums kann man eine Karriere als Musiker kaum | |
| beginnen. | |
| Der Musikdokumentations-Regisseur Giorgio Verdelli hat sich in seinem | |
| neuesten Film Paolo Contes angenommen. „Paolo Conte – Via con me“ ist eine | |
| Verneigung vor einem der bekanntesten Musiker Italiens. Den Kern bilden ein | |
| Gespräch des Regisseurs mit Conte bei diesem zu Hause und unzählige | |
| Konzertaufnahmen, dazwischen stellt sich in Gesprächen mit einem Who’s who | |
| der italienischen Musik und Kultur der bei Filmen dieser Art unvermeidliche | |
| Jahrmarkt der Eitelkeiten ein. | |
| Immerhin: Ein paar der Befragten haben tatsächlich etwas zu sagen – | |
| [1][Roberto Benigni] etwa, Isabella Rossellini, Francesco De Gregori. Bei | |
| den übrigen freut man sich, wann die linkischen Versuche, etwas vom Ruhm | |
| auf sich umzulenken, ein Ende haben. | |
| Der Film greift Stichworte der kurzen Gespräche mit Wegbegleitern und | |
| solchen, die es gern gewesen wären, auf und hangelt sich an ihnen entlang | |
| durch Contes Leben als Musiker. Von den Anfängen als Sohn einer | |
| musikalischen Anwaltsfamilie beim Posieren als Dixieband zusammen mit dem | |
| Bruder und der Jazzphase als Paul Conte Quartett geht es schnell zum Beginn | |
| der eigenen Karriere. | |
| ## Dinge, die ihm am Herzen liegen | |
| In der zweiten Hälfte der 1970er Jahre gewann Conte allmählich an | |
| Bekanntheit. „Ich habe angefangen, meine Lieder zu singen, einfach um die | |
| Lieder zu verteidigen“, sagt Conte selbst. Im Jahr 1976 wurde er erstmals | |
| in den Club Tenco eingeladen, einer Initiative mit einem Festival zur | |
| Förderung von Cantautori. In den Erzählungen von Benigni und De Gregori | |
| scheint durch, welchen Eindruck Contes uneitle, humorvolle Präsenz | |
| hinterlassen hat. Bei dieser Gelegenheit lernen sich Benigni und Conte | |
| kennen. | |
| Im Jahr 1979 feiert Conte mit „Gelato al limon“ (Zitroneneis) einen ersten | |
| großen Erfolg. Das Lied handelt von einem Mann, der seiner neuen Liebe | |
| Dinge zeigt, die ihm am Herzen liegen und hofft, sie möge das teilen. | |
| Anfang der 1980er Jahre stellt Conte die Musik zu Benignis Episodenfilm „Tu | |
| mi turbi“ zusammen, seine erste musikalische Arbeit fürs Kino. | |
| ## „Diese unglaubliche Freiheit“ | |
| [2][Verdellis „Paolo Conte – Via con me“] hätte leicht ein müder, | |
| nostalgischer Rückblick werden können, die Momente sind im Film klar zu | |
| erkennen. Doch Paolo Conte und seine Musik, vor allem aber die Gelassenheit | |
| auf und jenseits der Bühne bewahren den Film davor, tun mehr als das. „Bei | |
| Paolo gibt es diese unglaubliche Freiheit, denn er ist frei von Anmaßung“, | |
| sagt Isabella Rossellini. | |
| Das Filmische der Lieder Contes tut ein Übriges: Statt eines Rückblicks | |
| lädt Verdellis Film ein zu einer fortwährenden Neuaneignung auch des | |
| eventuell Bekannten. Die Sprachbilder Contes, die Charaktere, die er in | |
| seinen Liedern skizziert, die groovige Musik, sein Charme tragen den Film. | |
| Paolo Conte wiederum nutzt den Film, um sich vor einem anderen Musiker zu | |
| verneigen: vor Enzo Jannacci. Man sollte „Paolo Conte – Via con me“ schon | |
| deshalb sehen, weil er einem deutschen Publikum die Welt der italienischen | |
| populären Musik seit dem Wirtschaftswunder zu eröffnen vermag. | |
| 19 Sep 2021 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Goldener-Loewe-fuer-Roberto-Benigni/!5766671 | |
| [2] http://paoloconte.de/ | |
| ## AUTOREN | |
| Fabian Tietke | |
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