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# taz.de -- Facebook löscht rechtsextreme Konten: Schädliche „Querdenker“
> Facebook löscht erstmals 150 Accounts wegen rechtsextremer Inhalte. So
> lobenswert der Schritt ist, so sehr kann er nur ein Anfang sein.
Bild: Gegen „Querdenker“: die weltweit erste gezielte Facebook-Aktion gegen…
Politiker:innen fordern schon lange die Betreiber sozialer Netzwerke
dazu auf, ihrer Verantwortung nachzukommen und volksverhetzende und andere
strafbare Inhalte schnellstmöglich zu entfernen. Nun hat Facebook weltweit
erstmalig knapp 150 Konten und Gruppen auf seinen Plattformen gelöscht, die
der Internetkonzern der [1][umstrittenen „Querdenker“-Bewegung] zuordnet.
[2][Der Internetkonzern Facebook] hat ein neues Verfahren entwickelt, um
weltweit „schädliche Netzwerke“ von seiner Plattform zu verbannen, so die
Mitteilung. [3][Facebook-Sicherheitsmanager Nathaniel Gleicher] stellt
klar, dass die „Querdenker“-Bewegung aus Sicht des Internetkonzerns eine
„koordinierte Schädigung der Gesellschaft“ (Coordinated Social Harm)
hervorrufe und deswegen aus dem Netzwerk entfernt wurde.
Außerdem warf Gleicher den „Querdenkern“ vor, in koordinierter Weise
wiederholt gegen die Standards von Facebook verstoßen zu haben. „Hierzu
zählen die Veröffentlichung von gesundheitsbezogenen Falschinformationen,
Hassrede und Anstiftung zur Gewalt.“ Die Aktion richtet sich gegen Konten
auf Facebook und Instagram. Nicht betroffen ist der Chatdienst WhatsApp,
der ebenfalls zum Facebook-Konzern gehört.
Auch [4][von der Sperrung betroffen] ist der Account des Stuttgarter
„Querdenken“-Gründers Michael Ballweg. Seit 2020 organisiert er
Protestaktionen gegen die staatlichen Schutzmaßnahmen zur Eindämmung des
Coronavirus, woraus sich die „Querdenken“-Bewegung gründete. Ballweg ist
auch der Inhaber der Wortmarke „Querdenken-711“. Auch die Facebook-Seite
von „Querdenken-711“ mit über 30.000 Abonnenten wurde gesperrt. Laut
Ballweg habe die Seite allerdings nur Inhalte zu den Themen Grundrechte und
Meinungsfreiheit verbreitet. Man habe sich bereits in den vergangenen
Monaten mehrfach gegen ungerechtfertigte Löschungen rechtlich zur Wehr
setzen können, sagte er der dpa.
Offensichtlich sehen sich nur die „Querdenker:innen“ selbst als harmlos.
Bei vergangenen Demonstrationen in verschiedenen Städten kam es zu
Angriffen auf Polizisten und Medienvertreter. Verschiedene
Landesverfassungsschutzämter beobachten [5][die Bewegung, und das Bundesamt
für Verfassungsschutz] hat sie als „Sammelbeobachtungsobjekt“ im Visier –
ähnlich wie beim Salafismus.
## Problem „alternativer Netzwerke“
Facebook hat bei seiner Aktion nicht nur Konten und Gruppen gesperrt,
sondern auch eine Liste von Webseiten der „Querdenker“ identifiziert, die
auf Facebook nicht länger verlinkt werden können: „Wir haben Verlinkungen
auf Domains der Querdenken-Bewegung von unserer Plattform entfernt.“ Das
„schädliche Netzwerk“ sei von Personen betrieben worden, die mit Gewalt
außerhalb der Plattform und anderen „sozialen Schäden“ in Verbindung
gebracht würden.
An diesen koordinierten Kampagnen seien in der Regel authentische Nutzer
beteiligt. „Das sind keine Fake-Profile, sondern echte Menschen, die sich
organisieren, um systematisch gegen unsere Richtlinien zu verstoßen und
Schaden auf oder außerhalb unserer Plattform anzurichten“, sagte Gleicher.
Michael Ballweg kündigte bereits an, gegen die Löschung rechtlich
vorzugehen. Ende Mai hatte die Videoplattform Youtube den Kanal
„Querdenken-711“ gelöscht. Damals warf ein Google-Sprecher der Gruppierung
vor, gegen die Youtube-Richtlinien für Fehlinformationen verstoßen zu
haben. Ballweg bestritt die Vorwürfe damals. Die Konsequenz der Bewegung:
sie wolle auf eine dezentrale Alternative zu Youtube ausweichen. Seitdem
setzt die Bewegung auf Peertube, eine Software, mit der man selbst
Plattformen zur Veröffentlichung von Videos und Streams betreiben kann.
Und damit nennt man das Problem eigentlich schon beim Namen: „alternative“
Netzwerke. Denn ja, es ist gut, dass Facebook endlich massiver [6][gegen
rechte Hetze und Falschmeldungen] vorgeht. Mittlerweile arbeitet das
Unternehmen beispielsweise mit externen Faktencheckern zusammen.
Journalisten von den Nachrichtenagenturen AFP, dpa und vom
Recherchenetzwerk Correctiv sind damit beschäftigt, Meldungen zu
überprüfen, die über Algorithmen bei ihnen aufschlagen. Doch es ziehen eben
nicht alle mit.
## Extremisten fühlen sich enorm frei
Die Plattform Telegram sowie die Software Peertube werben damit, dezentral,
frei und transparent zu sein. Allerdings fühlen sich dort mittlerweile auch
Extremisten enorm frei, denn die Plattformen löschen selbst hetzerische
Inhalte nicht.
Nun ist dieses Phänomen technisch recht einfach zu erklären, denn Telegram
fällt nicht unter das sogenannte Netzwerkdurchsetzungsgesetz, laut dem
rechtswidrige Inhalte vom Seitenbetreiber innerhalb von 24 Stunden nach
Eingang einer Beschwerde gelöscht oder gesperrt werden müssen. Das Gesetz
gilt bisher nur für soziale Netzwerke, nicht für Messengerdienste. Wenn
also ein rassistischer Post auf Facebook, Youtube und Twitter gelöscht
wird, können die Verfasser einfach zu Telegram wechseln und dort ihre
Inhalte veröffentlichen.
Damit ist die Aktion von Facebook zwar lobenswert, doch sie kommt auch
(wieder) einmal sehr spät. Die Forderung, gegen Hetze im Netz vorzugehen,
steht schon seit Ewigkeiten im Raum. Reagiert wird viel zu langsam. So
sperrten Twitter und Facebook Donald Trump erst nach den Sturm auf das
Kapitol – dabei hätte es doch womöglich frühere Gelegenheiten gegeben.
Gleiches gilt für die „Querdenken“-Bewegung, die nun wirklich nicht erst
seit gestern rechtsextremistische Inhalte verbreitet.
Doch auch die politischen Mühlen mahlen viel zu langsam. Während es Jahre
gedauert hat, die Big Player in die Verantwortung zu nehmen, haben sich
längst neue Player etabliert. Das Tempo muss also dringend erhöht werden,
ansonsten hinken wir als Gesellschaft einfach immer hinterher.
17 Sep 2021
## LINKS
[1] /Querdenken-Bewegung/!t5718280
[2] /Kartellamt-gegen-Facebook/!5761068
[3] https://about.fb.com/de/news/2021/09/entfernung-neuer-arten-von-bedrohliche…
[4] /BGH-Urteil-zu-Facebook/!5790474
[5] /Propaganda-in-sozialen-Netzwerken/!5782946
[6] /Hate-Speech-im-Netz/!5781835
## AUTOREN
Malaika Rivuzumwami
## TAGS
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