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# taz.de -- taz-Talk Berlin-Wahl mit Kai Wegner: „Grün-schwarz wäre auch ok…
> CDU-Spitzenkandidat Kai Wegner gibt sich im taz Talk umgänglich und
> anschlussfähig. Bisweilen versucht er, noch etwas grüner als die Grünen
> zu sein.
Bild: Samtig parlierend: Kai Wegner (CDU, rechts) mit taz-Berlin-Ressortleiter …
BERLIN taz | Ein bisschen enttäuschend ist er dann ja, der [1][taz-Talk mit
Kai Wegner (CDU)] – jedenfalls für all diejenigen, die sich auf erbitterte
Wortgefechte mit einem beinharten Konservativen gefreut haben. Alle
Versuche von taz-Berlin-Redakteur Stefan Alberti und
taz-Berlin-Ressortleiter Bert Schulz, den Spitzenkandidaten der CDU für die
Berliner Abgeordnetenhauswahl aus der Reserve zu locken, pariert dieser mit
samtener Stimme und polierten Statements, von denen manche fast schon
rotgrün schimmern.
Aus früheren Jahren, als der Spandauer Bundestagsabgeordnete und
CDU-Landeschef noch im Abgeordnetenhaus saß und seiner Partei als
Generalsekretär diente, war man da schärfere Töne gewohnt. Aber in der
taz-Kantine und vor der Kamera für den Livestream ist es schon das höchste
der konservativen Gefühle, wenn Wegner auf die sprichwörtliche
Schichtarbeiterin anspielt, die auf dem Nachhauseweg in der S-Bahn oder in
der Grünanlage „Angst hat, Opfer einer Straftat zu werden.“
Auch sein knappes Bekenntnis zum Weiterbau der A100 nach Friedrichshain
(„das Vorhaben ist finanziert, es wäre verrückt, das jetzt einzustellen“)
macht er nur auf Nachfrage aus dem Publikum – aus dem Munde seiner
Konkurrentin Franziska Giffey (SPD) klänge es kaum anders. Im Übrigen
betont Wegner beim Thema Mobilität, diese dürfe „keine soziale Frage“
werden – was eine City-Maut ausschließt. Der Raum müsse insgesamt aber neu
verteilt werden, und ja, das bedeute auch weniger Platz für Autos. Mehr
Spielstraßen, aus denen der Autoverkehr herausgehalten werde, könne er sich
etwa gut vorstellen: „Mit ausreichender Bürgerbeteiligung ist das kein
Problem.“
Auch gegen geschützte Radspuren hat Kai Wegner nichts, im Gegenteil:
Positivbeispiel ist für ihn der abgepollerte Streifen auf der
Holzmarktstraße in Mitte, Provisorien gefallen ihm dagegen nicht so gut:
„Der Pop-up-Radweg auf der Kantstraße ist unsicher und wurde auch nicht mit
den Gewerbetreibenden abgesprochen.“ Ein paar Seitenhiebe auf die grün
verantwortete Verkehrspolitik müssen noch sein – „Warum gibt es immer noch
so viele gefährliche Kreuzungen? Was ist beim Radnetzausbau in den letzten
Jahren passiert?“ Aber echte Polemik sieht anders aus.
Beim Thema Mieten und Wohnen legt der baupolitische Sprecher der
CDU-Bundestagsfraktion Wert darauf, dass er daran beteiligt gewesen sei,
die Bedingungen in den Ländern für Umwandlungsverbote von Miet- in
Eigentumswohnungen zu erleichtern. Wegner will in Berlin ganz viel bauen –
„dass wir 200.000 Wohnungen brauchen, bestreitet ja keine Partei mehr“ –,
und wenn er von „behutsamer Verdichtung“ spricht, von der baulichen Nutzung
teilversiegelter Flächen wie Supermarktplätzen oder der Aufstockung von
Bestandsgebäuden mit Dachgeschossen, könnte das im Prinzip auch vom BUND
kommen.
Beim Tempelhofer Feld versucht Wegner gleich alle einzufangen: Auf einem
Drittel der Fläche sollen Wohnungen entstehen, während auf Teilen der
Freifläche ein „Klimawald“ wachsen soll. Die ehemaligen Rollbahnen will der
Spitzenkandidat entsiegeln, das Flughafengebäude mit Photovoltaik bestücken
– fertig ist ein Zukunftsbild, gegen die sich das „Einfach mal so lassen“
der Grünen sehr unvisionär ausnimmt. Jedenfalls hofft das die CDU.
## „Keine Beeinflussung“
Angesprochen auf die sagenhaften 800.000 Euro an Spenden, die die Berliner
CDU 2020 vom Immobilien-Unternehmer Christoph Gröner erhielt, will Kai
Wegner keine Beeinflussung erkennen und legt Wert darauf, dass
Parteispenden legitimes Mittel der Finanzierung sind. Dass ein solcher
Geldsegen befangen macht, bestreitet er: „Ich kann das für mich dezidiert
ausschließen.“ Mit der CDU teilte Spender Gröner unter anderem die
vehemente Ablehnung des Mietendeckels.
Kai Wegner will die Zuständigkeiten in der Berliner Verwaltung klarer
verteilen, die „Chancen der Digitalisierung endlich mal nutzen“, er will
neue LehrerInnen wieder verbeamten und sie damit im Land halten, und er
will, natürlich, seine Partei zu stärksten Kraft im Abgeordnetenhaus
machen. Und Regierender Bürgermeister werden. Aber passt das wirklich
zusammen?
Redakteur Stefan Alberti weist auf den Widerspruch hin, der darin liegt:
„Wenn die CDU stärkste Kraft wird, gibt es wieder Rot-Rot-Grün.“ Wegners
Erwiderung wirkt hier erstmals leicht hilflos: „Ich führe keinen
taktisch-strategischen Wahlkampf, ich will die Stadt lebenswerter machen.“
Gefragt, ob er dann Schwarz-Rot-Gelb für eine gangbare Option halte, meint
er: „Wieso, es gibt doch auch noch die Grünen.“ Fast im selben Atemzug
betont er, dass diese in Berlin immer noch „etwas speziell“ seien:
„Manchmal habe ich den Eindruck, die sind Ende der achtziger oder Anfang
der neunziger Jahre stehen geblieben.“
„Da fehlt mir ein bisschen die Fantasie“, so Wegner zu der von ihm selbst
aufgeworfenen Frage, wie vor diesem Hintergrund Grün-Schwarz aussähe – auch
wenn am Ende natürlich der Wählerwille den Ausschlag gebe. „Also,
Schwarz-Grün wäre mir natürlich noch lieber“, schiebt er gleich hinterher.
Es hat so seine Tücken, Berlins CDU-Spitzenkandidat zu sein.
Der taz Wahl Talk mit Kai Wegner kann auf dem [2][YouTube-Kanal der taz]
angesehen werden, ebenso wie das bereits mit [3][Linken-Spitzenkandidat
Klaus Lederer] geführte Gespräch. Am Donnerstagabend geht es gleich mit
Franziska Giffey (SPD) weiter.
9 Sep 2021
## LINKS
[1] /Berlins-Spitzenkandidatinnen-2/!vn5794535
[2] https://www.youtube.com/watch?v=c4Ko64JN56I
[3] /taz-Talk-Berlin-Wahl-mit-Klaus-Lederer/!5799105
## AUTOREN
Claudius Prößer
## TAGS
Abgeordnetenhauswahl 2021
Kai Wegner
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