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# taz.de -- Niederländerin blickt auf Bundestagswahl: Goudawürfel statt Popco…
> Der deutsche Wahlkampf ist langweilig? Nicht schlimm, findet unsere
> Autorin. Denn immerhin dominieren hier nicht die Rechtspopulisten.
Bild: Populist Geert Wilders wirft mit Brandstifterbegriffen um sich
Berlin taz | „So machen das Populisten in anderen Ländern“, sagt Laschet
sinngemäß zu Scholz, als es um dessen Rolle bei Geldwäscheermittlungen
geht. Es ist [1][der Abend des zweiten Triells], und ich, niederländische
taz-Gastautorin, bin bei meiner Berliner Gastfamilie zum Fernsehen
eingeladen. Netterweise haben sie Weißwein und Goudawürfel auf den Tisch
gestellt.
Die Wahldebatten bei uns gewohnt, hatte ich Popcorn und Taschentücher
erwartet. Denn niederländische Wahldebatten sind wie Filme, deren Kritiken
so extrem schlecht sind, dass man sie sehen muss. Also etwa wie der
US-Katastrophenfilm „Sharknado 5“: Global Swarming. Obwohl, immerhin: Ein
Film, in dem ein Hurrikan mit Haien entfesselt wird, thematisiert den
Klimawandel zumindest stärker, als es niederländische Politiker in
TV-Debatten tun.
Laschets Bemerkung über Populisten ist mir im Gedächtnis geblieben. Nicht,
dass ich seine Vendetta unterstütze, aber insgesamt ist es erleichternd,
die deutschen Wahldebatten zu verfolgen. Man kann deren Sprache elitär oder
zu distanziert nennen, aber immerhin wird besprochen, was angegangen werden
muss, wie [2][Klimawandel], [3][Wohnen], [4][Digitalisierung] oder
[5][Mindestlohn]. All diese Themen habe ich bei den niederländischen Wahlen
im März schmerzlich in der Debatte vermisst.
Vielleicht liegt es im Wesen des Reisens, dass man oft von einem neuen Ort
schwärmt, erst mal nur das Bessere dort sehen will, wie ich gerade in
Berlin. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendjemand bestreitet,
dass der Ton der politischen Auseinandersetzung in den Niederlanden, dort
wo WLAN immer gut funktioniert, aber die soziale Sicherheit systematisch
abgebaut wird, ganz anders ist.
Bei uns gibt es keine Fünfprozenthürde. Das hat Vorteile, aber der Nachteil
ist, dass neue Rechtspopulisten schon lange den Ton in der politischen
Debatte vorgeben. Vor unserer letzten Wahl wurde meist nur über
Coronaregeln gestritten und wurden fremdenfeindliche Slogans über
Migration hinausposaunt.
Die Sprache von Populisten wie etwa Geert Wilders von der rechten PVV
spielte da eine Schlüsselrolle. Mit Brandstifterbegriffen wie
Kopftuchsteuer, Flüchtlings-Tsunami und seinem Aufruf, dass sich alle mal
„normal“ verhalten sollten. Diese Redeweise wurde auch übernommen von
Premierminister Mark – alias Marketing – Rutte von der bürgerlichen VVD. Im
Kontext einer Randale von türkisch-niederländischen Jugendlichen ließ er
vor der Wahl 2017 eine Zeitungsanzeige schalten, in der er ihnen sinngemäß
androhte: „Handelt ‚normal‘ oder geht!“
Politiker, die für Klimaschutz sind, heißen bei uns Klimanörgler, Linke
Gutmenschenpolitiker oder Schau-weg-Politiker. Eine vermeintlich lustige
Ausdrucksweise, die der effekthascherischen Diskussion die Inhalte nimmt
und sie reaktionär werden lässt. Was ich hoffe? Dass Deutschland es
schafft, weiterhin nicht nur Populisten die Agenda bestimmen zu lassen.
23 Sep 2021
## LINKS
[1] /Die-These/!5799605
[2] /Wie-wir-Medien-vor-der-Wahl-versagen/!5797795
[3] /Berliner-Wohnungsmarkt/!5797585
[4] /Forscherin-ueber-Digitalisierung/!5796576
[5] /Auswirkungen-von-12-Euro-Mindestlohn/!5802548
## AUTOREN
Dominique van Varsseveld
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Annalena Baerbock
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