# taz.de -- Olaf Scholz vor Finanzausschuss: Viel Getöse mit wenig Substanz | |
> Kurz vor der Wahl beschäftigt sich der Finanzausschuss mit der | |
> umstrittenen Geldwäsche-Spezialeinheit. Überraschend erschien Olaf Scholz | |
> persönlich. | |
Bild: Olaf Scholz spricht nach der Anhörung mit Journalist:innen | |
Berlin taz | Die Hauptperson schlich sich durch die Hintertür in den | |
Sitzungssaal E 400 im Bundestag. Finanzminister [1][Olaf Scholz], SPD, | |
wollte den wartenden Journalisten vor Beginn der Sondersitzung des | |
Finanzausschusses am Montag offenkundig entgehen. | |
Dabei hatten wohl weder Union noch Opposition mit einem persönlichen | |
Auftritt des Ministers gerechnet. Als Scholz schon da war, drohte die | |
CDU-Abgeordnete Antje Tillmann noch mit einer Zwangsvorführung des | |
Kanzlerkandidaten, indem Sitzungsinhalte als „geheim“ deklariert werden | |
könnten. Das hätte eine alternativ geplante virtuelle Anhörung des | |
Kanzlerkandidaten unmöglich gemacht. | |
Doch Scholz hatte stattdessen eine Reihe von Wahlkampfterminen abgesagt und | |
sich den Fragen des Ausschusses gestellt. Vordergründig ging es um Vorwürfe | |
in Zusammenhang mit der ihm unterstellten Anti-Geldwäsche-Einheit Financial | |
Intelligence Unit (FIU). | |
Die zum Zoll gehörende Behörde soll Hinweise auf Terrorfinanzierung nicht | |
rechtzeitig an die Strafverfolgungsbehörden weitergegeben haben. Kürzlich | |
durchsuchte die Staatsanwaltschaft deshalb sogar das Finanzministerium. Die | |
FIU hat schon im Fall des Pleitekonzerns Wirecard versagt. Von 34 | |
Verdachtsmeldungen in Zusammenhang mit Wirecard blieben nach Angaben des | |
CSU-Abgeordneten Hans Michelbach 32 unbearbeitet. „Die Geldwäschebekämpfung | |
ist ein Skandal“, wirft er Scholz vor. | |
Der Minister hingegen blieb seiner Linie treu und wies die Vorwürfe zurück. | |
Er habe die Zahl der FIU-Beschäftigten deutlich von 100 auf bald 700 | |
erhöht. Die Verfolgung von Geldwäsche sei die beste der vergangenen 30 | |
Jahre. Die Zahl der Verdachtsmeldungen werde weiter zunehmen. | |
Schützenhilfe bekam Scholz vom SPD-Abgeordneten Jens Zimmermann. Der schob | |
Scholz’ Vorgänger Wolfgang Schäuble die Schuld in die Schuhe, der die FIU | |
einst beim Zoll eingerichtet hatte und ihr dabei keine größeren Ressourcen | |
zugebilligt hat. „Er hat einen Scherbenhaufen hinterlassen“, sagt | |
Zimmermann. | |
Mehr als Wahlkampfgetöse kam bei der Sondersitzung nicht heraus. Inhaltlich | |
geht es um sehr komplizierte Zusammenhänge. Deutschland gilt als | |
Geldwäscheparadies. Die FIU sollte den Kampf dagegen aufnehmen. Doch bei | |
rund 150.000 Verdachtsmeldungen im Jahr kommt die Einheit mit der Sichtung | |
der einzelnen Fälle nicht hinterher. Auch hapert es am Austausch mit den | |
Staatsanwaltschaften. Ermittler wollten die Unterlagen zu einem | |
Verdachtsfall einsehen und starteten deshalb die Durchsuchung des | |
Finanzministeriums, ein bisher einmaliger Vorgang. | |
Pikant am Vorgehen der Staatsanwaltschaft ist, dass der Chef der | |
zuständigen Staatsanwaltschaft ebenso wie die zuständige Justizministerin | |
in Niedersachsen der CDU angehören. Die SPD-Abgeordnete Cansel Kiziltepe | |
mutmaßt, dass die Union [2][die Staatsanwaltschaft für ihren Wahlkampf | |
missbrauche.] Die Partei bestreitet diesen Vorwurf. | |
Scholz ließ die Anwürfe zwar wie so oft an sich abprallen. Doch wie wichtig | |
ihm der Kampf gegen Geldwäsche im Arbeitsalltag ist, zeigt ein kleines | |
Detail der Sitzung. Geladen war auch der Chef der FIU, Christof Schulte. | |
Ihn traf der Minister an diesem Montag das erste Mal persönlich. | |
20 Sep 2021 | |
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## AUTOREN | |
Wolfgang Mulke | |
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