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# taz.de -- Kuratorin über rechte Allianzen: „Wo der Backlash gepusht wird“
> Das Forum „Your body is a battleground“ in Frankfurt beleuchtet
> ultrakonservative Bündnisse. Kuratorin Asia Leofreddi über deren Gefahr.
Bild: Kleiderbügel gegen den Backlash: Protest gegen das rigide Abtreibungsver…
taz: Frau Leofreddi, Ihr Forum hat den Titel „Your body is a battleground“.
Um welchen Kampf geht es?
Asia Leofreddi: Zunächst um den der Frauen und sexuellen Minderheiten.
Konkret bezieht sich der Titel auf eine berühmte Arbeit der
US-amerikanischen Konzeptkünstlerin, Feministin und Aktivistin Barbara
Kruger. Sie hat den Slogan anlässlich des Frauenmarschs in Washington 1989
auf das Porträt einer Frau montiert, es geht um reproduktive Rechte. Wir
wollen damit zeigen, wie zeitlos der Kampf um den weiblichen Körper leider
ist. Und, dass es bei unserem Forum um Kunst, Politik und Protest geht.
Wogegen protestieren Sie?
Der Untertitel des Forums lautet „Ultrakonservative Strategien zur
Wiederherstellung einer ‚natürlichen Ordnung‘ “. Das bezieht sich auf das
Manifest von [1][Agenda Europe], einem christlich-fundamentalistischen
Netzwerk, das eine imaginäre natürliche Ordnung wiederherstellen und Rechte
von Frauen und LGBTIQ demontieren will. Die Bewegung, zu der auch das
Netzwerk gehört, attackiert, was in den vergangenen Jahrzehnten erkämpft
wurde. Wir haben nun Wissenschaftler:innen, Journalist:innen und
Aktivist:innen eingeladen, um die Strategien, mit denen der Backlash
gepusht wird, aus verschiedenen Perspektiven zu beleuchten.
Die feministische Bewegung ist derzeit stark wie nie. Wo sehen Sie den
Backlash?
[2][In Polen wurden Schwangerschaftsabbrüche] gerade fast vollständig
verboten. [3][Die Türkei ist aus der Istanbulkonvention gegen Gewalt] gegen
Frauen ausgetreten, in europäischen Ländern wie Bulgarien, Ungarn oder
Kroatien wird die Konvention attackiert. Zudem haben die Verteidigung der
sogenannten natürlichen Familie oder Attacken auf sogenannte
Genderideologie für viele populistische und rechte Parteien einen zentralen
Stellenwert eingenommen. Und schließlich organisieren sich
Anti-Choice-Aktivist:innen in Bürgerinitiativen und bilden
transnationale Allianzen. Die größte Gefahr sind deren zunehmend enge
Kontakte zu rechten Parteien. Die führen dazu, dass sie nicht nur Debatten
beeinflussen, sondern, wenn diese Parteien an die Macht kommen, auch die
Politik. Es ist eine große Gefahr, dass progressive Bewegungen zu spät
kommen, um gegen all das aufzustehen.
Wie meinen Sie das?
Momentan sehen wir, was passieren kann, wenn wir nicht aufmerksam sind. Wir
sind uns in den europäischen Gesellschaften zu sicher, dass wir auf einem
progressiven Weg unterwegs sind. Doch Menschenrechte sind nicht einfach
gegeben, und sie gelten nicht automatisch für immer. Sie sind Subjekt
politischer Auseinandersetzung. Und nun versuchen Ultrakonservative, ein
neues Framing durchzusetzen. Wir müssen verstehen, was gerade passiert. Nur
so können wir unsere Demokratie und Menschenrechte verteidigen.
Würde sich für diese Themen nicht eher ein politisches Tagungszentrum
anbieten als der Frankfurter Kunstverein?
Unsere Speaker:innen kommen an einem interdisziplinären Ort für
zeitgenössische Kunst und Kultur zusammen, und die Direktorin Franziska
Nori und ihr Team organisieren das Forum gemeinsam mit dem
Forschungsverbund „Normative Orders“ der Goethe-Universität. Zudem
unterstützt uns die Stadt Frankfurt. Ich wollte unbedingt ein öffentliches
Event, das die Zivilgesellschaft als Ganzes erreichen kann. Der Frankfurter
Kunstverein bietet einen offenen sozialen Raum, der immer wieder über ein
erwartbares Publikum hinausgeht.
Aber warum die Kunst?
Unser Gedanke war: Diese Bewegungen arbeiten in gewisser Weise still und
heimlich; man kann ihre Zeichen lesen, wenn man sie kennt – aber nur dann.
Wir wollen der Öffentlichkeit verständlich machen, wie sie diese Zeichen
lesen kann. Ein Ort, der sich mit Kunst beschäftigt, folgt derselben Logik:
Er macht etwas sichtbar, was nicht auf den ersten Blick zu erkennen ist.
Wer wird kommen?
Wir haben zwanzig Speaker:innen eingeladen – wir eröffnen das Forum mit
einem Gespräch mit [4][Neil Datta]. Datta ist Direktor des Europäischen
Parlamentarischen Forums für sexuelle und reproduktive Rechte und hat mit
öffentlich gemacht, wie Agenda Europe arbeitet. Unser Untertitel hat mit
seiner Arbeit zu tun. Die [5][US-amerikanische Philosophin Nancy Fraser]
wird dabei sein. Sie beschreibt Antifeminismus als eine Reaktion auf etwas,
was sie „progressiv-neoliberale“ Hegemonie nennt.
Was erwarten Sie vom Forum?
Ich hoffe, dass es ein kollektiver Moment wird, bei dem sich die
Speaker:innen der verschiedenen Disziplinen austauschen, die
Zivilgesellschaft zusammenkommt, um Gegenstrategien zu besprechen.
Natürlich, geht es um Rechte von Frauen und LGTBIQ. Aber die Attacken
richten sich gegen uns alle.
16 Sep 2021
## LINKS
[1] /Mahnwachen-von-LebensschuetzerInnen/!5534842
[2] /Online-Petitionen-gegen-Abtreibung/!5786746
[3] /Gewalt-gegen-Frauen-in-Deutschland/!5756838
[4] /Online-Petitionen-gegen-Abtreibung/!5786746
[5] /Nancy-Fraser-ueber-Populismus/!5402332
## AUTOREN
Patricia Hecht
## TAGS
Interview
Feminismus
Menschenrechte
Abtreibungsgegner
Antifeminismus
Familie
Lesestück Recherche und Reportage
Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
zeitgenössische Kunst
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