# taz.de -- Waffenaffäre um Ex-Minister Caffier: Privatwaffe reloaded | |
> Geschenk statt Kauf? In der Waffenaffäre wird nun gegen | |
> Mecklenburg-Vorpommerns Ex-Innenminister Caffier ermittelt. Der Verdacht: | |
> Vorteilsannahme. | |
Bild: Ließ er sich von einem rechten Waffenhändler eine Pistole schenken? Der… | |
BERLIN taz | Monatelang ermittelte die Staatsanwaltschaft in | |
Mecklenburg-Vorpommern nur gegen den Mann, der den damaligen | |
Landesinnenminister Lorenz Caffier (CDU) bestochen haben soll: | |
Waffenhändler und Schießplatzbetreiber Frank T. aus Güstrow, der Mitglied | |
der rechtsextremen Preppergruppe Nordkreuz war. Aber naheliegend ist: Wenn | |
einer besticht, wurde womöglich einer bestochen. Ging beim angeblichen | |
Verkauf einer Pistole an Caffier nicht alles mit rechten Dingen zu? Im Zuge | |
der Waffenaffäre war der dienstälteste Innenminister Deutschlands im | |
November 2020 zurückgetreten. | |
Die Ermittler*innen befragten Zeug*innen und werteten Daten aus, | |
darunter elektronische Kommunikation und Geschäftsunterlagen. Einen | |
Kaufbeleg konnten sie dabei jedenfalls nicht finden. Aber andere Dinge, die | |
nun den Verdacht erhärteten: Caffier hat die Pistole mutmaßlich gar nicht | |
bezahlt, sondern geschenkt bekommen. „Es gibt den Anfangsverdacht, dass es | |
keinen Kauf gab“, sagt Harald Nowack, Sprecher der Staatsanwaltschaft | |
Rostock, der taz. Es werde nun wegen Vorteilsannahme gegen Caffier | |
ermittelt. Darüber hatte zuerst der Fernsehmoderator Jan Böhmermann | |
getwittert und dann der Nordkurier berichtet. | |
Da Caffier Landtagsabgeordneter ist, musste zunächst seine Immunität | |
aufgehoben werden. Vergangene Woche wurde darüber die Landtagspräsidentin | |
in Schwerin informiert und es gab keinen Einspruch. Am Montag wurden die | |
Ermittlungen dann formal eingeleitet. Caffier hat sich laut dem Sprecher | |
der Staatsanwalt bislang nicht zur Sache eingelassen. | |
## Die Öffentlichkeit angelogen? | |
Die Erlangung der Pistole durch Caffier war durch taz-Recherchen bekannt | |
geworden. Im November 2020 fragte die taz Caffier auf einer | |
Pressekonferenz, [1][ob er bei Frank T. eine Waffe gekauft habe]. Dieser | |
erklärte die Angelegenheit zunächst zu seiner Privatsache. Auf öffentlichen | |
Druck hin hat er dann einen Pistolenkauf bei Frank T. zugegeben und ist von | |
seinem Amt als Innenminister zurückgetreten. | |
Sollte sich der Verdacht bestätigen, dass Caffier für die Pistole der Marke | |
Glock nichts bezahlt hat, hat er damals die Öffentlichkeit angelogen. Auf | |
die Frage, ob er bei Frank T. eine Waffe gekauft habe, antwortete Caffier | |
in einem Spiegel-Interview: „Ja, habe ich. Eine Kurzwaffe. Anfang 2018, auf | |
Basis der gesetzlichen Grundlagen (…)“. In seiner Rücktrittserklärung | |
sprach er dann vom „Erwerb“ der Waffe. Detaillierte Nachfragen der taz zu | |
den Umständen des angeblichen Kaufs hatte das Innenministerium damals nur | |
ausweichend beantwortet. | |
Der Waffenhändler und Schießplatzbetreiber Frank T. war nach | |
taz-Informationen zeitweise Mitglied der rechtsextremen Preppergruppe | |
Nordkreuz, von der zwei Mitglieder unter Terrorverdacht stehen. Über den | |
Schießplatz gelangte der Nordkreuz-Admin und verurteilte Ex-SEK-Polizist | |
Marko G. [2][an einen Großteil seiner gehorteten Munition aus | |
Polizeibeständen]. Gegen Frank T. wird nicht nur in dem Bestechungsfall | |
ermittelt, sondern unter anderem auch wegen eines mutmaßlichen Verstoßes | |
gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz. Bei ihm in Güstrow trainierten | |
Spezialkräfte der Polizei aus ganz Deutschland, [3][auch für das Kommando | |
Spezialkräfte (KSK) der Bundeswehr organisierte Frank T. mit seiner Firma | |
Baltic Shooters bis 2019 Schießübungen]. | |
Es laufen in diesem Zusammenhang in mehreren Bundesländern Ermittlungen. In | |
Sachsen etwa stehen Polizisten im Verdacht, [4][mehr als 7.000 Patronen | |
entwendet zu haben], um damit ein nicht genehmigtes Schießtraining in | |
Güstrow zu bezahlen. Frank T. war am Mittwoch für die taz nicht zu | |
erreichen. | |
25 Aug 2021 | |
## LINKS | |
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## AUTOREN | |
Sebastian Erb | |
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wäre aber ein Fehler, die Affäre allein als persönliches Versagen zu lesen. |