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# taz.de -- Western auf den Filmfestpielen in Venedig: Was auf die Kuhhaut geht
> Lidokino 3: Jane Campion kehrt zurück mit einem hinterhältigen Western.
> In den Hauptrollen: Benedict Cumberbatch, Kirsten Dunst und Leder.
Bild: Phil (Benedict Cumberbatch) hat ein Auge nicht nur für die Berge
[1][Dieses Jahr ist wieder deutlich mehr Betrieb] auf dem Lido. Mehr
Akkreditierte laufen auf dem Gelände herum, was sich vor allem bei den
Vorabbuchungen der Tickets bemerkbar macht, die dieses Jahr zur Lotterie
werden, so schnell verschwinden die verfügbaren Sitze, wenn sie online
freigeschaltet werden.
[2][Auch die Stars sind wieder zahlreicher vertreten]. Die neuseeländische
Regisseurin Jane Campion war auf dem roten Teppich an der Seite des
italienischen [3][Schauspielers Roberto Benigni zu sehen, kurz bevor er bei
der Eröffnungsgala den Goldenen Löwen] für sein Lebenswerk entgegennahm.
[4][Jane Campion] ist für die Premiere ihres lakonischen Westerns „The
Power of the Dog“ gekommen, in dem Benedict Cumberbatch und Kirsten Dunst
im kargen Montana die Qualitäten des Landlebens weniger genießen als
erdulden. Campion erzählt die Geschichte zweier Brüder, die zu Beginn des
20. Jahrhunderts als Farmer einigen Erfolg haben, dafür aber wenig zu
lachen.
Phil (Benedict Cumberbatch) ist ein knurriger, betont hartgekochter Cowboy,
der es ablehnt, ein Bad in der warmen Wanne zu nehmen. Seinen Bruder George
(Jesse Plemons) nennt er „fatso“, hält ihn für inkompetent und lässt ste…
erkennen, wer von beiden im Haus das Sagen hat. Die effizient tyrannische
Ordnung gerät ins Wanken, als George sich mit der verwitweten Wirtin Rose
(Kirsten Dunst) anfreundet, sich verliebt und sie schließlich als seine
Ehefrau mit auf den Hof bringt.
## Toxische Feindlichkeit
Weit sind die Panoramen der Gebirgslandschaft rings um die Rinderweiden der
Brüder, menschenabweisend dunkel ist das stattliche Haus, in dem sich
fortan Phil, George und Rose gemeinsam zurechtfinden müssen.
Die Feindlichkeit, die Phil gegen Rose zeigt, ist dabei in einem fast
tödlichen Grade toxisch. So sehr, dass Rose nach und nach zur
Selbstvergiftung als Ausweg greift und Alkoholikerin wird. Spätestens als
ihr Sohn Peter hinzukommt, wird jedoch deutlich, dass der raue Männerpanzer
Phils eine Seite verbirgt, die er seinem Umfeld nicht eingestehen kann.
Gesprochen wird wenig, geblickt und sichtlich gelitten dafür umso mehr.
Campion wählt ein betont langsames Tempo, das einerseits die Eintönigkeit
des Lebens auf dem wenig besiedelten Land deutlich spürbar macht,
andererseits das Unbehagen der Protagonisten miteinander auf fast
unerträgliche Weise auskostet und weniger eskalieren als zum
tinnitusartigen Dauerschmerz anschwellen lässt.
Die Filmmusik von [5][Radiohead-Gitarrist Jonny Greenwood] findet eine
Vielzahl an Registern für die stets lauernde Gefahr dieser ungesunden
Konstellation.
Am Ende kommt es zur Katastrophe, – wenngleich auf ebenso stille Weise wie
der Rest des Films und mit einem Moment der Überraschung. Kuhhäute spielen
eine Rolle, Kuhhäute, die Phil benutzt, um daraus Lederleinen zu flechten.
Wie überhaupt Campion die Utensilien von Cowboys mit scharfem Blick auf
ihren Fetischcharakter hin prüft. Glatte Ledersättel wollen eben
gestreichelt werden.
2 Sep 2021
## LINKS
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[4] /Zweite-Staffel-Top-of-the-Lake-auf-Arte/!5464924
[5] /Neues-Radiohead-Album/!5301428
## AUTOREN
Tim Caspar Boehme
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