| # taz.de -- Sozialer Aufstieg in Deutschland: Wie ein klebriger Kaugummi | |
| > Die Idee, sozialer Aufstieg sei jeder und jedem selbst überlassen, ist | |
| > ein Mythos. Privilegiert ist, wer die rechte soziale Herkunft vorweist. | |
| Bild: Manche Latten sind einfach zu hoch | |
| Meine Eltern sind Arbeiter:innen, väterlicherseits mit | |
| Migrationshintergrund. Zwei Menschen ohne Ausbildung oder höheren | |
| Bildungsabschluss, die insgesamt fünf Kinder in diese Welt gesetzt haben – | |
| darunter mich. Nach 23 Jahren Ehe dann die Scheidung, alleinerziehende | |
| Mutter, wenig Einkommen, zerstreute Geschwister und irgendwo dazwischen | |
| ganze Lebensgeschichten. | |
| Leistungserfolge waren für meine Familie und mein Umfeld immer wichtig. Wir | |
| haben oft davon gesprochen. Schwierig. Weil meine Eltern nicht wohlhabend | |
| sind, weil ich niemals erben werde, weil [1][Noten, Abschlüsse, | |
| Aufstiegschancen], Lebenserwartung, gut bezahlte Jobs, Netzwerke und viel | |
| mehr stark davon abhängig sind, in welches Setting wir hineingeboren | |
| werden! | |
| Um erfolgreich zu sein, müssen Menschen oft ihrem Habitus entfliehen, also | |
| das eigene Ich verändern, um zum Wir zu passen. Dabei sind Zugänge zu | |
| gewissen Räumen stark mit Privilegien wie Sprache, Aussehen, Geschlecht, | |
| Hautfarbe, ökonomischem, kulturellem und sozialem Kapital verbunden. Und | |
| trotzdem hält sich der Mythos vom sozialen Aufstieg in unserer Gesellschaft | |
| wie ein klebriger Kaugummi unterm Schuh! Ganz nach dem Motto: Du bist | |
| deines eigenen Schicksals Schmied:in! | |
| Es wird Zeit, die problematischen Ideen, die mit diesem Konzept | |
| einhergehen, abzukratzen und als die Widersprüche und Eingeständnisse zu | |
| entlarven, die sie sind. Klassismus hat konkrete Auswirkungen auf die | |
| [2][Lebenserwartung], begrenzt Zugang zu [3][Wohnraum], | |
| Bildungsabschlüssen, Gesundheitsversorgung, Macht, Teilhabe, Anerkennung | |
| und Geld. | |
| Deshalb müssen wir uns fragen, was es braucht, um den Zugang zu Bildung, | |
| einer guten Gesundheitsversorgung und menschenwürdigen Arbeits- und | |
| Lebensbedingungen für ALLE zu sichern! Es braucht ein [4][klassenbewusstes | |
| Gerechtigkeitsdenken], die Umverteilung von Macht, Geld und Teilhabe, das | |
| Organisieren von autonomen Zusammenschlüssen in bestimmten Bereichen und | |
| die Solidarität aller! Auch du kannst zuhören, intervenieren und empowern! | |
| 27 Jul 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Anna Scharmin Shakoor | |
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